Rz. 169

In den meisten Fällen werden die Rechtsfolgen der einfachen Nachfolgeklausel unerwünscht sein, weil es zu einem großen Gesellschafterkreis kommen kann. Aus diesem Grund wird auf die qualifizierte Nachfolgeklausel zurückgegriffen. Bei einer qualifizierten Nachfolgeklausel soll der Personengesellschaftsanteil des Verstorbenen nur auf einen oder einzelne Erben unter Ausschluss der übrigen, weichenden Miterben übergehen. Zivilrechtlich wird der qualifizierte Nachfolger für die gesellschaftsrechtliche Position unmittelbar[1] Erbe des verstorbenen Gesellschafters und rückt in dessen Kapitalkonto ein. Die Sonderrechtsnachfolge (zu dogmatischen Einzelheiten Rz. 165) ist allein davon abhängig, dass der qualifizierte Nachfolger gleichzeitig auch Erbe wird (zur Umdeutung einer gescheiterten Nachfolgeklausel in eine Eintrittklausel Rz. 174 ff.). Der qualifizierte Nachfolger rückt auch dann unmittelbar in die personengesellschaftsrechtliche Beteiligung nach, wenn diese wertmäßig mehr ausmacht, als es seiner Erbquote entspricht. Vermögensrechtlich ist er den anderen (weichenden) Miterben zu einem erbrechtlichen Wertausgleich verpflichtet, wenn nicht ausnahmsweise bezüglich des Werts des Personengesellschaftsanteils ein Vorausvermächtnis zugunsten des qualifizierten Nachfolgers vorliegt oder ein Ausgleich ausgeschlossen ist.[2] Daraus folgt üblicherweise die Qualifikation der Nachfolgeklausel als einer sog. dinglich wirkenden Teilungsanordnung, wobei dieses Verständnis keinen Durchgangserwerb voraussetzt. Im Ergebnis besteht Einigkeit darüber, dass im Rahmen dieses erbrechtlichen Wertausgleichs der volle Verkehrswert der Beteiligung anzusetzen ist. Da dies zu erheblichen Liquiditätsengpässen führen kann, sollte der Erblasser ggf. in der letztwilligen Verfügung zum Ausdruck bringen, dass dem Nachfolger/Erben die vererbte personengesellschaftsrechtliche Beteiligung ohne Ausgleichsverpflichtung zukommen soll. Das ist abstrakt gesehen ein einfach zu erfüllendes Ziel, doch in der Praxis schwierig, weil sich die Wertverhältnisse des zukünftigen Nachlassvermögens nach Abfassung der Verfügung von Todes wegen jederzeit ändern können und damit auch die erbrechtliche Geschäftsgrundlage überholt sein kann. Helfen kann hier eine kontinuierliche Überprüfung der Verfügung von Todes wegen mit eventueller Änderung der erbrechtlichen Anordnungen. Wird eine Wertausgleichsverpflichtung vom Erblasser ausgeschlossen, ist die Nachfolgeklausel als dinglich wirkendes Vorausvermächtnis zu qualifizieren. Die Formulierung der FinVerw in R E 3.1 Abs. 3 S. 1 und S. 2 ErbStR 2019 ist ungenau, wenn es dort heißt: "Sonderfälle dinglich wirkender Teilungsanordnung sind die qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft und die Hoferbenbestimmung nach der Höfeordnung. Trotz der hier eintretenden Sondererbfolge können auch diese Teilungsanordnungen erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich sein, falls insoweit bei Auslegung der Willenserklärungen des Erblassers die Sondererbfolge zu keiner Verschiebung der Erbquote führt." Zutreffend ist vielmehr, dass qualifizierte Nachfolgeklauseln nicht generell "Sonderfälle" dinglich wirkender Teilungsanordnung sind, sondern entweder als dinglich wirkende Teilungsanordnungen (wenn nämlich mit Wertausgleichsverpflichtung des qualifizierten Nachfolgers) oder als dinglich wirkende Vorausvermächtnisse (wenn nämlich ohne Wertausgleichsverpflichtung des qualifizierten Nachfolgers) auszulegen sind. Wertverschiebende Teilungsanordnungen kennt das Zivilrecht nicht.[3] Im Ergebnis meint die FinVerw, dass qualifizierte Nachfolgeklauseln, die ohne Wertausgleichsverpflichtung auszulegen sind, erbschaftsteuerrechtlich beachtlich sind, auch wenn sie zivilrechtlich ein dinglich wirkendes Vorausvermächtnis sind und keine zivilrechtlich nicht anerkannte erbquotenverschiebende Teilungsanordnung. Unbeachtlich sind qualifizierte Nachfolgeklauseln, die als dinglich wirkende Teilungsanordnung auszulegen sind.

 
Hinweis

Für die Praxis ist zu empfehlen, ausdrücklich auf den Wertausgleich, der regelmäßig nicht gewünscht ist, zu verzichten und die Bezeichnung "Vorausvermächtnis" zu wählen.[4]

 

Rz. 170

Handelt es sich bei dem "qualifizierten Nachfolger" um den alleinigen Erben, wird ihm erbschaftsteuerrechtlich der gesamte Wert des Mitunternehmeranteils des Verstorbenen zugerechnet. Bei mehreren Miterben ordnet der II. Senat des BFH die qualifizierte Nachfolgeklausel bisher als eine abgekürzt vollzogene Teilungsanordnung[5] i. S. eines "Durchgangserwerbs" ein. Deshalb wendet der BFH seine erbschaftsteuerrechtlichen Regeln für Teilungsanordnungen an. Da Teilungsanordnungen nach der derzeitigen Rspr. des BFH erbschaftsteuerrechtlich bedeutungslos sind[6], gilt das Gleiche für die qualifizierte Nachfolgeklausel. Wie im Fall der einfachen Nachfolgeklausel ist zugunsten aller Miterben der Nachlasswert nach erbschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen in toto zu ermitteln. Jedem Miterben wird dann pro rata seiner Erbquote der G...

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