Rz. 437

§ 163 BewG regelt die Ermittlung der Wirtschaftswerte für die einzelnen Nutzungen i. S. d. § 160 Abs. 2 BewG, die in ihrer Summe den Wert des Wirtschaftsteils ergeben. Die Wirtschaftswerte werden durch Kapitalisierung des jeweiligen Reingewinns mit dem Kapitalisierungsfaktor 18,6 ermittelt, der einem Kapitalisierungszinssatz von 5,5 % entspricht.[1]

Der Reingewinn wird nicht betriebsindividuell ermittelt. Vielmehr schreibt § 163 Abs. 1 S. 1 BewG vor, dass bei der Ermittlung der jeweiligen Wirtschaftswerte von der nachhaltigen Ertragsfähigkeit land- und forstwirtschaftlicher Betriebe auszugehen ist. Ertragsfähigkeit ist der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung gemeinhin und nachhaltig erzielbare Reingewinn.[2] Dies bedeutet, dass bei der Beurteilung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit nicht auf Muster- oder Spitzenbetriebe, sondern auf die Betriebsergebnisse vergleichbarer Betriebe abzustellen ist.[3] Dabei sind nach § 163 Abs. 1 S. 3 BewG alle Umstände zu berücksichtigen, die bei einer Selbstbewirtschaftung den Wirtschaftserfolg beeinflussen. Dies sind insbesondere die Bodengüte und die klimatischen Verhältnisse (natürliche Ertragsbedingungen), die in der Praxis durch die Ertragsmesszahlen nach dem Bodenschätzungsgesetz zum Ausdruck gebracht werden. Darüber hinaus sind auch die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen der jeweiligen Gegend zu berücksichtigen, von denen die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse abhängig ist.[4]

 

Rz. 438

Wesentliche Grundlage für das typisierte Ertragswertverfahren sind agrarstatistische Daten, die der Agrarberichterstattung der Bundesregierung entnommen werden können. Nach § 2 Abs. 1 LwG stellt das BMELV jährlich für das abgelaufene landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr den Ertrag und Aufwand landwirtschaftlicher Betriebe, gegliedert nach Betriebsgrößen, -typen, -systemen und Wirtschaftsgebieten fest. Es stellt zu diesem Zweck auf der Grundlage freiwilliger Auskünfte die Betriebsergebnisse von 6.000 bis 8.000 landwirtschaftlichen Betrieben zusammen und wertet sie aus. Dabei wird auf einen bundesweiten Durchschnitt der jeweiligen Betriebsformen zurückgegriffen. Soweit dies zur realitätsgerechten Abbildung erforderlich ist, werden durch das BMELV eine Regionalisierung der Werte und eine Abgrenzung der Betriebsgrößen vorgenommen. Die dem BewG beigefügten Anlagen beruhen daher ausschließlich auf den Werten sowie den Abgrenzungen, die aus der Testbetriebsführung des BMELV (BMELV-Testbetriebsführung) ermittelt und zur Verfügung gestellt wurden.[5]

 

Rz. 439

§ 163 Abs. 2 BewG konkretisiert die Bewertungsfaktoren, die zur Ermittlung des gesetzlichen Reingewinns erforderlich sind. Dieser umfasst das ordentliche Ergebnis abzüglich eines angemessenen Lohnansatzes für die Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und der nicht entlohnten Arbeitskräfte.[6] Zur Berücksichtigung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit ist der Durchschnitt der letzten 5 abgelaufenen Wirtschaftsjahre vor dem Bewertungsstichtag zugrunde zu legen.[7]

Der Reingewinn ermittelt sich nach folgendem Schema[8]:

 
  Umsatzerlöse aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion
+ sonstige Erlöse aus Zulagen und Zuschüssen
./. Materialaufwand für die land- und forstwirtschaftliche Produktion
./. Personalaufwand
./. Abschreibungen
./. Pachten
./. sonstige betriebliche Aufwendungen
./. Zinsaufwendungen
= Gewinn/Verlust laut Testbetriebsführung des BMELV
./. Investitionszulagen
./. zeitraumfremde Erträge
+ zeitraumfremde Aufwendungen
./. außerordentliche Erträge
+ außerordentliche Aufwendungen
= ordentliches Ergebnis laut Testbetriebsbuchführung des BMELV
./. Lohnansatz für nicht entlohnte Arbeitskräfte und den Betriebsinhaber
= Reingewinn nach § 163 Abs. 1 BewG
 

Rz. 440

Die allgemeinen Vorschriften für die Reingewinnermittlung wie auch die besonderen Vorschriften für die Ermittlung des Reingewinns der verschiedenen Nutzungen in den Abs. 3–7 haben für die bei Inkrafttreten des Gesetzes geltende Gesetzesfassung keine unmittelbare Bedeutung, weil die sich aus der Anwendung dieser Vorgaben ergebenden Werte in den Anlagen 14–18 zum BewG ausgewiesen sind. Sie sind aber als gesetzlicher Maßstab für die nach § 163 Abs. 14 BewG zu erlassenden Rechtsverordnungen von Bedeutung, durch die die darin ausgewiesenen Reingewinne turnusmäßig an die Ergebnisse der Erhebungen nach § 2 LwG angepasst werden sollen.

[3] Begründung des Regierungsentwurfs zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, 43.
[4] Begründung des Regierungsentwurfs zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, 43.
[5] Bericht des Finanzausschusses zu § 163 Abs. 2, BT-Drs. 16/11107, 18.
[8] Bericht des Finanzausschusses zu § 163 Abs. 2, BT-Drs. 16/11107, 18, sowie Hutmacher, ZEV 2008, 182, 183; Eisele, NWB 2008, 895, 899.

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