Rz. 130

Zu den vom Erblasser herrührenden Schulden gehören alle gesetzlichen, vertraglichen und außervertraglichen Verpflichtungen, die in der Person des Erblassers begründet wurden.

Ein durch eine Vormerkung gesichertes Angebot auf eine schenkweise Übertragung eines Grundstücks stellt keinen den Erwerb mindernden Umstand i. S. v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar.[1]

 

Rz. 131

Schulden, die mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind, können nicht nach § 10 Abs. 5 ErbStG abgezogen werden.

 

Rz. 132

Ebenfalls nicht abzugsfähig sind – über die sonstigen Abzugsverbote des § 10 Abs. 5 ErbStG hinaus – die mit dem Tod des Erblassers erlöschenden Verbindlichkeiten, weil diese nicht auf den Erben übergehen und mithin nicht vom Erblasser "herrühren". Insoweit ist allerdings die Sonderregelung des § 10 Abs. 3 ErbStG zu beachten. Lange Zeit vertrat die Rspr. die Auffassung, dass Erblasserschulden nur bei dem Erben[2], nicht aber bei anderen Erwerbern (z. B. Vermächtnisnehmern) abziehbar sei.[3] Seit kurzem gestattet der BFH auch den Abzug der vom Erblasser herrührenden Schulden bei Erwerbern, die nicht Erben sind. Dies folgert der BFH aus § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG, der den Abzug von Nachlassverbindlichkeiten nicht auf bestimmte Erwerbsvorgänge i. S. d. § 3 ErbStG beschränkt.[4]

6.2.1 Zu Lebzeiten des Erblassers entstandene Verbindlichkeiten

 

Rz. 133

Die vom Erblasser herrührenden Schulden sind zunächst solche, die schon zu seinen Lebzeiten entstanden sind. Dazu gehören alle gesetzlichen, vertraglichen und außervertraglichen Verpflichtungen des Erblassers, z. B. aus Kauf, Miete oder unerlaubten Handlungen. Die Verbindlichkeiten müssen dabei zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein. Zu den Erblasserschulden i. S. d. § 1967 Abs. 2 BGB zählen auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die schon den Erblasser getroffen hätten, wenn er nicht schon vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre.[1] Die Rspr. nimmt eine Abzugsfähigkeit nur an, wenn sich aus der Verbindlichkeit auch eine wirtschaftliche Belastung ergibt.[2] Mit dem zusätzlichen Erfordernis einer wirtschaftlichen Belastung weicht das Erbschaftsteuerrecht vom Zivilrecht ab.[3] Steht fest, dass der Gläubiger seine Ansprüche nicht mehr geltend macht, so ist keine wirtschaftliche Belastung gegeben.[4] Das ist auch der Fall, wenn sich eine Belastung des Erben aufgrund gesicherten Anspruchs auf eine andere Person abwälzen lässt. So kann der Erbe solche Krankheitskosten des Erblassers nicht abziehen, für die ihm ein Beihilfeanspruch zusteht.[5]

 

Rz. 134

Abzugsfähig sind auch die Steuerschulden des Erblassers, die aufgrund § 45 Abs. 1 AO auf den Erben übergehen, soweit sie nicht mit Betriebsvermögen (Rz. 131) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Abzug der vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setzt nicht nur voraus, dass die Steuerschulden bei der Entstehung der Erbschaftsteuer, also bei Eintritt des Erbfalls[6], rechtlich bestehen bzw. durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen durch den Erblasser begründet sind[7], sondern auch, dass sie zu diesem Stichtag eine wirtschaftliche Belastung darstellen.[8] An einer solchen wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse nicht damit gerechnet werden konnte, dass der Steuergläubiger seine Forderung geltend machen würde. Zeigt sich aufgrund einer nachträglichen Veränderung der Verhältnisse, dass der Steueranspruch entgegen den Erwartungen am Todestag des Erblassers geltend gemacht werden wird, ist der Steuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern.[9]

 

Rz. 134a

Ob die Steuern dem Erblasser gegenüber tatsächlich bereits festgesetzt und/oder fällig gestellt worden sind, ist für § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG unerheblich.[10] Ebenso ist unerheblich, dass der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten Einspruch gegen einen Steuerbescheid eingelegt hat und ihm auf Antrag Aussetzung der Vollziehung gewährt worden ist.[11] Steuerschulden, die bis zum Bewertungsstichtag rechtlich entstanden sind, stellen auch dann eine wirtschaftliche Belastung dar, wenn sie vom Stpfl. zunächst nicht konkret vorausgesehen worden waren.[12] Dies gilt auch dann, wenn sich die Steuernachforderung erst aufgrund einer Außenprüfung ergibt.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Stpfl. steuererhebliche Sachverhalte bewusst verheimlicht und aus diesem Grunde nicht mit seiner Inanspruchnahme rechnet.[13] Der Erbe kann eine vom Erblasser hinterzogene Einkommensteuer, die auch nach de...

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