rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändungsschutz bei der Kontenpfändung von Freiberuflern. Prozesskostenhilfe für das Verfahren 1 K 2350/01

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nichtbeachtung des auch Freiberuflern bei einer Kontenpfändung zustehenden Vollstreckungsschutzes – wobei offen blieb, ob sich ein solcher aus der Vorschrift des § 319 AO 1977 i.V.m. § 850k ZPO oder aus § 258 AO 1977 ergibt – wirkt sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA aus, denn die Beachtung des Pfändungsschutzes ist durch einen gesonderten Antrag geltend zu machen. Lehnt das FA den Antrag, die Kontenpfändung zumindest in Höhe der Pfändungsfreibeträge aufzuheben, ab, kann Verpflichtungsklage erhoben werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 319; ZPO § 850k; AO 1977 § 258; FGO § 40; EStG § 18

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist selbständige Illustratorin und Malerin. Sie schuldet dem Land Brandenburg Steuern und steuerliche Nebenleistungen. Durch die Verfügung vom 12.06.2001 pfändete das Finanzamt L… die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, Forderungen und Rechte der Antragstellerin gegenüber der X… Sparkasse L…, die daraufhin 3.850,00 DM an das Finanzamt L… überwies. Mit dem am 16.08.2001 beim Finanzamt L… eingegangenen Schreiben vom 15.08.2001 legte die Antragstellerin Einspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein.

Da durch die Vollstreckungsmaßnahme keine vollständige Befriedigung eingetreten war, unternahm das Finanzamt L… weitere Pfändungsversuche, die jedoch fruchtlos verliefen. Am 21.08.2001 legte die Antragstellerin die eidesstattliche Versicherung ab. Sie gab dabei an, mit Ausnahme einer bei der Y… Versicherungs AG abgeschlossenen und im Jahre 2006 fällig werdenden Lebensversicherung (Nr. …….-43), die einen Rückkaufswert in Höhe von 1.328,08 DM hatte, keine Vermögenswerte zu besitzen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das in den beigezogenen Steuerakten befindliche Protokoll der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verwiesen.

Mit Verfügung vom 21.08.2001 pfändete das Finanzamt L… wegen der zu diesem Stichtag rückständigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Höhe von insgesamt 12.126,45 DM die gegenüber der Y… Versicherungs AG bestehenden Ansprüche der Antragstellerin aus der Lebensversicherung. Gegen diese Pfändungs- und Einziehungsverfügung legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.09.2001 Einspruch ein, den das Finanzamt L… mitschreiben vom 11.09.2001 zurückwies.

Mit dem am 28.09.2001 beim Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin zunächst Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21.08.2001 erhoben (Aktenzeichen 1 K 2350/01), über die der Senat bislang noch nicht entschieden hat. Einen diesbezüglichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der Senat durch Beschluss vom 10.10.2001 abgewiesen (1 V 2351/01), ebenso einen für das Klageverfahren gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (1 S 2352/01).

Mit dem am 26.10.2001 eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin ihre eingereichte Klage dahingehend erweitert, dass sie nunmehr die Feststellung begehrt, dass die von dem Finanzamt L… ausgebrachte Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12.06.2001 rechtswidrig gewesen sei. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie nun, nachdem die X…. Sparkasse einen Betrag in Höhe von 3.850,00 DM an das Finanzamt L… gezahlt habe, nicht mehr die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung erreichen könne. Ihr, der Antragstellerin, verbleibe daher nur noch die Möglichkeit, ihre Rechte im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage zu verfolgen, wobei sie davon ausgehe, dass das Finanzamt L… bei einem Unterliegen den gepfändeten Betrag zurückzahlen werde. Das Finanzamt L… habe die Pfändungsschutzvorschriften nach § 319 AbgabenordnungAO – in Verbindung mit §§ 850i, 850k und 764a Zivilprozessordnung – ZPO – nicht beachtet. Sie, die Antragstellerin, habe zwei seit langem erwartete Zahlungen aus früheren Aufträgen erhalten. Die Beträge seien auf das fragliche Konto bei der X… Sparkasse überwiesen worden. Es begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn diese Einkünfte eines selbständig Tätigen nicht dem Pfändungsschutz der §§ 850i und 850k ZPO unterlägen. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum ein selbständig Tätiger schlechter behandelt werde als ein vergleichbarer nicht selbständig Tätiger. Es könne nicht sein, dass ihr, der Antragstellerin, durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht einmal der geringe Sozialhilfebetrag verbleibe. Aus diesem Grunde sei ihr, der Antragstellerin, Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu gewähren. Sie, die Antragstellerin dürfe nicht auf die Sozialhilfe verwiesen werden. Diese sei nachrangig. Es sei eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Dem sei das Finanzamt L… nicht nachgekommen. Nach § 22 Bundessozialhilfegesetz – BSHG – müsse ihr der notwendige Unterhalt verbleiben. Dies betreffe den unmittelbaren Lebensbedarf an Nahrung, Wohnung, Kleidun...

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