Rz. 21

Die Regelung zum begünstigten Vermögen wurde in ihrer jetzigen Form erstmals durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009[1] eingeführt. Neu war damals vor allem das Konzept des Verwaltungsvermögenstests.[2]

 

Rz. 22

Der Gesetzgeber hat für die Abgrenzung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen eine eigene Regelung für Zwecke des ErbStG geschaffen. Ziel war es, dass "Vermögen, das in erster Linie der weitgehenden risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt" von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen.

 

Rz. 23

Das begünstigte Vermögen wurde dabei nicht positiv bestimmt. Vielmehr wurde das Vermögen (negativ) bestimmt, das nicht begünstigt werden sollte und aus dem begünstigten Vermögen ausgeklammert. Das schädliche (nicht produktive) Vermögen, das der Gesetzgeber nicht begünstigen wollte, wurde dabei unter der neuen Bezeichnung des Verwaltungsvermögens zusammengefasst. Das Verwaltungsvermögen wurde im Gesetz abschließend definiert. Aus Praktikabilitätsgründen hat der Gesetzgeber (bis zum 30.6.2016) vorgesehen, dass das begünstigte Vermögen immer dann insgesamt begünstigt ist, wenn das Verwaltungsvermögen eine Quote von 50 % bei der Regelverschonung (und 10 % bei der Optionsverschonung) nicht übersteigt.

 

Rz. 24

Die Regelung hat ihr Ziel nicht erreicht, da u. a. auch der Erwerb reiner Cash-Gesellschaften steuerlich begünstigt war. Im Rahmen des Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetzes 2013[3] hat der Gesetzgeber auf diese Gestaltungen reagiert und den Begriff des Verwaltungsvermögens um Finanzmittel[4] erweitert. Die Neuregelung ist auf alle Erwerbe seit dem 7.6.2013 anwendbar.[5]

 

Rz. 25

Das BVerfG hat in seiner (3.) Entscheidung zum ErbStG dieses Konzept eines Verwaltungsvermögenstests als grundsätzlich verfassungsgemäß angesehen.[6] Das BVerfG hat aber die Verwaltungsvermögensquote von 50 % als unverhältnismäßig beanstandet. Für eine "derart großzügige Einbeziehung" von nicht begünstigungswürdigen Vermögen seien keine sachlichen Gründe erkennbar. Darüber hinaus hat das BVerfG kritisiert, dass es in Konzernen durch die Verlagerung von Verwaltungsvermögen in Tochter- und Enkelgesellschaften zu unbilligen Kaskadeneffekten kommen kann.

 

Rz. 26

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016[7] an dem Konzept des Verwaltungsvermögenstests grundsätzlich festgehalten. Die Neuregelung beschränkt sich allerdings nicht lediglich auf eine Reduzierung der Quote des Verwaltungsvermögens von 50 %. Vielmehr hat der Gesetzgeber das damit verbundene Alles-oder-Nichts-Prinzip vollständig aufgegeben. Das Verwaltungsvermögen wird seit dem 1.7.2016 grundsätzlich nicht mehr steuerlich begünstigt. Vielmehr ist das Verwaltungsvermögen (wie privates Vermögen) vollständig zu versteuern. Der Ermittlung und Bewertung des Verwaltungsvermögens kommt daher seit dem 1.7.2016 eine erheblich größere praktische Bedeutung zu.

 

Rz. 26a

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten vom 12.5.2021[8] wurde u. a. § 13b Abs. 4 geändert (und zwar durch Art. 7 Abs. 24 des Gesetzes). Danach wurden in § 13b Abs. 4 Nr. 2 S. 1, Nrn. 4 und 5 S. 3 ErbStG (nach den Wörtern: "das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016, BGBl. I 1142 geändert worden ist") jeweils folgende Wörter neu eingefügt: "eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes".[9]

Die Änderungen sind jeweils am 26.7.2021 in Kraft getreten.[10]

 

Rz. 26b

Ausgewählte Hinweise auf weiterführende Literatur: Christopeit, Jahressteuergesetz 2020: Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, ErbR 2021, 391; Götz, Reduzierung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung durch § 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG n. F.: Folgen für die Nachfolgeplanung, ZEV 2021, 304; Halaczinsky, Ländererlasse zur Anwendung der durch das JStG 2020 geänderten Vorschriften des ErbStG für Erwerbe mit einer Steuerentstehung nach dem 28.12.2020, ErbStB 2022, 50; Halaczinsky, Änderungen des ErbStG durch das JStG 2020, ErbStB 2021, 54; Liebernickel, Änderung des ErbStG durch das JStG 2020, DB 2020, 2606; Seer/Unger, Neue Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsrecht, FR 2021, 564.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020[11] wurde u. a. auch § 13b Abs. 10 ErbStG geändert (gesonderte Feststellungen des für die Bewertung zuständigen FA u. a. zu (jungen) Finanzmitteln, (jungem) Verwaltungsvermögen und Betriebsvermögen in Drittstaaten).

Der neue § 13b Abs. 10 ErbStG (i. d. F. des JStG 2020)[12] lautet (insgesamt) wie folgt:

Zitat

(10) 1Dasfür die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des ...

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