Rz. 356

Die Gewährung des Verschonungsabschlags ist davon abhängig, dass die maßgebliche Lohnsumme des Betriebs (bzw. bei Beteiligungen an Gesellschaften des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft) innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) "insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme)".[1]

 

Rz. 357

Die Ausgangslohnsumme muss somit nicht unverändert beibehalten werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die Lohnsumme nach 5 Jahren 400 % der Ausgangslohnsumme erreicht. Damit soll ein "Maximum an unternehmerischer Disponibilität" eingeräumt und eine wirtschaftliche Planung "über den Konjunkturzyklus hinweg" ermöglicht werden.[2] Rechnerisch muss die jährliche Lohnsumme im Durchschnitt mindestens 80 % (= 400/500) der Ausgangslohnsumme erreichen.

 

Rz. 358

Für das Erreichen der Mindestlohnsumme ist die Entwicklung der Lohnsumme in den einzelnen Jahren nach dem Erwerb (anders als dies noch in den früheren Gesetzentwürfen vorgesehen war) grundsätzlich ohne Bedeutung. Entscheidend ist allein die kumulierte Lohnsumme nach Ablauf der 5-jährigen Lohnsummenfrist. Reduzierungen der Lohnsumme in einzelnen Jahren können daher ohne Weiteres durch Erhöhungen der Lohnsumme ausgeglichen werden. Solche Verrechnungen sind in beliebiger Weise möglich und unterliegen keinerlei Beschränkungen.

 

Rz. 359

In der Praxis dürfte es daher vor allem darauf ankommen, rechtzeitig vor Ablauf der Lohnsummenfrist zu prüfen, ob die Mindestlohnsumme voraussichtlich erreicht werden kann. Unter Umständen kann durch eine kurzfristige Erhöhung der Lohnsumme vor Ablauf der Lohnsummenfrist (z. B. Zahlung von einmaligen Vergütungen) das Erreichen der Mindestlohnsumme noch gewährleistet werden. Derartige Maßnahmen sind kein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO). Es ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob solche Maßnahmen insgesamt vorteilhaft sind, wobei sich die Vor- und Nachteile regelmäßig bei unterschiedlichen Personen auswirken werden.

 

Rz. 360

Eine Indexierung der Ausgangslohnsumme ist (aus Vereinfachungsgründen) nicht (mehr) vorgesehen.[3] Allgemeine Lohnerhöhungen (z. B. zum Inflationsausgleich) wirken sich daher zugunsten des Erwerbers aus. Umgekehrt gehen allgemeine Lohnsenkungen zulasten des Erwerbers.

 

Rz. 361

Maßgebend für das Erreichen der Mindestlohnsumme ist der Zeitraum von "5 Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist)". Hier kommt es somit (anders als bei der Ausgangslohnsumme) auf 5 Zeitjahre (und nicht etwa auf Wirtschaftsjahre) an. Nachdem die Lohnsumme regelmäßig für Wirtschaftsjahre (und nicht für Kalenderjahre) ermittelt wird, dürfte im Allgemeinen eine entsprechende Umrechnung erforderlich sein.

 

Rz. 362

Die Frist von 5 Jahren beginnt mit dem "Erwerb". Maßgebend ist insoweit die Entstehung der Erbschaft- und Schenkungsteuer (§ 9 ErbStG).[4] Die Frist endet nach Ablauf von 5 vollen Zeitjahren.

 

Rz. 363

Nach der erfolgten Unternehmensübertragung ist der Erwerber am Erreichen der Mindestlohnsumme interessiert. Dafür ist eine bloße Beibehaltung der bestehenden Lohnsumme keineswegs immer ausreichend. In Einzelfällen kann das Erreichen der Mindestlohnsumme auch eine Erhöhung der Lohnsumme erforderlich machen. Die Maßnahmen zur Erhöhung der Lohnsumme entsprechen spiegelbildlich denjenigen, die vor der Übertragung zur Reduzierung der Lohnsumme ergriffen werden können. Denkbar sind somit u. a. eine Erhöhung der Zahl der Beschäftigten, eine Erhöhung von Löhnen und Gehältern, die Einführung bzw. Erhöhung von Sonderzahlungen, Tantiemen, Gratifikationen und Abfindungen, die Ersetzung von Leiharbeitnehmern durch fest angestellte Beschäftigte, die Eingliederung von Beschäftigten aus bislang selbstständigen Beschäftigungsgesellschaften oder die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Drittstaaten in die EU-/EWR-Mitgliedstaaten.

 

Rz. 364

Nicht geeignet erscheint demgegenüber der Zukauf neuer Betriebe, da die Lohnsumme stets betriebsbezogen ermittelt wird. Möglich ist aber die Erweiterung bestehender Betriebe oder Zukauf neuer Beteiligungen. Die FinVerw hat zur Ermittlung der Lohnsumme bei Zu- und Verkäufen von Unternehmensbeteiligungen ausführliche Stellungnahmen veröffentlicht.[5]

 

Rz. 365

Für die Lohnsummenkontrolle kommt es allein darauf an, ob die Mindestlohnsumme nach Ablauf der Lohnsummenfrist erreicht wird oder nicht. Die Gründe für das Erreichen oder Nichterreichen der Mindestlohnsumme sind ohne Bedeutung. Es macht z. B. keinen Unterschied, ob ein Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer gekündigt wird. Auf die konkrete Zusammensetzung der Lohnsumme kommt es nicht an. Die Mindestlohnsumme kann im Einzelfall auch dadurch erreicht werden, dass Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut und neue Arbeitsplätze in anderen EU-/EWR-Mitgliedstaaten geschaffen werden. Entgegen der amtlichen Gesetzesbegründung ist es für das Erreichen der Lohnsumme somit keineswegs immer erforderlich, die bestehenden Arbeitsplätze tatsächlich zu sichern. Bei einem Lohngefälle zwischen In- und Ausland können sich solche Arbeitsplatzv...

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