Rz. 3

Die Steuerermäßigung aus § 27 ErbStG wird nur gewährt, wenn der frühere und der nachfolgende Erwerb bei Personen der Steuerklasse I anfällt. Zur Steuerklasse I gehören die Ehegatten, die Kinder und Stiefkinder, ferner deren Kinder und Stiefkinder sowie die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen.[1] Nur diese Angehörigen zählen zu dem Personenkreis, der bei einem Zweiterwerb (oder Mehrfacherwerb) durch § 27 ErbStG begünstigt ist. Eine Ermäßigung der Steuer nach dieser Vorschrift tritt deshalb z. B. in dem häufigen Fall ein, in dem Vermögen innerhalb des 10-Jahreszeitraums von Eltern auf die Kinder und von diesen wiederum auf die Enkelkinder übergeht.

 

Rz. 4

§ 27 Abs. 1 ErbStG setzt – lediglich – den Anfall von Vermögen bei Personen der Steuerklasse I voraus, das zuvor bereits von Personen dieser Steuerklasse I erworben worden war. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergeben sich eindeutige tatbestandliche Grenzen:

Das Angehörigkeitsverhältnis ist aus der Sicht des jeweiligen Erwerbsvorgangs zu bestimmen. Es muss also der jeweilige Erwerb der Steuerklasse I unterfallen. Hingegen verlangt § 27 Abs. 1 ErbStG nicht, dass auch im Verhältnis des Erwerbers des letzten Steuerfalls zum Erblasser bzw. Schenker des ersten Steuerfalls die Steuerklasse I anzuwenden gewesen wäre.

 
Praxis-Beispiel

Der Erblasser (E) wird von seinem Sohn (S) beerbt. S wird seinerseits von seiner Ehefrau (F) beerbt.

Der Erwerb der F ist nach § 27 ErbStG – sofern die sonstigen Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind – wegen der beiden jeweils der Steuerklasse I unterfallenden Erwerbe begünstigt, obwohl im Verhältnis zwischen F und E die Steuerklasse II gilt. Andererseits reicht es für die Anwendung des § 27 ErbStG nicht aus, wenn die Voraussetzungen der Steuerklasse I lediglich im Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Vermögensinhaber und dem Nacherwerbenden erfüllt sind.[2]

 
Praxis-Beispiel

Mutter (M) wird von ihrem Sohn S1 beerbt. Das von M ererbte Vermögen des S1 geht nach dessen Tod auf S2, den weiteren Sohn der M, über.

Der Erwerb des S2 von S1 unterfällt der Steuerklasse II. Dem Umstand, dass S2 nach seinem persönlichen Verhältnis zu M die Merkmale der Steuerklasse I erfüllt, kommt keine Bedeutung zu. Eine erweiternde Auslegung des § 27 Abs. 1 ErbStG kommt weder nach dessen Gesetzeszweck noch aus verfassungsrechtlichen Gründen in Betracht.[3]

 

Rz. 5

§ 27 Abs. 1 ErbStG ist auch anwendbar, wenn es innerhalb des 10-Jahreszeitraums zu mehr als 2 Vermögensübergängen kommt. Hier ist allerdings für die 10-Jahresfrist auf die Verhältnisse zwischen dem ersten und dem letzten Steuerfall abzustellen. Soweit ein Zwischenerwerber nicht der Steuerklasse I angehört, kann gleichwohl – sofern für den Erst- und den Letzterwerb die Steuerklasse I gilt – § 27 ErbStG anwendbar sein.

 
Praxis-Beispiel

E schenkt seinem Sohn S ein Grundstück. S stirbt kurz danach und wird von seinem Bruder B beerbt. Sodann geht im Wege der Erbfolge nach dem Tod des B das Grundstück auf den A, Sohn des S, über.

In diesem Beispielsfall steht der Steuervergünstigung aus § 27 ErbStG nicht entgegen, dass der Vermögensübergang von S an B der Steuerklasse II unterlag.

 

Rz. 6

Die nähere Bestimmung der am Erwerb beteiligten Personen ist nach erbschaftsteuerlichen Grundsätzen vorzunehmen. So hat im Fall der Nacherbschaft der Nacherbe die Möglichkeit, der Versteuerung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG). Soweit damit der Erwerb des Nacherben der Steuerklasse I unterfällt, sind auch die Anwendungsvoraussetzungen des § 27 Abs. 1 ErbStG gegeben.[4] Ebenso ist bei einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament[5] zu berücksichtigen, dass gem. § 15 Abs. 3 ErbStG die mit dem erstversterbenden Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als seine Erben anzusehen sind, soweit sein Vermögen beim Tod des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist. Der mit dem erstversterbenden Ehegatten näher verwandte Schlusserbe wird durch § 15 Abs. 3 ErbStG als Erbe des erstversterbenden Ehegatten behandelt; die Besteuerung ist wie im Falle der Nacherbschaft durchzuführen. Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 ErbStG vor, so kann der Schlusserbe – sofern ihm dies steuerlich günstig ist – bei der Anwendung des § 27 ErbStG als Erbe des erstverstorbenen Ehegatten angesehen werden.[6] Bei einer Abfindung für den Erbverzicht (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) liegt ein Erwerb des Verzichtenden vom künftigen Erblasser vor; dies gilt auch dann, wenn die Abfindung von einem Dritten erbracht wird.[7] Diese Beurteilung ist auch für § 27 ErbStG maßgebend.

 

Rz. 7

einstweilen frei

 

Rz. 8

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des für die Steuerklasse maßgeblichen Angehörigkeitsverhältnisses ist der des Erwerbs, für den die Ermäßigung in Anspruch genommen wird.[8] Diese Frage hatte Bedeutung für den Fall einer gesetzlichen Änderung der Steuerklassen. Derartige Probleme können jedoch im Zusammenhang mit der Steuerklassenänderung aufgrund § 15 ErbStG i. d. F. des JStG 1997 n...

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