Rz. 35a

Anrechenbar ist nach § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG nur eine ausländische Steuer, die der deutschen Erbschaftsteuer entspricht. Gegenstand dieser ausländischen Steuer muss das Auslandsvermögen[1] sein. Die Höhe des Auslandsvermögens ist vom Erwerber nachzuweisen (§ 21 Abs. 3 ErbStG).

 

Rz. 36

Die von § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG vorausgesetzte Heranziehung des Erwerbers "in einem ausländischen Staat" lässt erkennen, dass Steuergläubiger nicht zwingend der ausländische Staat in seiner Gesamtheit sein muss. Auch die von einzelnen Gebietskörperschaften des ausländischen Staats (z. B. Bundesstaaten der USA oder Schweizer Kantonen bzw. Gemeinden) erhobenen Steuern sind grundsätzlich anrechenbar.[2] Ebenso ist es für die Anrechenbarkeit unerheblich, ob die ausländische Steuer als landeseinheitliche Steuer für das gesamte ausländische Staatsgebiet oder lediglich für einen Teil dieses Gebiets erhoben wird.

 

Rz. 37

Die Anrechnung greift nach dem Wortlaut auch dann, wenn das in einem ausländischen Staat belegene Vermögen in einem anderen Staat der Steuerpflicht unterliegt. Die Vorschrift verlangt nämlich nicht, dass die im ausländischen Staat erhobene Steuer auf in diesem Staat belegenes Vermögen erhoben werden muss. Wenn ein ausländischer Staat auf reines Inlandsvermögen Steuern erhebt, greift die Anrechnungsvorschrift dagegen nicht.

 

Rz. 38

Anrechenbar ist nur eine ausländische Steuer, die der deutschen Erbschaftsteuer entspricht. Voraussetzung ist die Vergleichbarkeit mit der deutschen Erbschaftsteuer; auf die Bezeichnung der ausländischen Steuer kommt es nicht an. Die Entsprechensvoraussetzungen sind zunächst ohne Weiteres für solche ausländischen Staaten zu bejahen, die – wie z. B. Frankreich – ebenso wie die deutsche Erbschaftsteuer eine Erbanfallsteuer erheben. Die Ausgestaltung der ausländischen Steuer ist – soweit sie nur mit der deutschen Erbschaftsteuer vergleichbar ist – jedoch letztlich unerheblich. Deshalb sind nach der st. BFH-Rspr.[3] auch ausländische Nachlasssteuern (z. B. die in den USA erhobene federal estate tax) anrechenbar, weil sie an den Tod des Erblassers anknüpfen und auf den Übergang des Vermögens des Erblassers angelegt sind.

 

Rz. 38a

Bei einem deed of variation nach englischem Recht, bei dem durch den Erben nach dem Tod des Erblassers eine von der Erbfolge abweichende Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses getroffen wird, liegen 2 Erwerbe – ein Erwerb von Todes wegen durch den Erben und eine freigebige Zuwendung des Erben an den Dritten – vor. In dieser Konstellation kann die englische Nachlasssteuer nur beim Erbfall angerechnet werden.[4]

 

Rz. 39

Eine der deutschen Schenkungsteuer entsprechende ausländische Steuer ist gegeben, wenn die Steuer für einen Vermögensübergang unter Lebenden deshalb erhoben wird, weil dieser unentgeltlich und freigebig ist. Auch insoweit kommt es auf die Bezeichnung und Ausgestaltung der ausländischen Steuer im Einzelnen grundsätzlich nicht an.

 

Rz. 40

Die Feststellung, ob die ausländische Steuer der deutschen Schenkungsteuer entspricht, bereitet in der Praxis allerdings erhebliche Probleme. Das gilt vor allem für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine steuersystematisch als Einkommensteuer erhobene ausländische Steuer der deutschen Erbschaft-/Schenkungsteuer vergleichbar ist. Hier bedarf es im Einzelfall einer genauen Untersuchung der sachlichen Qualität der ausländischen Steuer nach ihren maßgeblichen Besteuerungsmerkmalen sowie ihrer Erhebungsform – funktionale Qualifikation anhand der wesentlichen Merkmale.[5]

 

Rz. 41

Für sog. ausländische Wertzuwachssteuern (z. B. die kanadische capital gains tax, "plus valia" nach spanischem Recht), die in Erbfällen nur die Wertsteigerung der Vermögenssubstanz besteuert, ist die Anrechenbarkeit i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG mangels Ausgestaltung als Nachlasssteuer oder Erbanfallsteuer zu verneinen. So hat die Rspr.[6] die Anrechenbarkeit der anlässlich des Todes eines Erblassers erhobenen kanadischen capital gains tax verneint, weil diese eine fiktive Veräußerung von Vermögensgegenständen durch den Erblasser unterstellt und einen angenommenen Veräußerungsgewinn des Erblassers bei diesem der Einkommensteuer unterwirft.[7] Die kanadische capital gains tax ist allerdings als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu berücksichtigen; hierbei ist die Umrechnung auf EUR nach dem Todestag des Erblassers und nicht nach dem Zahlungstermin für die Steuer vorzunehmen.[8]

 

Rz. 42

Sog. Registergebühren, die einzelne Länder nach Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer eingeführt haben,[9] sind nach Verwaltungsauffassung nicht anrechenbar.[10] Es wird allerdings auf die Ausgestaltung der Abgabe ankommen, ob sie im Rahmen des § 21 ErbStG anrechenbar ist. Für eine Anrechenbarkeit kann eine Differenzierung des Abgabensatzes nach der Höhe des Erwerbs oder nach dem Verwandtschaftsgrad sprechen.[11] Sollte die Abgabe nur auf den Erwerb bestimmter Vermögenswerte (insb. Grundstücke) erhoben werden[12], wi...

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