Rz. 240

Bei der Gestaltung von Poolvereinbarungen für Zwecke des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts besteht bislang nur wenig Rechtssicherheit.

In der Praxis empfiehlt sich (zumindest vorsorglich) eine enge Orientierung am Gesetzeswortlaut und eine frühzeitige Abstimmung mit der FinVerw.[1]

 
Hinweis

Bestehende Poolvereinbarungen sollten in jedem Fall daraufhin überprüft werden, ob sie den spezifischen Anforderungen des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts genügen.

 

Rz. 241

Eine Bezeichnung als Poolvereinbarung ist dabei weder erforderlich noch ausreichend. Die in der Praxis bislang bestehenden Pool-, Konsortial- oder Stimmrechtsbindungsvereinbarungen wurden im Allgemeinen nicht aus erbschaftsteuerrechtlichen, sondern aus gesellschaftsrechtlichen, unternehmerischen oder sonstigen Gründen abgeschlossen. Diese Vereinbarungen sind demnach auch nicht ohne Weiteres geeignet, eine Zusammenrechnung der Anteile für Zwecke des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zu begründen.

 

Rz. 242

Bei neuen Poolvereinbarungen, die (auch) aus erbschaftsteuerlichen Gründen abgeschlossen (oder geändert) werden, sollte diese Motivation möglichst deutlich gemacht werden (und nicht etwa "verheimlicht" werden). In einer Präambel könnte z. B. der Hintergrund, die Interessenlage und die Zielsetzung der Beteiligten dargelegt werden. Dabei könnten auch die Gedanken aus der amtlichen Gesetzesbegründung aufgegriffen werden, wie etwa der Erhaltung des Einflusses der Familie, die Beschränkung der beliebigen Veräußerbarkeit der Anteile, die Sicherung des Charakters als Familiengesellschaft und der damit verbundenen Arbeitsplätze.

 

Rz. 243

Bei Poolvereinbarungen handelt es sich rechtlich im Allgemeinen um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.[2] Es sollte klargestellt werden, dass die Gesellschaftsanteile an der Kapitalgesellschaft im Vermögen der Gesellschafter verbleiben und insoweit kein Gesamthandvermögen oder Miteigentum gebildet wird. Die einzelnen Poolgesellschafter müssen an der Kapitalgesellschaft "unmittelbar" beteiligt sein.

 

Rz. 244

Bei Bildung von Gesamthandsvermögen liegt (trotz steuerrechtlicher Transparenz der Gesellschaft) keine unmittelbare, sondern nur noch eine mittelbare Beteiligung vor. Steuerlich begünstigt ist aber nur der Erwerb von "unmittelbaren" Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft. Bei einer bloß mittelbaren Beteiligung erfolgt (auch bei Bestehen einer Poolvereinbarung) keinerlei steuerliche Verschonung.[3]

 

Rz. 245

Ferner sollte ausgeschlossen werden, dass die Gesellschaft durch die Kündigung eines Gesellschafters, den Tod eines Gesellschafters oder die Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst wird.[4] Die Vereinbarung einer entsprechenden Fortsetzungsklausel ggf. ergänzt um eine Regelung der Abfindung[5] erscheint daher unbedingt empfehlenswert.

 

Rz. 246

Die Poolvereinbarung sollte aus Gründen der Beweisbarkeit zumindest schriftlich abgeschlossen werden. Bei GmbH's kann im Einzelfall eine Beurkundung erforderlich sein.[6] Darüber sollte für Änderungen und Ergänzungen eine qualifizierte Schriftformklausel aufgenommen werden. Dieses bietet unter Umständen auch einen gewissen Schutz vor der Annahme einer stillschweigenden Aufhebung der Poolvereinbarung.

 

Rz. 247

Die Poolvereinbarung muss zivilrechtlich wirksam sein.[7] Die Stimmrechtsausübung darf daher nicht unzulässig beschränkt werden.[8] Die Verfügungsbefugnis zu Lebzeiten kann vertraglich beschränkt werden; die Testierfreiheit muss aber gewahrt bleiben.[9]

 

Rz. 248

Vor Abschluss einer (erbschaftsteuerlichen) Poolvereinbarung sind stets auch die Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht und das Ertragsteuerrecht zu berücksichtigen.[10] Etwaige Verletzungen der Poolvereinbarungen sollten durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe angemessen sanktioniert werden, da ein Schaden oftmals schwer nachzuweisen ist. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe unterstreicht zudem die Ernsthaftigkeit und Fremdüblichkeit der Poolvereinbarung. Dies erleichtert die steuerliche (und sonstige) Anerkennung der Poolvereinbarung.

 

Rz. 249

Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht verlangt eine vergleichsweise weitgehende Verfügungsbeschränkung und Stimmrechtsbindung. Diese darf während der Behaltefrist von 5 bzw. 7 Jahren zudem nicht aufgehoben werden. Jeder Gesellschafter muss im Einzelfall abwägen, ob ihm die erbschaftsteuerlichen Vorteile die Beschränkungen der Gesellschafterrechte Wert sind.[11]

 

Rz. 250

 
Hinweis

Der Abschluss einer Poolvereinbarung (unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG) ist eine legale und legitime Gestaltung und kein Missbrauch (auch nicht i. S. v. § 42 AO). Eine Poolvereinbarung ist keine Steuergestaltung (i. S. v. §§ 138d ff. AO). Ein steuerlicher Vorteil (i. S. v. § 138d Abs. 2 und 3 AO) ist damit nicht verbunden. Eine Mitteilungspflicht (i. S. v. § 138d Abs. 1 AO) besteht somit nicht.

[1] Formulierungsvorschläge finden sich u. a. bei Fuhrmann, in Fuhrmann/Wälzholz, Formularbuch Gesellschaftsrecht,...

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