Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit eines gerichtlichen Aussetzungsantrag bei nicht begründeter Antragstellung beim Finanzamt

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 69 Abs 4 S 1 FGO setzt nach Sinn und Zweck voraus, dass die Finanzbehörde mit den für die Gewährung bzw. Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung wesentlichen Gründen befasst worden ist und eine Aussetzung danach ganz oder teilweise abgelehnt hat. Diese Voraussetzung ist insbesondere dort nicht erfüllt, wo ein Steuerpflichtiger seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Rahmen des behördlichen Verfahrens nicht begründet hat und erst beim Finanzgericht eine Begründung "nachholt".

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 4 S. 1

 

Gründe

I.

Nach Durchführung einer Außenprüfung erließ der Antragsgegner am 24. Mai 2000 gegenüber der Antragstellerin geänderte Steuerbescheide. Die Antragstellerin legte hiergegen am 23. Juni 2000 Einsprüche ein (Rbh, Bl. 3), ohne diese zu begründen. Auch der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Rbh, Bl. 6) enthielt keine Begründung. Am 24. Juli 2000 beschied der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abschlägig (Rbh, Bl. 8).

Nachdem die Antragstellerin auf eine weitere Aufforderung, den Einspruch zu begründen nicht reagiert hatte, wies der Antragsgegner mit Entscheidung vom 15. Februar 2001 die Einsprüche teilweise zurück; teilweise verwarf er sie als unzulässig (Rbh, Bl. 14).

Am 4. März 2001 reichte die Antragstellerin ihre hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht ein, die unter dem Gz. 1 K 66/01 erfasst wurde. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung (Bl. 1).

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß (Bl. 2),

die Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996, die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 1997, die Feststellungsbescheide zum Verlustvortrag 1995 bis 1997 und die Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996 von der Vollziehung auszusetzen.

Sie macht geltend, der Antragsgegner habe zu Unrecht Vorsteuerbeträge gekürzt. Auch sei es nicht gerechtfertigt, vom Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen bzw. nicht abziehbarer Aufwendungen auszugehen.

Der Antragsgegner beantragt (Bl. 49),

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet abzuweisen.

Der Ag. macht geltend, sowohl die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung wie auch nicht abziehbarer Aufwendungen sei gerechtfertigt. Aus letzterwähntem Umstand folge auch die entsprechende Kürzung der Vorsteuer aus Rechnungen der Firma DM.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nach § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig

1. Nach dieser Vorschrift ist ein an das Finanzgericht gerichteter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dabei geht der erkennende Senat mit dem BFH (Beschluss vom 13. Dezember 1999 III B 15/99, BFH/NV 2000, 827) davon aus, dass diese Regelung nach ihrem Sinn und Zweck voraussetzt, dass die Finanzbehörde mit den für die Gewährung bzw. Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung wesentlichen Gründen befasst worden ist und eine Aussetzung danach ganz oder teilweise abgelehnt hat. Der Senat sieht diese Voraussetzung insbesondere dort nicht als erfüllt an, wo ein Steuerpflichtiger seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Rahmen des behördlichen Verfahrens nicht begründet und erst beim Finanzgericht eine Begründung „nachholt”. In einem solchen Fall kann der Entlastungseffekt, wie ihn § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO im Blickfeld hat, nicht zum Tragen kommen.

2. Im Streitfall hat die Astin. ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Finanzbehörde nicht begründet und die Begründung erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens abgegeben. Diese Unterlassung führt zur Unzulässigkeit des finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens.

3. Demzufolge war der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

Die Entscheidung ergeht nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO unanfechtbar. Zur Zulassung der Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 571325

NWB 2001, 1807

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