Rz. 21

Die steuerliche Förderung der Unternehmensnachfolge hat in Deutschland eine lange Tradition. Die Verschonung erfolgte viele Jahrzehnte vor allem (mittelbar) durch eine niedrige Bewertung. Das BVerfG hat die niedrige Bewertung im Jahr 2006 allerdings für verfassungswidrig erklärt.[1] Die Bewertung muss sich für alle Vermögenswerte einheitlich am gemeinen Wert orientieren. Bewertung und Verschonung sind klar voneinander zu trennen.

 

Rz. 22

Seit 1996 wurde den Erwerbern von unternehmerischem Vermögen ein Bewertungsabschlag von zunächst 40 % (später 35 %) und ein Betriebsvermögensfreibetrag von zunächst 256.000 EUR (später 225.000 EUR) gewährt. Für Erwerber der Steuerklasse II und III wurde der Steuertarif darüber hinaus auf die günstige Steuerklasse I begrenzt.

 

Rz. 23

Für den Erwerb von begünstigtem Vermögen wurde damals ein Verschonungsabschlag von 85 % (Regelverschonung) bzw. von 100 % (Optionsverschonung) eingeführt. Zum begünstigten Vermögen gehörte land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften. Für das Erreichen der Mindestbeteiligung von 25 % bei Kapitalgesellschaften wurden die Anteile mehrerer Gesellschafter zusammengerechnet, wenn diese eine Poolvereinbarung abgeschlossen hatten.

 

Rz. 24

Neu eingeführt wurde im Jahr 2009 ein Verwaltungsvermögenstest. Der Erwerb war demnach nur noch dann begünstigt, wenn das begünstigte Vermögen zu nicht mehr als 50 % (Regelverschonung) bzw. 10 % (Optionsverschonung) aus Verwaltungsvermögen bestand. Das (schädliche) Verwaltungsvermögen ("unproduktives Vermögen") wurde im Gesetz näher umschrieben.

 

Rz. 25

Für den Erwerb von kleineren Unternehmen wurde ein Abzugsbetrag von max. 150.000 EUR gewährt. Die steuerliche Begünstigung war davon abhängig, dass der Erwerber den Betrieb mindestens 7 bzw. 10 Jahre lang (später rückwirkend verkürzt auf 5 bzw. 7 Jahre) weitgehend unverändert fortführt.

 

Rz. 26

Darüber hinaus wurde im Jahr 2009 erstmals eine Lohnsummenkontrolle eingeführt. Die steuerliche Verschonung setzte voraus, dass der Erwerber die Lohnsumme (und damit die Arbeitsplätze) in dem Betrieb weitgehend erhält.

 

Rz. 27

In den folgenden Jahren wurden immer wieder zahlreiche Details der Verschonungsregelungen geändert.

 

Rz. 28

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz 2010[2] sollten die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise überwunden werden. Dabei wurden u. a. die Behaltefristen auf 5 bzw. 7 Jahre verkürzt, die Lohnsummenkontrolle gelockert und die Steuersätze in Steuerklasse II und III gesenkt.

 

Rz. 29

Das Jahressteuergesetz 2010[3] hat die Lebenspartner den Ehegatten steuerlich gleichgestellt und die Ermittlung des Verwaltungsvermögens neu geregelt.

 

Rz. 30

Mit dem Steuervereinfachungsgesetzes 2011[4] wurden neue Verfahrensvorschriften eingeführt.

 

Rz. 31

Das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz 2013[5] hat das Gestaltungsmodell der Cash-GmbH beendet. Darüber hinaus sind Änderung bei der Lohnsummenkontrolle (Holdinggesellschaften) und dem (jungen) Verwaltungsvermögen erfolgt.[6]

 

Rz. 32

Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz 2016[7] wurde das ErbStG an die Rspr. des BVerfG angepasst. Der Gesetzgeber hat dabei von einer grundlegenden Neuregelung abgesehen und an dem früheren Verschonungsmodell weitgehend festgehalten.

 

Rz. 33

Für den Erwerb von begünstigtem Vermögen wird demnach ein Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % gewährt. Voraussetzung ist weiterhin die Fortführung des Betriebs sowie die Beibehaltung der Lohnsumme für die Dauer von 5 bzw. 7 Jahren. Kleinunternehmen sind von der Lohnsummenregelung nur noch dann befreit, wenn sie nicht mehr als 5 Beschäftigte (zuvor 20) haben. Der Verwaltungsvermögenstest wurde grundsätzlich beibehalten, allerdings in zahlreichen Punkten verschärft. Die typisierende Grenze von 50 % ist entfallen. Das Verwaltungsvermögen unterliegt grundsätzlich der vollen Besteuerung.

 

Rz. 34

Deutlich strengere Regelungen gelten für Großerwerbe im Wert von mehr als 26 Mio. EUR. In diesen Fällen kann der Erwerber zwischen einem reduzierten Verschonungsabschlag (§ 13c ErbStG) oder einem Steuererlass aufgrund einer Bedürfnisprüfung (§ 28a ErbStG) wählen.

 

Rz. 35

Im Erbfall hat jeder Erwerber zusätzlich einen Anspruch auf eine 7-jährige Stundung (§ 28 Abs. 1 ErbStG). Die Unternehmensbewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren wurde aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase neu geregelt. Der Kapitalisierungsfaktor beträgt (rückwirkend zum 1.1.2016) einheitlich 13,75 (§ 203 Abs. 1 BewG).

 

Rz. 36

Im Rahmen des "Jahressteuergesetz 2018"[8] wurden u. a. die Möglichkeiten eines nachträglichen Widerrufs des Steuererlasses aufgrund der Verschonungsbedarfsprüfung durch die FinVerw erweitert (§ 28a Abs. 4 S. 1 Nrn. 46 und Abs. 6 ErbStG, s. ferner die Änderung der Behaltensregelung in § 19a Abs. 5 S. 2 ErbStG).[9] Die Neuregelung findet auf Erwerbe Anwendung, für die ein Erlass erstmals nach dem 14.12.2018 ausgesprochen wurde (§ 37 Abs. 16 S. 2 ErbStG). Die Vorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG wurden in diesem Zusammenhang aller...

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