Rz. 128

Der Erblasser kann testamentarisch Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen, sog. Teilungsanordnungen.[1] In einer Teilungsanordnung wird z. B. festgelegt, welche bestimmten Nachlassgegenstände (insb. Grundstücke, Betriebsvermögen) einzelne Miterben bei der Auseinandersetzung erhalten sollen. Teilungsanordnungen setzen eine gesetzliche oder testamentarische Erbfolge voraus und lassen die Erbteilshöhe unberührt. Dies hat zur Folge, dass der Gegenstand bei der Auseinandersetzung wertmäßig auf den jeweiligen Erbteil anzurechnen ist. Soweit der Gegenstand über den Wert der Erbquote hinausgeht, kann dieser einem Miterben durch Teilungsanordnung nur zugewiesen werden, wenn der Bedachte zugleich eine Ausgleichspflicht zugunsten der anderen Miterben akzeptiert.[2] Es gibt also keine sog. wertverschiebenden Teilungsanordnungen.[3] Entspricht es dem Willen des Erblassers den Miterben durch die Zuwendung eines bestimmten Nachlassgegenstands besser zu stellen, liegt insoweit ein Vorausvermächtnis[4] vor. Teilungsanordnungen wirken ausschließlich schuldrechtlich, weswegen die Erbengemeinschaft verpflichtet ist, den Nachlassgegenstand bei Auseinandersetzung dem betreffenden Miterben zuzusprechen und auf ihn zu übereignen.

 
Praxis-Beispiel

Der Erblasser E hat testamentarisch verfügt, dass sein Sohn S und seine Tochter T zu je ½ als Erben eingesetzt sind. Des Weiteren hat er angeordnet, dass S den Betrieb (Verkehrswert: 1 Mio. EUR) und T private Immobilien (Verkehrswert: 800.000 EUR) beanspruchen können. Das übrige Vermögen hat einen Wert von 600.000 EUR. Da durch die Teilungsanordnung die beiden Miterben weder besser noch schlechter gestellt werden dürfen, erhält S neben dem Betrieb vom Restvermögen 200.000 EUR, T neben den Immobilien vom Restvermögen 400.000 EUR.

Läge es so, dass neben dem Betrieb und den Immobilien kein weiteres Vermögen vererbt wird, wäre der an S über die Teilungsanordnung zugewiesene Vermögenswert (Betrieb) höher als der seiner Erbquote entsprechende Wert. Deshalb müsste S den seine Erbquote übersteigenden Betrag von 100.000 EUR an T erstatten. Sieht sich S dazu nicht in der Lage, kann die Teilungsanordnung nicht vollzogen werden. Der Erblasser kann Miterben nicht verbindlich dazu verpflichten, den Wertausgleich aus ihrem Privatvermögen zu leisten.[5]

 

Rz. 129

Erbschaftsteuerrechtlich geht der BFH davon aus, dass Teilungsanordnungen des Erblassers für die Besteuerung des Erbanfalls des einzelnen Miterben unbeachtlich sind.[6] Der Erwerb durch Erbanfall richte sich allein nach dem durch die Erbfolge eingetretenen dinglichen Vermögenszuwachs. Die gegenteilige Position, die der BFH im Urteil vom 16.3.1977[7] vertreten hatte, wurde bereits mit Urteil vom 10.11.1982[8] wieder aufgegeben. Der – aus der Perspektive des erbschaftsteuerrechtlichen Bereicherungsprinzips überzeugende – dogmatische Einwand, die ErbSt sei nicht auf den Nachlass, sondern auf den Erwerb des einzelnen Erben bezogen[9], wird unter Hinweis auf die Maßgeblichkeit des Bürgerlichen Rechts verworfen.[10] Dabei wird übersehen, dass die zivilrechtliche Funktion der Erbengemeinschaft darin besteht, Drittinteressen zu schützen. Die Entstehung einer Erbengemeinschaft soll die Zersplitterung des Nachlasses vor der Befriedigung der Nachlassgläubiger[11] verhindern. Sie dient damit als Haftungsgrundlage für die Nachlassgläubiger.[12] In Konsequenz wirkt eine Teilungsanordnung auch nicht dinglich. Dieser spezifisch zivilrechtlichen Zwecksetzung sollte man erbschaftsteuerrechtlich keine entscheidende Bedeutung zubilligen, wenn sich die Erben tatsächlich entsprechend der Teilungsanordnung des Erblassers auseinandersetzen. In vergleichbarer Weise hat der IV. Senat des BFH[13] ertragsteuerrechtlich die Rückbeziehung einer tatsächlich vollzogenen Teilungsanordnung anerkannt.

 

Rz. 130

Der Meinungsstreit hatte vor allem Bedeutung vor dem Hintergrund eines vom Verkehrswert abweichenden Steuerwerts einzelner Vermögensgegenstände. Da das ErbStRG vom 24.12.2008[14] nach den Vorgaben des BVerfG[15] mit dem Anspruch angetreten ist, alle Wirtschaftsgüter des Nachlasses auf der 1. Bewertungsstufe mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) zu bewerten, ist die Problematik für die Praxis erheblich entschärft. Abzuwarten bleibt, ob bei einzelnen Nachlassgegenständen – etwa land- und forstwirtschaftlichem Vermögen (Rz. 265) oder Grundstücken[16] – von der Rspr. weiterhin zwischen Verkehrswert und Steuerwert unterschieden wird. Das dürfte vom BFH verneint werden.[17] Schließlich ist zu fragen, wie es sich mit den Steuervergünstigungen für Betriebsvermögen verhält. Wird einem Miterben begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1, 2 ErbStG im Wege der Teilungsanordnung zugewiesen, dann können diejenigen Miterben, die den Betrieb nicht fortführen, die Begünstigungen nach § 13a Abs. 5 S. 1 ErbStG nicht in Anspruch nehmen. Der Wortlaut ist allerdings nicht ganz eindeutig, weil es sich zwar darum handelt, dass die Miterben aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblasse...

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