Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob der Abzugsfähigkeit eines Veräußerungsverlusts ein Gestaltungsmissbrauch entgegen steht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO liegt vor, wenn die jeweiligen Gesellschafter einer GmbH vor dem Hintergrund des eingetretenen Wertverlusts der Beteiligung ihre gleich hohen Anteile untereinander jeweils zum selben Preis veräußern und so ohne weitere beachtlichen wirtschaftlichen Gründe die für GmbH-Beteiligungen im Privatvermögen gesetzlich nicht vorgesehene Teilwertabschreibung realisieren wollen, ohne sich von der Einkunftsquelle endgültig zu trennen.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 17 Abs. 1, 2 S. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.12.2010; Aktenzeichen IX R 40/09)

 

Tatbestand

Streitig ist die Nichtberücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes - EStG - wegen des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Kläger sind Eheleute und wurden für 2001 mit Einkünften jeweils aus nichtselbständiger Arbeit, selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als selbständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einer Steuerberatungskanzlei tätig. Des Weiteren unterrichtet er mit Professur Steuerrecht an der Fachhochschule K. Die Klägerin ist als kaufmännische Angestellte in der Sozietät des Klägers beschäftigt.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 20. September 2000 gründete der Kläger zusammen mit fünf weiteren Personen, den Herren A. L., T. M., G. M., B. S. und M. M., die ... Vermögensverwaltungs GmbH. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 350.000 € = 684.540 DM.

Hiervon übernahmen in bar

der Kläger

50.000 € = 14,29 v.H.

Herr G. M.

50.000 € = 14,29 v.H.

Herr B. S.

50.000 € = 14,29 v.H.

Herr M. M.

50.000 € = 14,29 v.H.

Herr A. L.

50.000 € = 14,29 v.H. und

Herr T. M.

100.000 € = 28,55 v.H.

Die GmbH hatte ausschließlich den Zweck, das als Stammkapital geleistete Geld durch Gewinne von kurzfristigen oder längerfristigen An- und Verkäufen von Aktien und Wertpapieren zu mehren. Die Kapitalgesellschaft handelte in der Folge fast ausschließlich mit Aktien am Neuen Markt. Im Gründungsvertrag vom 20. September 2000 wurde Herr T. M. zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Dieser handelte im Folgenden mit Vollmacht vom 18. September 2001 für Herrn A. L. In der Gesellschafterversammlung am 30. November 2001 wurde einstimmig zugestimmt, dass Herr T. M. einen Teil seines Stammkapitals in Höhe von 50.000 € unentgeltlich an seinen Vater Herrn H. M. übertrug. Somit waren fort an 7 Anteilseigner zu je 50.000 € am Stammkapital der ... Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt, was einem Beteiligungsverhältnis von jeweils 14,29 v.H. entspricht.

Durch den Niedergang am Neuen Markt und der anderen Börsensegmente entwickelte sich der Zweck der Gesellschaft nicht in die erwartete und gewünschte Richtung.

Zum 31. Dezember 2001 wies das Vermögen der GmbH anhand eines Depotauszugs der Kreissparkasse W einen Wert von noch 94.575,73 DM aus. Die jeweiligen Gesellschafter der ... Vermögensverwaltungs GmbH veräußerten in Anbetracht dieses Wertverlustes ihre jeweilige Beteiligung von 14,29 v.H. mit Verträgen vom 14. und 17. Dezember 2001 untereinander für 7.500 € und erwarben damit zeitgleich wieder eine entsprechende Beteiligung wie folgt:

Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2001 (Urk-Nr. 2406) seine Beteiligung an Herrn T. M. und erwarb mit notariellem Vertrag vom selben Tag (Urk-Nr. 2408) in gleicher Höhe eine Beteiligung von Herrn M. M. Entsprechende Verträge vom 14. Dezember und vom 17. Dezember 2001 liegen für die Herren M. M., B. S., H. M., T. M. und G. M. vor. Auch diese fünf Gesellschafter veräußerten - wie der Kläger- ihre Anteile und erwarben einen Gesellschaftsanteil in gleicher Höhe zurück. Diesen Veräußerungs- und Erwerbsvorgängen lagen die einstimmigen Beschlüsse der außerordentlichen Gesellschafterversammlungen vom 08. Dezember 2001 und vom 15. Dezember 2001 zugrunde. Nach den o.a. Transaktionen waren alle Gesellschafter wiederum mit 14,29 v.H., d. h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor den Veräußerungen, an der ... Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 machten die Kläger aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung seitens des Klägers einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 83.123 DM (= 42.500 €) geltend. Dieser ergab sich auf Grund der Differenz zwischen dem Wert der Stammeinlagen bei Gründung der Gesellschaft in Höhe von 50.000 € und dem Veräußerungspreis von 7.500 €.

Der Beklagte erkannte diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 17. Mai 2002 und in dem auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- geänderten Einkommensteuerbescheid vom 24. September 2002 wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an.

Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger wie folgt vor:

Sie beriefen sich auf die Kommentierung von Fischer, in Hübschmannl/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordu...

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