Ausgewählte Hinweise auf weiterführende Literatur: S. die Hinweise vor § 13a ErbStG.

1 Überblick

 

Rz. 1

Mit der Tarifbegrenzung gem. § 19a ErbStG soll die Unternehmensnachfolge steuerlich in den Fällen zusätzlich entlastet werden, in denen der Erblasser oder Schenker keine Nachfolger in der Steuerklasse I (z. B. Kinder) hat.[1]

 

Rz. 2

Für den Erwerb von begünstigtem (unternehmerischem) Vermögen soll nach § 19a ErbStG im Ergebnis immer die günstige Steuerklasse I gelten. Erwerber, die an sich zur Steuerklasse II oder III gehören[2] sollen auf diese Weise begünstigt werden.

 

Rz. 3

Die Tarifbegrenzung geht zurück auf die (1.) Entscheidung des BVerfG zum ErbStG aus dem Jahr 1995.[3] Das BVerfG hat dem Gesetzgeber seinerzeit aufgegeben, die verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit von Erben, die einen Betrieb weiterführen, erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen. Dabei hat das BVerfG betont, dass diese Verpflichtung "unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben" bestehe.[4]

 

Rz. 4

Die Tarifbegrenzung wurde erstmals zum 1.1.1996 eingeführt.[5] Im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004[6] wurde der Entlastungsbetrag (aus allgemeinen Gründen des Subventionsabbaus) auf 88 % begrenzt. Die heutige Fassung der Vorschrift beruht im Wesentlichen auf dem zum 1.1.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreformgesetz 2009.[7] Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz[8] wurden rückwirkend zum 1.1.2009 u. a. die Behaltefristen auf 5 Jahre (Regelverschonung) bzw. 7 Jahre (Optionsverschonung) verkürzt.

 

Rz. 5

Im Rahmen des "Jahressteuergesetz 2018"[9] wurde die Behaltefrist in den Fällen der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a Abs. 1 ErbStG auf 7 Jahre festgelegt.[10]

 

Rz. 6

Das BVerfG hat die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG in seiner (3.) Entscheidung zum ErbStG nicht näher erörtert.[11] Der Gesetzgeber hat dementsprechend an der Regelung festgehalten. Die Erbschaftsteuerreform 2016[12] hat lediglich zu (redaktionellen) Anpassungen bei den Verweisungen geführt.

 

Rz. 7–8

einstweilen frei

[1] Geck, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 19a Rz. 4 spricht anschaulich davon, dass die "Generationenbrücke" auf diese Weise zur "Nachfolgebrücke" verlängert werden soll.
[3] BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, DStR 1995, 1348.
[4] S. dazu auch Götz, in Wilms/Jochum, ErbStG, § 19a Rz. 2.
[5] Jahressteuergesetz 1997 v. 20.12.1996, BGBl I 1996, 2049.
[6] BGBl I 2003, 3076.
[7] BGBl I 2008, 3018, BStBl I 2009, 140.
[8] BGBl I 2009, 3950, BStBl I 2010, 2.
[9] Art. 18 des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338, BStBl I 2018, 1377.
[11] BVerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50, DStR 2015, 31.
[12] BGBl I 2016, 2464, BStBl I 2016, 1202.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 9

einstweilen frei

2.1 Zeitlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 10

Die Tarifbegrenzung in ihrer jetzigen Fassung[1] findet auf alle Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entstanden ist.[2] Die Tarifbegrenzung ist aber bereits seit 1.1.2009 anwendbar.

 

Rz. 11

Die Tarifbegrenzung kann nicht nur einmal, sondern auch mehrfach in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch bei mehreren Erwerben von derselben Person innerhalb von 10 Jahren (Umkehrschluss zu § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG).

2.2 Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 12

Die Tarifbegrenzung gilt nur für den Erwerb von begünstigtem Vermögen.[1] Für nicht begünstigtes Vermögen gilt demnach der normale Steuertarif (ohne Entlastungsbetrag). Die Tarifbegrenzung gilt für alle steuerpflichtigen Erwerbe von Todes wegen[2] und Schenkungen unter Lebenden.[3] Bei der Erbersatzsteuer von Familienstiftungen[4] kommt ohnehin immer die Steuerklasse I zur Anwendung[5], sodass es einer Tarifbegrenzung nicht bedarf. Die Tarifbegrenzung gilt für alle Erwerbe von begünstigtem Vermögen und ist nicht auf einem bestimmten Höchstbetrag beschränkt. Die Grenze von 90 Mio. EUR[6] gilt hier weder unmittelbar noch entsprechend.

2.3 Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 13

Die Tarifbegrenzung gilt aufgrund des Gesetzeswortlauts nur für den Erwerb von einer "natürlichen Person".[1] Die Person des Schenkers ist dagegen nicht auf natürliche Person beschränkt; Schenker kann somit jeder sein.

 

Rz. 14

Der Begriff der natürlichen Person umfasst – im Unterschied zu den juristischen Personen – alle Menschen (einschl. des nasciturus, § 1923 Abs. 2 BGB), unabhängig von Alter, Ausbildung, Wohnsitz, Vermögen oder Staatsangehörigkeit.

 

Rz. 15

Beim Erwerb durch juristische Personen (z. B. Stiftungen, Vereine oder Gesellschaften) erfolgt dagegen keine Tarifbegrenzung.

 

Rz. 16

Eine Tarifbegrenzung ist darüber hinaus auch beim Erwerb durch ...

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