Rz. 70

§ 20 Abs. 6 ErbStG regelt die Haftung der Versicherungsunternehmen und Vermögensverwahrer – insbesondere der Banken – bei Zahlung der Versicherungssumme bzw. Verbringung von Nachlassvermögen ins Ausland oder Zurverfügungstellung an ausländische Berechtigte vor Entrichtung der Steuer. Die Vorschrift soll verhindern, dass die Besteuerung durch Verbringen von Vermögen ins Ausland erschwert oder unmöglich gemacht wird.

 

Rz. 71

Die Haftungstatbestände des § 20 Abs. 6 ErbStG verlangen die näher bezeichnete Verbringung von Vermögen in Gebiete außerhalb des Geltungsbereichs des ErbStG. Bei außerhalb des Geltungsbereichs des ErbStG wohnhaften Berechtigten handelt es sich um solche, die in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt[1] hatten; hierfür trifft das FA die Nachweispflicht.[2]

 

Rz. 72

Eine Haftung nach § 20 Abs. 6 ErbStG besteht "für die Steuer". Die Vorschrift bildet deshalb – anders als z. B. § 69 AO – keine Haftungsgrundlage für steuerliche Nebenleistungen i. S. d. § 3 Abs. 3 AO, d. h. Verspätungs- und Säumniszuschläge, Zinsen, Zwangsgeld und Kosten.[3] Die Haftung erstreckt sich ihrem Umfang nach auf die gesamte aus dem jeweiligen Erbfall geschuldete Steuer. Sie ist also nicht auf die anteilige Steuer für die sich beim Gewahrsamsinhaber befindlichen Vermögenswerte beschränkt. Eine derartige umfassende Haftung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Vereitelung des zunächst durchsetzbaren Steueranspruchs vermeiden soll.[4]

 

Rz. 73

Die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners erfolgt durch Haftungsbescheid gem. § 191 Abs. 1 S. 1 AO. Sein Erlass steht im pflichtgemäßen Entschließungs- und Auswahlermessen des FA.[5] Ein Haftungsbescheid ist ermessensfehlerhaft, wenn der ausgezahlte bzw. zur Verfügung gestellte Betrag zur Begleichung von Steuerschulden des Erblassers verwendet wurde.[6]

[1] Dazu §§ 8, 9 AO; maßgeblicher Zeitpunkt ist hierfür der Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung, vgl. Curdt, in Kapp/Ebeling, § 20 ErbStG Rz. 26.
[2] FG München v. 26.4.1989, X 46/84, EFG 1989, 465, m. w. N.
[3] FG Münster v. 13.12.1990, 3 K 2585/88 Erb, EFG 1991, 547.
[6] FG München v. 21.12.1994, 4 K 1296/93, UVR 1995, 153.

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