Rz. 9

Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter haben für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen (§ 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG). Die Vorschrift ändert zwar nichts daran, dass Schuldner der Erbschaftsteuer allein der Erwerber ist (§ 20 Abs. 1 ErbStG). § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG knüpft jedoch an die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Nachlassverwalters bzw. Testamentsvollstreckers[1] an und verstärkt die diesen Personen obliegende zivilrechtliche Pflicht zur Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten.[2] Zu diesen Nachlassverbindlichkeiten gehört nach zivilrechtlicher Anschauung auch die von den Erben geschuldete Erbschaftsteuer.[3] Die Haftung des Testamentsvollstreckers kann aber nur bestehen, soweit auch Testamentsvollstreckung angeordnet ist.[4] Bei einem Vermächtnis ist dies zumeist nicht der Fall[5], sodass dem Testamentsvollstrecker gegenüber einem Vermächtnisnehmer auch kein Anspruch auf Freistellung des Nachlasses von der Erbschaftsteuer zustehen soll.[6]

 

Rz. 10

Bei überzahlter Erbschaftsteuer ist grundsätzlich der Erwerber selbst erstattungsberechtigt. Das gilt auch, wenn die Erbschaftsteuer aus dem der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass gezahlt worden ist. Verfügungsberechtigt und daher empfangszuständig ist jedoch der Testamentsvollstrecker.[7] Eine auf Anweisung des Testamentsvollstreckers erfolgte Zahlung an einen Dritten führt zum Erlöschen des Erstattungsanspruchs.[8]

 

Rz. 11

Der Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter haftet gem. §§ 3469 AO soweit er vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm aus § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt.[9] Diese Personen gehören zu den Vermögensverwaltern i. S. d. § 34 Abs. 3 AO, wobei diese Vorschrift bezüglich der dem Testamentsvollstrecker bzw. Nachlassverwalter auferlegten Pflichten durch § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG konkretisiert wird. Ist Testamentsvollstrecker ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder sonstiger Berufsträger i. S. d. § 191 Abs. 2 AO muss die Finanzbehörde vor Erlass des Haftungsbescheids die zuständige Berufskammer anhören[10]; der ohne Anhörung ergehende Haftungsbescheid ist jedoch nicht nichtig.[11]

 

Rz. 12

Zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers bzw. Nachlassverwalters gehört es, nicht bereits vor der Festsetzung der Erbschaftsteuer den gesamten Nachlass an die Erben auszukehren. Es ist der zur Bestreitung der Erbschaftsteuer erforderliche Teil des Nachlasses bis zur Begleichung der Erbschaftsteuer bzw. zur Sicherstellung der Begleichung zurückzubehalten.[12]

 

Rz. 12a

Dem Umfang nach erstreckt sich die Haftung des Testamentsvollstreckers bzw. Nachlassverwalters auf die etwaige Nachsteuer, die sich aus den einzelnen Nachversteuertatbeständen (§ 13 Abs. 1 Nrn. 2 und 4a–4c, § 13a13c ErbStG) ergeben können. Diese Nachsteuer beruht auf einer Korrektur der bereits ursprünglich festgesetzten Erbschaft- und Schenkungsteuer und unterfällt daher auch der Regelung des § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG.[13] Muss daher nach den objektiven Umständen mit der Entstehung von Nachsteuer gerechnet werden, erstreckt sich das Zurückbehaltungsrecht des Testamentsvollstreckers bzw. Nachlassverwalters auch auf den insoweit zu erwartenden Steuerbetrag.[14]

Eine Haftung des Testamentsvollstreckers oder Nachlassverwalters für eine Nachsteuer gem. §§ 34, 69 AO kommt jedoch nur in Betracht, wenn dieser den Nachlass voreilig (trotz noch nicht abschließend geklärter Behaltensvoraussetzungen) verteilt.[15]

Soweit dem Testamentsvollstrecker nicht bereits im Zeitpunkt der Nachlassverteilung Umstände bekannt sind, die eine Nachversteuerung innerhalb der Behaltensfrist wahrscheinlich machen, besteht keine Grundlage, ihm eine haftungsbegründende Pflichtverletzung anzulasten.[16]

 

Rz. 13

Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter haben auf Verlangen des FA aus dem Nachlass Sicherheit zu leisten.[17] Für die Art und das Verfahren der Sicherheitsleistung gelten §§ 241 f. AO.

 

Rz. 14–19

einstweilen frei

[3] Weidlich, in Grüneberg (vormals Palandt), 81. Aufl. 2022, BGB, § 1967 Rz. 7; BFH v. 18.6.1986, II R 38/84, BStBl II 1986, 704.
[4] Steiner, ErbStB 2011, 201, 204.
[5] Vgl. oben Rz. 2.
[6] OLG Karlsruhe v. 27.8.2015, 9 W 39/15, ZEV 2015, 600; zur Problematik näher Weidmann, ZEV 2014, 404.
[7] Näher Tolksdorf/Simon, ErbStB 2008, 360, 361; Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 32 Rz. 27.
[9] Zu Einzelfragen vgl. Tolksdorf/Simon, ErbStB 2008, 360, 363; Steiner, ErbStB 2011, 201; Blum/Schauer, ZEV 2012, 92.
[12] Zu weiteren Einzelfragen Tolksdorf/Simon, ErbStB 2008, 360, 363; Jülicher, in T/G/J, ErbStG, § 32 Rz. 33 ff.
[13] Blum/Schauer, ZEV 2012, 93 ff.; a. A. Purrucker Zerb 2011, 265 ff.
[14] Zutr. Blum/Schauer, ZEV 2012, 93, 95.
[15] So BayLSt v. 4.2.2016, DStR 2016, 1032; abl. dazu Worgulla/Eismann, DStR 2016, 2084.
[16] Moench/Weinmann, ErbStG, § 32 Rz. 22; Gr...

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