Rz. 183

Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen[1] sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG nur abziehbar, wenn sie geltend gemacht worden sind.[2] Der Begriff der Geltendmachung ist bei § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ebenso auszulegen wie in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.[3] Ist auf die Geltendmachung eines Pflichtteils wirksam verzichtet worden, so ist die Pflichtteilsschuld des Verpflichteten nicht abzugsfähig. Das bloße Bestehen von Pflichtteilsverbindlichkeiten ist steuerlich ohne Bedeutung.[4]

 

Rz. 184

Die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden.[5]

 

Rz. 185

Wird nur ein Teil des Pflichtteilsanspruchs vom Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben geltend gemacht, kann der Erbe nur in dieser Höhe Nachlassverbindlichkeiten geltend machen, ebenso wenn sich der Pflichtteilsberechtigte nach ernstlichem Streit über die Höhe seines Pflichtteils vergleichsweise mit weniger zufriedengibt als er beansprucht hat.[6]

 

Rz. 186

Die geltend gemachte Pflichtteilsverbindlichkeit ist beim Erben auch dann mit dem Nennwert als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, wenn sie durch Übertragung eines Nachlassgrundstücks an Erfüllungs statt erfüllt wird.[7]

 

Rz. 187

Den nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind auch etwaige Abfindungsleistungen gleichzustellen, die ein Erbe als Abfindung für einen Verzicht auf einen entstandenen und noch nicht geltend gemachten Pflichtteils- oder Erbersatzanspruch oder eines Vermächtnisses zahlt. Nach der Ergänzung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG durch das ErbStRG gilt dies auch für Abfindungen, für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag des Erblassers zugunsten Dritter auf den Todesfall oder anstelle eines anderen Erwerbs von Todes wegen gewährt werden.

 

Rz. 188

Zahlungen des Beschenkten gem. § 2329 Abs. 2 BGB zur Abwendung des Herausgabeanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 Abs. 1 BGB sind bei der Besteuerung der Schenkung nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG erwerbsmindernd zu berücksichtigen.[8] Entsprechendes gilt für Zahlungen zur Abwendung von Ansprüchen wegen beeinträchtigender Schenkung gem. § 2287 Abs. 1 BGB bzw. gem. § 816 Abs. 1 S. 2, § 2113 Abs. 2 BGB bei Verfügungen des Miterben. Selbst wenn solche Zahlungen im Vergleichswege ausgehandelt werden, wurzeln diese in den Herausgabeansprüchen des BGB.[9] Diese Zahlungen stellen ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.

Diese Grundsätze können auch auf die Zahlungen eines Beschenkten angewendet werden, die dieser zur Abwendung eines nach niederländischem Recht entstandenen Noterbrechts an einen Pflichtteilsberechtigten leistet. Die erwerbsmindernde Berücksichtigung dieser Zahlungen setzt voraus, dass das Rechtsinstitut des niederländischen Noterbrechts unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Bedeutung einem Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2329 BGB entspricht.[10]

 

Rz. 189–199

einstweilen frei

[1] Erbersatzansprüche können mittlerweile nach Streichung der §§ 1934a–1934e BGB durch das am 1.4.1998 in Kraft getretenen Erbrechtsgleichstellungsgesetz v. 16.12.1997, BGBl I 1997, 2968, nicht mehr entstehen.
[6] BFH v. 21.8.2015, II B 126/14, UVR 2015, 363; Kurzwiedergabe, Volltext bei juris.
[7] BFH v. 7.10.1998, II R 52/96, BStBl II 1999, 23, unter Aufgabe von BFH v. 17.2.1982, II R 160/80, BStBl II 1982, 350; die Fragestellung hat durch das seit 2009 geltende Bewertungsrecht weitgehend an Bedeutung verloren.
[9] FG Münster v. 14.2.2019, 3 K 1237/17 Erb, EFG 2019, 730, Rev. II R 24/19.

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