Rz. 16

Nach § 30 Abs. 1 ErbStG ist jeder der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegende Erwerb (§ 1 ErbStG) durch den Erwerber anzuzeigen. "Erwerber" ist daher sowohl derjenige von Todes wegen (Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigter) als auch derjenige aufgrund freigebiger Zuwendung unter Lebenden. Erwerber i. S. d. § 30 Abs. 1 ErbStG ist damit jeder, der nach § 20 ErbStG als Steuerschuldner in Betracht kommt. Die Anzeigepflicht gilt für inländische und ausländische Erwerber gleichermaßen. Anzeigepflichtig sind ggf. auch die in §§ 34, 35 AO aufgeführten Personen (z. B. gesetzliche Vertreter; Verfügungsberechtigte); für Betreute sind die Betreuer anzeigepflichtig.[1]

 

Rz. 17

Bei einer Zweckzuwendung (§ 8 ErbStG) ist der Beschwerte anzeigepflichtig. Als steuerliche Pflicht i. S. d. §§ 34, 35 AO trifft die Anzeigepflicht ggf. auch gesetzliche Vertreter und Verfügungsberechtigte sowie Bevollmächtigte[2], sofern diese Verfügungsberechtigte i. S. d. § 35 AO sind. Rechtsnachfolger (z. B. Erben) haben eine Anzeigepflicht für solche anzeigepflichtigen Vorgänge, die der Rechtsvorgänger (z. B. Erblasser) pflichtwidrig nicht angezeigt hat.[3] Vermögensverwalter unterliegen der Anzeigepflicht gem. § 33 ErbStG.

Testamentsvollstrecker haben zwar eine Steuererklärung abzugeben (vgl. § 31 ErbStG), sie sind jedoch nicht anzeigepflichtig.[4]

 

Rz. 18

Gegenstand der Anzeigepflicht ist der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb i. S. d. § 1 ErbStG; ein Nichterwerb (z. B. der Nichteintritt eines Ersatzerbfalls) bedarf keiner Anzeige.[5] Für das Bestehen einer Anzeigepflicht ist es unerheblich, ob der jeweilige Erwerb steuerpflichtig (§ 10 ErbStG) ist oder unterhalb eines Freibetrags bleibt. Dabei sind jedoch die Einschränkungen bei einwandfrei und klar feststehendem Nichtvorliegen einer Steuerpflicht zu beachten (§ 30 ErbStG Rz. 22). In diesen Grenzen kann eine Steuerpflicht nur eintreten, wenn das FA durch interne Mitteilungen eine Überschreitung der Grenzen der § 14 ErbStG bekannt wird.[6]

 

Rz. 19

Hat der Erwerber bzw. Beschwerte Zweifel an der Steuerpflicht, so schließt dies die Anzeigepflicht nicht aus. Allein dem FA steht die abschließende Entscheidung über die etwaige Steuerpflicht des Erwerbs zu.[7] Erwerber haben in jedem Fall, soweit nicht eine Anzeigepflicht nach § 33 ErbStG besteht, den Erwerb von Grundbesitz, Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuzeigen (§ 30 Abs. 3 S. 1 2. Halbs. ErbStG).

 

Rz. 20

Sind mehrere der vorgenannten Personen (z. B. mehrere Erwerber) anzeigepflichtig, hat jede einzelne Person den Erwerb anzuzeigen. Die dem FA aufgrund der Anzeige eines Erwerbers bekannt gewordenen Tatsachen bedürfen keiner Anzeige durch die übrigen Anzeigepflichtigen.[8]

 

Rz. 21

Die Anzeigepflicht entfällt – abgesehen von den Fällen des § 30 Abs. 3 ErbStG –, wenn das FA aus anderen Quellen über einen der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb unterrichtet ist.[9] Die gegenteilige Auffassung, wonach durch Anzeigen Dritter (z. B. nach §§ 33, 34 ErbStG) eine Anzeigepflicht nach § 30 Abs. 1 ErbStG nicht ersetzt werden kann[10], ist damit gegenstandslos. Die Angaben des Dritten kommen dem anzeigepflichtigen Erwerber allerdings nur dann zugute, wenn dem zuständigen FA der Erwerb anderweitig im erforderlichen Umfang – d. h. durch Mitteilung von Name und Anschrift des Schenkers, Erblassers bzw. (anzeigepflichtigen) Erwerbs sowie des Rechtsgrunds des Erwerbs – bekannt wird.[11]

 

Rz. 22

Ferner soll die Anzeigepflicht nach wohl einhelliger Meinung der Lit.[12] auch dann entfallen, wenn – so z. B. bei den üblichen und nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG steuerfreien Gelegenheitsgeschenken – das Nichtvorliegen einer Steuerpflicht einwandfrei und klar feststeht. Im Ergebnis ist dieser Korrektur des insoweit zu weit geratenen Wortlauts des § 30 ErbStG zuzustimmen. Zur Begründung kann freilich nicht auf die BFH-Rechtsprechung[13] verwiesen werden, die eine entsprechende Aussage nur bezüglich der – von der Anzeigepflicht klar zu trennenden – Steuererklärungspflicht getroffen hat.[14] Gegen eine Anzeigepflicht bei einer eindeutig und klar zu verneinenden Steuerpflicht spricht jedoch das Übermaßverbot, das eine Mitwirkungspflicht bei einem offensichtlich sinnlosen Besteuerungsverfahren nicht rechtfertigen kann.[15] Dabei muss aber eine Besteuerung bei objektiver Sicht eindeutig und klar ausgeschlossen sein.[16]

 

Rz. 23

Eine Berufung auf einen Irrtum über die Anzeigefreiheit kommt nicht in Betracht. Der Stpfl. hat in Zweifelsfällen Erkundigungen über die etwaige Steuerpflicht einzuholen.

 

Rz. 24

Adressat der Anzeige ist das für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständige FA (dazu § 35 ErbStG). Die Anzeige muss tatsächlich an die für die Erbschaft-/Schenkungsteuer organisatorisch zuständige Stelle übersandt werden; die Übersendung an eine andere Dienststelle des FA genügt den Anforderungen des § 30 Abs. 1 ErbStG nicht und führt insbesondere noch nicht den Anlauf der Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 2 AO her...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge