Rz. 621

Der Gesellschaftsvertrag muss "die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrags des steuerrechtlichen Gewinns beschränken" (§ 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ErbStG). Dabei bleiben "Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen" von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt (§ 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ErbStG).[1]

 

Rz. 622

Eine betragsmäßige Höchstgrenze für die Entnahmen bzw. Ausschüttungen (anders als bei § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG) gibt es nicht.

 

Rz. 623

Die Regelung zur Beschränkung der Entnahmen bzw. Ausschüttungen wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach geändert. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom September 2015[2] sah noch vor, dass die Entnahmen bzw. Ausschüttungen "nahezu vollständig" beschränkt werden müssen. Dies wurde allgemein als zu unbestimmt kritisiert. In der vom Bundestag im Juni 2016 beschlossenen Gesetzesfassung wurde diese Formulierung dann ersatzlos gestrichen. Danach wäre jegliche Beschränkung ausreichend gewesen, und zwar gleich welcher Art und Höhe. Dagegen hat der Bundesrat im Juli 2016 sein Veto eingelegt und eine "Mindestquote von z. B. 50 %" gefordert.[3] Im Vermittlungsverfahren kam es dann zu der jetzigen Grenze von 37,5 %. Die Höchstgrenze von 37,5 % erscheint einigermaßen willkürlich und ist sachlich kaum zu begründen.

 

Rz. 624

Die Regelung bezieht sich auf den "steuerrechtlichen" Gewinn.[4] Der Gewinn laut Handelsbilanz ist insoweit nicht maßgebend.[5] In Gesellschaftsverträgen wird allerdings (wenn überhaupt) meist die Entnahme bzw. Ausschüttung des handelsrechtlichen (und nicht des steuerrechtlichen) Gewinns geregelt. In der Praxis sollten Gesellschaftsverträge vorsorglich entsprechend angepasst werden.

 

Rz. 625

Maßgebend ist der steuerliche Gewinn des jeweiligen Kalenderjahres (Veranlagungszeitraums), s. aber R E 13a.20 Abs. 3 S. 1 ErbStR 2019, wo auf das Wirtschaftsjahr abgestellt wird. Ein Ausgleich der Entnahmen bzw. Ausschüttungen zwischen einzelnen Jahren ist nicht möglich. Im Unterschied zu der Regelung zu dem Nachsteuertatbestand der Überentnahmen (nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG) müssen die Entnahmebeschränkungen jedes Jahr (erneut) eingehalten werden. Für eine Betrachtung der Entnahmen über einen längeren Zeitraum (z. B. 5 oder 20 Jahre) fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

 

Rz. 626

Bei der Bestimmung der Grenze von 37,5 % bleiben Entnahmen und Ausschüttungen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil entfallenden Steuern unberücksichtigt. Dies gilt aber nur für die "Steuern vom Einkommen". Etwaige Entnahmen zur Begleichung der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden – systemwidrig – von der Ausnahme nicht erfasst (s. demgegenüber § 34a Abs. 4 S. 3 EStG).

 

Rz. 627

Die im Gesetz genannte Grenze von 37,5 % ist nicht fest, sondern variabel. Die Steuerbelastung der einzelnen Gesellschafter ist i. d. R. unterschiedlich und verändert sich von Jahr zu Jahr. Der Gesellschaftsvertrag muss den Betrag der zulässigen Entnahmen bzw. Ausschüttungen aber von vornherein bestimmt und für jedermann erkennbar festlegen. In der Praxis erfolgt aus Vereinfachungsgründen regelmäßig eine Orientierung am Höchststeuersatz ohne Berücksichtigung persönlicher Besteuerungsmerkmale. Solche Regelungen sind allgemein üblich und sollten auch im Zusammenhang mit dem Vorab-Abschlag anerkannt werden.[6]

 

Rz. 628

Die genaue Berechnung des Gewinnanteils, der zulässigerweise entnommen bzw. ausgeschüttet werden kann, ist aufgrund des unklaren Gesetzeswortlauts nur schwer zu ermitteln und derzeit umstritten.[7] Nach Auffassung der FinVerw sollen Ergebnisse aus den Sonder- und Ergänzungsbilanzen unberücksichtigt bleiben.[8]

 

Rz. 629

Die gesetzliche Regelung unterscheidet zudem nicht hinreichend zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, obwohl für beide völlig verschiedene, gesellschafts- und steuerrechtliche Vorschriften gelten.

 

Rz. 630

Bei Personengesellschaften besteht kraft Gesetzes kein Steuerentnahmerecht der Gesellschafter.[9] In der Praxis wird das Recht der Steuerentnahme aber meist im Gesellschaftsvertrag geregelt.[10] Danach sind die Gesellschafter grundsätzlich berechtigt, die Personensteuern (ESt, KiSt und SoliZ) zu entnehmen. Dabei wird meist auch die maßgebliche Bemessungsgrundlage (z. B. Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen), das Verhältnis des Steuerernahmerechts zum Gewinnentnahmerecht (z. B. Gewinnentnahme brutto oder netto) und der Steuersatz (z. B. Berücksichtigung von anderen Einkünften des Gesellschafters) geregelt. In der Praxis erfolgen (aus Vereinfachungsgründen) vielfach pauschale Regelungen, wonach die Gesellschafter alle auf ihren Gesellschaftsanteil (und Tätigkeitsvergütungen, Mieten und Zinsen) entfallenden persönlichen Steuern mit dem Höchststeuersatz (ohne Berücksichtigung persönlicher Besteue...

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