Rz. 209

§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG lässt ferner "Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen", zum Abzug zu. Diese Regelung bedeutet der Sache nach eine Abweichung von dem das ErbStG sonst beherrschenden Stichtagsprinzip. Andererseits ist der Abzug auf Kosten begrenzt, die "unmittelbar" im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung usw. entstehen. Der Begriff der Nachlassregelungskosten ist weit auszulegen.[1] Hierzu zählen alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen.[2]

 

Rz. 209a

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG sind die Kosten abzugsfähig, sobald diese entstanden sind. Auf die tatsächliche Zahlung kommt es nicht an. Insoweit besteht ein grundlegender Unterschied zu den Erblasserschulden des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, die nur dann berücksichtigt werden können, wenn mit ihnen eine echte wirtschaftliche Belastung des Erwerbers verbunden ist.[3]

 

Rz. 209b

Das zentrale Problem bei der Qualifikation von Aufwendungen als Nachlassregelungskosten ist die Abgrenzung von den nicht abzugsfähigen Kosten der Nachlassverwaltung gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG. Der Rspr. lassen sich bislang noch keine klaren Abgrenzungsmaßstäbe entnehmen. Stattdessen wird auf die Umstände des Einzelfalls Bezug genommen. Insbesondere verwirft der BFH die Vorstellung, es gebe eine zeitliche Zäsur, die die Nachlassregelungskosten von den Kosten der Nachlassverwaltung trennt. Es gebe keinen für den jeweiligen Erbfall und für alle Nachlassverbindlichkeiten gleich zu definierenden, einheitlichen und feststehenden Zeitpunkt.

 

Rz. 210

Zu den abzugsfähigen Kosten gehören z. B. die bei Gerichten, Notaren und Rechtsanwälten anfallenden Kosten einer etwaigen Todeserklärung, der Eröffnung des Testaments oder Erbvertrags, der Erteilung des Erbscheins sowie einer Grundbuchberichtigung oder -umschreibung für ein Nachlassgrundstück.[4] Erfasst sind ferner alle Kosten zur tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Erwerbs und zur Nachlassregulierung (z. B. Aufwendungen für die Sicherung des Nachlasses, die Errichtung eines Nachlassinventars, Aufgebot der Nachlassgläubiger). Zu den Nachlassregelungskosten gehören auch die Kosten für die Bewertung von Nachlassgegenständen, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen und nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG) anfallen. Nachlassregelungskosten sind insbesondere Aufwendungen für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks, sofern die Kosten im Rahmen der Verpflichtung zur Abgabe einer Feststellungserklärung anfallen und vom Erwerber getragen werden.[5] Fallen die Kosten im anschließenden Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren an, sind sie nicht abzugsfähig.[6]

 

Rz. 211

Abzugsfähig sind auch die Kosten einer Erbauseinandersetzung, sofern sie entstanden sind, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Gegenstände zu bringen, insbesondere Aufwendungen für die durch einen Sachverständigen vorgenommene Bewertung der Nachlassgegenstände, Notariats- und Gerichtskosten für die Übertragung der Nachlassgegenstände, Aufwendungen für anwaltliche Beratung und außergerichtliche und gerichtliche Vertretung, Gerichtskosten bei einem Rechtsstreit über die Auseinandersetzung[7] sowie Gutachterkosten für die Wertermittlung eines Grundstücks im Zivilrechtsstreit.[8] Unter Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Durch diese Verteilung wird das Alleineigentum eines jeden Miterben an den ihm bei der Verteilung zugewiesenen Vermögensgegenständen begründet und die nach dem Erbfall entstandene Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB) aufgehoben. Der Begriff der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft umfasst sowohl die mit ihr verbundenen schuldrechtlichen Vereinbarungen als auch deren dinglichen Vollzug.[9] Vorfälligkeitsentschädigungen, die im Rahmen einer Nachlasspflegschaft oder der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft für die vorzeitige Ablösung eines Darlehens angefallen sind, sind mit ihrem Zinsanteil nicht gesondert als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Soweit in der Vorfälligkeitsentschädigung auch Kosten bzw. Gebühren enthalten sind, hängt deren Abzugsfähigkeit davon ab, ob die vorzeitige Kündigung als Maßnahme der Nachlassregelung oder Nachlassverwaltung zu qualifizieren ist.[10]

 

Rz. 212

Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang der Kosten mit der Abwicklung des Nachlasses bildet eine Abzugsschranke für lediglich mittelbar mit dem Erbfall zusammenhängende Kosten. Diese Abzugsschranke ist auch im Zusammenhang mit den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG nicht abzugsfähigen Nach...

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