Rz. 615

Die schädliche Qualifizierung von Verwaltungsvermögen entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das vom Erblasser erworbene Verwaltungsvermögen innerhalb von 2 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer in begünstigungsfähiges Vermögen des Erblassers investiert (§ 13b Abs. 5 S. 1 ErbStG).

Die (allgemeine) Investitionsklausel gilt für alle Unternehmen, unabhängig von Rechtsform, Branche und Größe. Eine Umqualifizierung des Verwaltungsvermögens ist allerdings nur unter strengen Voraussetzungen möglich, die der Erwerber nachweisen muss (§ 13b Abs. 5 S. 5 ErbStG).

 

Rz. 616

Die allgemeine Investitionsklausel (§ 13b Abs. 5 S. 1 ErbStG) gilt für Verwaltungsvermögen. Für Finanzmittel gilt eine besondere Regelung (§ 13b Abs. 5 S. 3 ErbStG). Ungeklärt ist, ob die allgemeine Investitionsklausel auch für junge Finanzmittel gilt. Die FinVerw verneint dies.[1] Dies überzeugt nicht, da junge Finanzmittel nach dem Gesetzeswortlaut Verwaltungsvermögen sind (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 Halbs. 2 ErbStG).[2]

 

Rz. 617

Das Verwaltungsvermögen muss stets in begünstigungsfähiges Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) investiert werden, dass der Erwerber vom Erblasser erworben hat. Eine Investition in sonstiges begünstigtes Vermögen des früheren Erblassers oder Erwerbers genügt somit nicht.

 

Rz. 618

Die Investition muss zwingend in Vermögensgegenstände erfolgen, die unmittelbar (und nicht nur mittelbar) einer originär gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dienen und kein Verwaltungsvermögen sind (§ 13b Abs. 5 S. 1 ErbStG, s. dazu R E 13b.24 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 und 3 ErbStR 2019). Die bloße Einlage von Verwaltungsvermögen in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG genügt demnach nicht.

 

Rz. 619

Die Tilgung von betrieblichen Schulden sollte allerdings auch hier genügen.[3]

 

Rz. 620

Das Verwaltungsvermögen muss (anders als bei der Reinvestitionsklausel, § 13a Abs. 6 S. 3 ErbStG) nicht unbedingt in die gleiche Vermögensart investiert werden.

 

Rz. 621

Die Umqualifizierung setzt ferner voraus, dass die Investition des Erben aufgrund eines "vorgefassten Plan des Erblassers beruht" und "keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde" (§ 13b Abs. 5 S. 2 ErbStG, s. dazu R E 13b.24 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 und Abs. 3 ErbStR 2019 sowie das Bsp. in H E 13b.24 (3) ErbStR 2019).

 

Rz. 622

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, welche formalen oder inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Plan zu stellen sind. Nach dem Normzweck (Erleichterung der Unternehmensnachfolge) dürfen an einen solchen Plan keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.[4] Formvorschriften für den Plan bestehen nicht, sodass auch ein mündlich geäußerter Plan des Erblassers ausreichend ist. Der Plan muss nicht in einer Verfügung von Todes wegen enthalten sein. Ein allgemein gehaltener Plan des Erblassers genügt. Der Plan muss im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nicht (mehr) aktuell sein. Aus dem Plan des Erblassers muss sich nicht ergeben, welcher Erwerber, wann, welches Verwaltungsvermögen in welches begünstigungsfähiges Vermögen investiert. In der Praxis kann aus der tatsächlich erfolgten Investition von Verwaltungsvermögen regelmäßig auf das Vorliegen eines entsprechenden Plans geschlossen werden. Der Rückschluss von der Investition auf den Plan ist möglich und zulässig. Eine planlose Investition ist selten.

 

Rz. 623

Das in der Regelung zum Ausdruck kommende Misstrauen des Gesetzgebers ist übertrieben. Die Investitionsklausel soll gerade unbillige Ergebnisse bei Erbfällen verhindern. Dieser Normzweck spricht für eine großzügige Auslegung der Investitionsklausel.

Die Investitionsklausel wurde offensichtlich für Einzelunternehmen konzipiert. Denn nur bei einem Einzelunternehmen trifft der Erblasser die Investitionsentscheidungen selbst.

 

Rz. 624

Bei Personen- und Kapitalgesellschaften werden die Investitionsentscheidungen dagegen in aller Regel von den Geschäftsführern und (nicht von den Gesellschaftern) getroffen. Bei größeren Unternehmen wird der Erblasser auf die Investitionsentscheidungen vielfach keinen (unmittelbaren) Einfluss haben. Gleichwohl sind dem Erblasser die Planungen des Unternehmens zuzurechnen. Der Erblasser ist als Gesellschafter auch zu seinen Lebzeiten an diese Investitionsentscheidungen gebunden. Die Zurechnung für steuerliche Zwecke ist dabei unabhängig von Größe, Rechtsform und Branche des Unternehmens. Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten (z. B. die eigenverantwortliche Leitung einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand, § 76 AktG) stehen einer solchen Zurechnung nicht entgegen. Die Investitionsentscheidungen der Gesellschaft gelten als solche des Erblassers. Dies gilt nicht nur für Mehrheitsgesellschafter, sondern auch für Minderheitsgesellschafter.[5] Auf die Höhe der Stimmrechte des Erblassers, die konkrete Ausgestaltung seiner Beteiligung und die Vorgaben des Gesellschaftsvertrags (z. B. Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Investitionsentscheidungen) kann es (auch aus Gründ...

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