Rz. 8a

Die Tatbestandsanknüpfung mit der daraus resultierenden drastischen Differenzierung der Freibeträge wurde in der Vergangenheit vielfach kritisiert. Der Freibetrag von 2.000 EUR war für den einzig denkbaren Anwendungsfall – nämlich bei Steuerausländern mit Inlandsvermögen – viel zu niedrig. Die Anrechnung der deutschen Steuer auf die ausländische Erbschaftsteuer konnte sich in vielen Fällen nicht positiv auswirken, da häufig im Ausland keine (z. B. seit 2008 auch in Österreich) oder eine nur sehr geringe Erbschaftsteuer erhoben wird. Faktisch führt dies zu einer Diskriminierung von Ausländern.

Die vorgenommene Differenzierung war zwar nach nationalem Recht verfassungsgemäß. Die Europarechtswidrigkeit dieser Differenzierung wurde jedoch durch den EuGH im Jahr 2010 auf eine Vorlage des FG Düsseldorf eindeutig festgestellt.[1]

Danach ist Art. 56 EG-Vertrag i. V. m. Art. 58 EG-Vertrag dahin auszulegen, dass dieser Artikel der damaligen deutschen Norm des § 16 Abs. 2 ErbStG entgegenstand. Diese Regelung, wonach der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte, widerspricht dem EG-Vertrag. Damit war die Europarechtswidrigkeit der in § 16 Abs. 2 ErbStG getroffenen Wohnsitzanknüpfung für die drastische Freibetragsdifferenzierung im Verhältnis zu den Freibeträgen des § 16 Abs. 1 ErbStG nunmehr mit unmittelbarer Wirkung festgestellt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge