Rz. 1

Im Aufbau des Steuertatbestands – Subjekt, Objekt, Bemessungsgrundlage und Steuersatz – stellt sich regelmäßig die Frage nach dem Subjekt der subjektiven Steuerpflicht, also die Frage, wer Schuldner der Steuer ist. Die Antwort hierauf gibt § 20 ErbStG. § 2 ErbStG regelt dagegen, inwieweit die in § 1 ErbStG genannten Vermögenserwerbe der deutschen Erbschaftsteuer unterliegen. Insoweit regelt § 2 ErbStG einen Ausschnitt der persönlichen Steuerpflicht.[1] Entscheidend ist dabei, ob in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nrn. 1–3 ErbStG ein Inländer Erblasser, Schenker oder Erwerber ist. Ist dies der Fall, tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall ein, also unabhängig davon, wo sich das Vermögen befindet.[2] Dies ist die sog. unbeschränkte Steuerpflicht, aber eben keine unbeschränkte Steuerpflicht eines Steuersubjekts, sondern eine des Steuerobjekts. Durch Art. 11 BeitrRLUmsG[3] ist das Gesetz nun auch um den (Klammer-)Zusatz "unbeschränkte Steuerpflicht" redaktionell ergänzt worden.

In allen anderen Fällen – wobei § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gesondert zu betrachten ist, weil dieser Tatbestand nicht einen Vermögensanfall, sondern das Halten von Vermögen behandelt – tritt die Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG für den Vermögensanfall ein, der in Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG besteht.[4] Dies ist die sog. beschränkte Steuerpflicht, weil sie sich auf Vermögensanfälle von Inlandsvermögen beschränkt. Auch hier hat das BeitrRLUmsG das Gesetz um den (Klammer-)Zusatz "beschränkte Steuerpflicht" redaktionell ergänzt.

Daneben sind mit der Rechtsfolge des § 19 Abs. 2 ErbStG Zwischenstufen vorstellbar, wenn einzelne Gegenstände durch eines der wenigen DBA der unbeschränkten Steuerpflicht entzogen wird oder wenn die beschränkte Steuerpflicht in den Fällen des § 4 Abs. 1 AStG neben dem Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG auch Vermögensgegenstände erfasst, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c EStG wären.[5]

 

Rz. 2

In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG setzt die Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG voraus, dass die Stiftung oder der Verein Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Sie ist in diesen Fällen immer unbeschränkt. Unter dieser Voraussetzung kann auch eine ausländische Familienstiftung mit Geschäftsleitung im Inland der Erbersatzsteuer unterliegen.[6]

 

Rz. 3

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fragt nicht danach, ob der Erwerber unbeschränkt steuerpflichtig ist, sondern ob der Erwerb der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die unbeschränkte Steuerpflicht qualifiziert somit den Erwerb, nicht den Erwerber, aber anhand von persönlichen Merkmalen von Erblasser, Schenker oder Erwerber (Wohnsitz, Aufenthaltsort oder Staatsangehörigkeit).[7]

 

Rz. 4

§ 2 Abs. 2 ErbStG bestimmt, dass auch der, der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil am Festlandsockel, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen zum Inland gehört, soweit dort die Naturschätze des Meeresgrunds und des Meeresuntergrunds erforscht und ausgebeutet werden.[8] Dieser Regelung kommt jedoch allenfalls für Betriebsstätten i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i. V. m. § 121 BewG Bedeutung zu.

 

Rz. 5

Der durch das BeitrRLUmsG eingefügte § 2 Abs. 3 ErbStG geht auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Mattner[9] zurück.

 

Rz. 6

Aus Sicht des EuGH steht Art. 56 EG i. V. m. Art. 58 EG – nunmehr Art. 63 AEUV i. V. m. Art. 65 AEUV – der Anwendung nur des beschränkten Freibetrags bei einem im Inland belegenen Grundstück entgegen, wenn Schenker und Erwerber zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten: Da der Freibetrag bei einer Schenkung, die eine in der Bundesrepublik belegene Immobilie umfasst, niedriger ist, wenn Schenker und Erwerber ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, als wenn einer von ihnen seinen Wohnsitz im Inland hätte, bewirkt dies eine Beschränkung des Kapitalverkehrs, weil der Wert der Schenkung einer Immobilie gemindert wird. Der EuGH sieht dabei Gebietsansässige und Gebietsfremde in einer vergleichbaren Situation: Da sich die Höhe der Schenkungsteuer nach dem Wert der Immobilie und der familienrechtlichen Beziehung zwischen Schenker und Erwerber bemessen und diese Kriterien unabhängig vom Wohnort des Schenkers oder des Erwerbers seien, "kann es … keinen objektiven Unterschied geben, der es rechtfertigen würde, die Situation von Personen, von denen keine im Inland wohnt, und die Situation, in der zumindest eine dieser Personen im Inland wohnt, ungleich zu behandeln"[10]

 

Rz. 7

Der EuGH setzte sich mit dieser Argumentation über die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung in beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht hinweg, die letztlich eine Ausprägung der Aufteilung und Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten darstellt. Das Urteil steht in einem Spannungsverhältnis zum Urteil des EuGH in der Sache Margarete Block.[11] Der EuGH blendet dabei insbesondere aus, dass die höheren Freibeträge des § 16 ErbStG u...

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