Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung eines Einfuhrabgabenbescheides nach dem Unionszollkodex

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Geltungsbereich des Unionszollkodex ist auch im finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO als materieller Entscheidungsmaßstab Art. 45 Abs. 2, Abs. 3 UZK anzuwenden. Im Hinblick auf das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ist das einzelstaatliche Recht maßgeblich.

2. Art. 45 UZK ist auch auf Sachverhalte anwendbar, in denen die Einfuhrabgaben vor dem Inkrafttreten des Unionszollkodex entstanden sind. Das Verfahren richtet sich nach dem jeweils im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Verfahrensrecht.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3; UZK Art. 45

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Einfuhrabgabenbescheides ohne Sicherheitsleistung.

Die Antragstellerin importierte in den Jahren 2013 bis 2016 in 25 Fällen in Asien hergestellte Planen und meldete diese unter der Codenummer 3926 9092 90 0 zu einem Präferenzzollsatz von 0 % zur Überführung in den freien Verkehr an. Die Einfuhrzollstelle übernahm diese Angaben.

Aufgrund einer im Jahr 2016 durchgeführten Zollprüfung holte der Antragsgegner ein Einreihungsgutachten ein, nach dem die eingeführten Planen in die Codenummer 6306 1900 00 0 mit einem Präferenzzollsatz von 9,6 % einzureihen seien.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 02.08.2016 erhob der Antragsgegner daraufhin Zoll i. H. v. ... € nach.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 19.08.2016 Einspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist, und beantragte am 22.08.2016 die Aussetzung der Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheides ohne Sicherheitsleistung. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides. Die streitgegenständlichen Planen seien nicht unter das Kapitel 39 KN einzureihen. Überdies könne die Einschätzung aus dem Einreihungsgutachten, das sich lediglich zu einer eingeführten und für die sonstigen Einfuhren nicht repräsentativen Planenart verhalte, nicht auf die anderen importierten Planen übertragen werden. Der Antragsgegner habe diese Planen gar nicht begutachtet. Daher sei der Einfuhrabgabenbescheid mit großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Die große Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit des Bescheides genüge für eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung. Die Zahlung der Einfuhrabgaben würde für sie, die Antragstellerin, außerdem eine unzumutbare Härte darstellen, da zurzeit die liquiden Mittel zur sofortigen Begleichung der vollständigen Einfuhrabgaben nicht als Kassenmittel zur Verfügung stünden. Die nötigen Barmittel könnten angesichts der wirtschaftlichen Gesamtumstände auch nicht zu zumutbaren Bedingungen, z. B. im Wege einer Kreditvereinbarung mit der Hausbank, beschafft werden. Die Hausbank habe zudem mit Schreiben vom 29.09.2016 mitgeteilt, dass sie nicht bereit sei, vorliegend eine Bürgschaft zur Verfügung zu stellen.

Der Antragsgegner erwiderte am 25.10.2016, dass auf eine Sicherheitsleistung gemäß Art. 45 Abs. 3 UZK nur verzichtet werden könne, wenn auf der Grundlage einer dokumentierten Bewertung festgestellt werde, dass durch die Leistung einer solchen Sicherheit dem Schuldner ernste wirtschaftliche oder soziale Schwierigkeiten entstehen könnten. Bisher sei lediglich das Schreiben der Hausbank vorgelegt worden und keine sonstigen Unterlagen, anhand derer eine entsprechende Dokumentation möglich wäre.

Entsprechende Unterlagen legte die Antragstellerin im Folgenden nicht vor, auch nicht auf eine erneute Aufforderung des Antragsgegners vom 21.12.2016.

Mit Bescheid vom 16.01.2017 setzte der Antragsgegner gemäß Art. 45 Abs. 2 UZK die Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheides ab Antragseingang bis auf Widerruf, längstens bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Beendigung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens aus. Aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Die Aussetzung der Vollziehung werde ab dem 22.08.2016 unter der Bedingung gewährt, dass bis zum 03.02.2017 eine Sicherheit i. H. v. ... € geleistet werde. Auf eine Sicherheitsleistung könne nicht verzichtet werden, weil entsprechende Nachweise nicht beigebracht worden seien. Werde die Sicherheit nicht fristgemäß geleistet, werde die Aussetzung der Vollziehung nicht wirksam und der Einfuhrabgabenbescheid ab Fälligkeit vollziehbar.

Zu einer Leistung der Sicherheit kam es im Folgenden nicht.

Die Antragstellerin hat am 01.02.2017 den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie trägt vor, dass Art. 45 UZK nicht anwendbar sein dürfte. Die Vorschrift ziele nicht auf vor dem 01.05.2016 entstandene Einfuhrabgaben ab. Sie sei im gerichtlichen Verfahren zudem nicht maßgebend, da sie lediglich das behördliche Aussetzungsverfahren regele. Überdies verlange Art. 45 Abs. 3 UZK die Anforderung der Sicherheitsleistung vor der Entscheidung über die Auss...

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