Rz. 103

Der Wert unverzinslicher Kapitalforderungen und Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, ist nach § 12 Abs. 3 S. 1 BewG der Betrag, der vom Nennwert nach Abzug von Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt. Dabei ist nach § 12 Abs. 3 S. 2 BewG von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen. Dieser Zinssatz hielt sich jedenfalls für Bewertungsstichtage bis zum 13.3.2015 noch im Rahmen zulässiger Typisierung und war daher noch verfassungsgemäß.[1]

Maßgebend für die Beurteilung der Laufzeit sind die Verhältnisse des Bewertungsstichtags, d. h. die zu diesem Zeitpunkt verbleibende Restlaufzeit.[2] Die Möglichkeit einer Kündigung steht der Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG nicht entgegen, wenn die Kündigung am Bewertungsstichtag noch nicht erfolgt ist. Eine andere Beurteilung ergibt sich nur für den Fall, dass der Gläubiger die Kündigung ohne Einhaltung einer Frist aussprechen und damit die Fälligkeit jederzeit herbeiführen kann.[3] Die Abzinsung nach § 12 Abs. 3 BewG ist nur vorzunehmen, wenn ein bestimmter Fälligkeitszeitpunkt feststeht oder zumindest eindeutig bestimmbar ist.[4] Deshalb scheidet eine Abzinsung von Einkommensteuerschulden aus.[5] Fehlt es an einem feststehenden Fälligkeitszeitpunkt, ist der Langfristigkeit ggf. nach § 12 Abs. 1 BewG Rechnung zu tragen.

Im Fall einer aufschiebend bedingten Kapitalforderung oder Kapitalschuld fehlt es bis zum Eintritt der Bedingung überhaupt an einer Forderung oder Schuld.[6]

Auch nach Bedingungseintritt kommt eine Abzinsung für die Dauer der Schwebezeit nicht in Betracht, weil die Forderung oder Schuld mit ihrer Entstehung zugleich fällig wird.

[7]

Das Merkmal der Unverzinslichkeit ist erfüllt, wenn für die Überlassung des Kapitals weder Zinsen gezahlt noch andere Vorteile gewährt werden, die nach dem Inhalt des Vertrags oder nach den Vorstellungen beider Vertragsteile eine Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens darstellen.[8] Die fehlende Vereinbarung zu der Verzinsung steht dem ausdrücklichen Ausschluss der Verzinsung gleich.[9]

Die Grundsätze für die Gewährung eines zinslosen Darlehens gelten für die zinslose Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung entsprechend. Denn auch in diesem Fall hat sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte der Nutzungsmöglichkeit des Kapitals aus der Forderung für die Zeit der Stundung begeben[10]

und die Nutzung dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten überlassen.[11]

 

Rz. 104

Die Ermittlung der sich durch Abzinsung nach § 12 Abs. 3 BewG ergebenden Barwerte hängt davon ab, ob die unverzinsliche Kapitalforderung in einem Betrag oder in Raten getilgt wird.

Im 1. Fall können die maßgeblichen Barwerte der Tabelle 1 der gleichlautenden Ländererlasse vom 9.9.2022[12] entnommen werden.

Im 2. Fall ist vom Mittelwert zwischen einer jährlich vorschüssigen und einer jährlich nachschüssigen Zahlungsweise auszugehen[13], d. h. die im Laufe eines Jahres geleisteten Zahlungen sind unabhängig von den genauen Zeitpunkten stets in der Jahresmitte abzusetzen und unterjährig ist eine lineare Abzinsung zu berücksichtigen.

Hierdurch können bei der Bewertung die genauen Zahlungszeitpunkte innerhalb einer Ratenzahlungsperiode unberücksichtigt bleiben; auf die Zahlungshäufigkeit kommt es nicht an. Die Summe der Zahlungen innerhalb eines Jahres ist der Jahreswert. Die sich bei einer Tilgung in gleichen Jahresraten ergebenden Werte können der Tabelle 2 der gleichlautenden Ländererlasse vom 9.9.2022[14] entnommen werden.

Ist die Laufzeit einer unverzinslichen Kapitalforderung oder Kapitalschuld vom Leben einer oder mehrerer Personen abhängig, ist zur Berechnung der Laufzeit von der mittleren Lebenserwertung auszugehen, die sich nach der "Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland" ergibt. Die jeweilige Sterbetafel ist für Bewertungen ab dem 1. Januar des auf die Veröffentlichung der Sterbetafel durch das Statistische Bundesamt folgenden Kalenderjahres anzuwenden.[15]

Die aktuellen Werte werden vom BMF regelmäßig bekannt gemacht (vgl. Rz. 142). Anschließend ist der Gegenwartswert wie bei Kapitalforderungen und Kapitalschulden zu bestimmen, deren Laufzeit nach dem Datum bestimmt ist.

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