Rz. 22

Verzichtet ein Abkömmling bereits vor Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf seinen Anteil am Gesamtgut, entspricht dies nach § 1517 Abs. 2 BGB einem Erbverzicht[1], was aufseiten der von dem Verzicht begünstigten Personen keine steuerpflichtige Zuwendung darstellt.[2] Erfolgt der Verzicht hingegen gegen Entgelt, gilt in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG als steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden, was als Abfindung für den Verzicht gewährt wird.[3] Verzichtet ein Abkömmling nach Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf seinen Anteil, ist hinsichtlich der steuerlichen Folgen aufseiten des Verzichtenden und der von dem Verzicht begünstigten Personen ebenfalls danach zu differenzieren, ob der Verzicht unentgeltlich oder gegen Zahlung einer Abfindung erfolgt. Bei einem unentgeltlichen Verzicht erhalten der oder die Beteiligten, denen der Anteil des verzichtenden Abkömmlings anwächst, eine (anteilige) steuerpflichtige freigebige Zuwendung unter Lebenden i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Besteuerung richtet sich nach dem jeweiligen persönlichen Verhältnis der Person des Erwerbers zur Person des Verzichtenden, wobei der Wert des Erwerbs zum Zeitpunkt des Verzichts maßgebend ist.[4] Wird hingegen für den Verzicht eine Abfindung gezahlt, die dem Wert des Anteils am Gesamtgut entspricht, führt dies mangels Bereicherung sowohl aufseiten des Erwerbers als auch aufseiten des Verzichtenden zu keinerlei steuerlichen Folgen.[5] Angesichts seines eindeutigen Wortlauts kann aufseiten des Verzichtenden insbesondere § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG nicht entsprechend angewendet werden.[6]

[1] Rz. 4.
[2] Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 4 Rz. 16.
[4] RFH v. 21.10.1932, V e A 1031/31, RStBl 1932, 1029.
[5] Löcherbach, in V/S/W, ErbStG, 2023, § 4 Rz. 11.

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