Rz. 463

Der Nachsteuertatbestand in Nr. 5 wurde erstmals 2009 in das Gesetz eingeführt und betrifft den begünstigten Erwerb von gepoolten Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG).[1] Die Aufhebung der Poolung (Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbündelung) führt dementsprechend zu einer Nachversteuerung (§ 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG).[2]

 

Rz. 464

Anteile an Kapitalgesellschaften, die aufgrund einer Poolvereinbarung gebunden sind (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG) unterliegen damit 2 Nachsteuertatbeständen: dem allgemeinen Nachsteuertatbestand für Anteile an Kapitalgesellschaften (gem. Nr. 4) und dem besonderen Nachsteuertatbestand für Poolvereinbarungen (gem. Nr. 5).

 

Rz. 465

Ein Verstoß gegen die Behaltensregelung liegt immer dann vor, wenn "die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird" (§ 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG).

 

Rz. 466

Die Anteile an einer Kapitalgesellschaft werden für Zwecke der Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nur dann zusammengerechnet, wenn eine entsprechende Verfügungsbeschränkung und zusätzlich auch eine Stimmrechtsbindung besteht (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG). Die bloße Verfügungsbeschränkung (ohne Stimmrechtsbindung) oder die Stimmrechtsbindung (ohne Verfügungsbeschränkung) führen nicht zu einer Zusammenrechnung. Dementsprechend kommt es immer dann zu einer Nachversteuerung, wenn entweder die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbindung aufgehoben wird.

 

Rz. 467

Die Nachversteuerung knüpft an die Aufhebung der Verfügungsbeschränkung oder der Stimmrechtsbindung an.[3] Der Gesetzeswortlaut ("aufgehoben") deutet auf eine Beendigung aufgrund übereinstimmender rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen der Poolgesellschafter hin. Demgegenüber geht die amtliche Gesetzesbegründung davon aus, dass jeder "Wegfall" der Verfügungsbeschränkung bzw. Stimmrechtsbindung nachsteuerschädlich ist.[4] Bloße Änderungen und Ergänzungen einer Poolvereinbarung stellen jedenfalls keine schädliche Aufhebung dar, sofern die Verfügungsbeschränkung und Stimmrechtsbindung als solche bestehen bleiben. Entsprechendes gilt auch im Fall einer teilweisen Aufhebung der Poolvereinbarung. Eine Nachversteuerung erfolgt nicht, solange die Verfügungsbeschränkung und Stimmrechtsbindung bestehen bleibt und nicht wegfällt.

 

Rz. 468

Die (einseitige) Kündigung der Vereinbarungen durch einen Poolgesellschafter führt bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) nach dem gesetzlichen Regelstatut (§ 736 Abs. 1 BGB) zu deren Auflösung und Beendigung. Damit kommt es bei dem kündigenden Gesellschafter zu einer Nachversteuerung. Darüber hinaus muss aber auch bei den anderen (nicht kündigenden) Gesellschaftern eine Nachversteuerung erfolgen, da die Poolgesellschaft auch zwischen diesen nicht mehr fortbesteht und damit auch die Bindung entfällt.

 

Rz. 469

In der Praxis wird für den Fall der Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter regelmäßig die Fortsetzung der Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern vereinbart. In diesem Fall scheidet nur der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus (§ 736 Abs. 1 BGB). Unter den übrigen Gesellschaftern wird die Gesellschaft fortgesetzt. Bei dem Gesellschafter, der kündigt, kommt es auch in diesem Fall zu einer Nachversteuerung. Der kündigende Gesellschafter unterliegt den vertraglichen Beschränkungen und Bindungen nicht mehr, sodass die Poolvereinbarung insoweit aufgehoben ist. Bei den übrigen Gesellschaftern, die die Gesellschaft fortsetzen, dürfte es dagegen zu keiner Nachversteuerung kommen. Denn diese setzen die Gesellschaft gerade fort und unterliegen unverändert den vertraglichen Beschränkungen und Bindungen.

 

Rz. 470

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die verbleibenden Gesellschafter zusammen die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % noch erfüllen.[5] Denn Grundlage der Nachversteuerung ist die Aufhebung der Poolvereinbarung und nicht etwa das Herabsenken der Beteiligungshöhe auf 25 % oder weniger. Die Beteiligung der Poolgesellschafter kann auch auf andere Weise verwässert werden (z. B. durch eine Kapitalerhöhung, an der sie sich nicht beteiligen), ohne dass dies nachsteuerschädlich wäre. Ferner erfolgt auch bei einem Gesellschafter, der alleine die Mindestbeteiligung erreicht, keine Nachversteuerung, wenn sein Anteil während der Behaltefrist auf 25 % oder weniger sinkt. Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht stellt stets auf die Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers ab, sodass die Höhe der Beteiligung des Erwerbers ohne Bedeutung ist. Veränderungen der Beteiligungshöhe beim Erwerber können daher auch keine Nachsteuer auslösen.

 

Rz. 471

Bei der Gestaltung von Poolvereinbarungen sollte für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters (ebenso wie für den Fall des Todes oder der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen eines Gesellschafters) eine Fortsetzungsklausel vereinbart werden. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob das Recht zur ordentlichen Kündigung nicht zumindest solange ausgeschloss...

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