Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Krankenhausbehandlung, Stammzellenbank, Entnahme und Aufbereitung von Nabelschnurblut

 

Leitsatz (amtlich)

1. Tätigkeiten, die die Übersendung eines Sets mit der Ausrüstung zur Entnahme von Nabelschnurblut Neugeborener, die Analyse und die Aufbereitung dieses Bluts sowie gegebenenfalls die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen zum Zweck ihrer etwaigen zukünftigen therapeutischen Verwendung umfassen und die nur sicherstellen sollen, dass für den ungewissen Fall, dass eine Heilbehandlung erforderlich wird, ein Behandlungsmittel zur Verfügung steht, an sich aber nicht der Diagnose, Behandlung oder Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen, fallen weder in ihrer Gesamtheit noch einzeln unter den Begriff „Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem oder unter den Begriff „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c derselben Richtlinie. Für die Analyse von Nabelschnurblut gilt dies nur dann nicht, wenn sie tatsächlich dazu dient, eine ärztliche Diagnose zu erstellen, was gegebenenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

2. Der Begriff der mit „Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen … eng verbundene[n] Umsätze“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist so auszulegen, dass er keine Tätigkeiten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfasst, die in der Übersendung eines Sets mit der Ausrüstung zur Entnahme von Nabelschnurblut Neugeborener, der Analyse und der Aufbereitung dieses Bluts sowie gegebenenfalls der Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen zum Zweck einer möglicherweise künftigen therapeutischen Verwendung bestehen, mit der diese Tätigkeiten nur eventuell verbunden sind und die weder stattgefunden noch begonnen hat, noch geplant ist.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Future Health Technologies

Future Health Technologies Ltd

The Commissioners for HM Revenue and Customs

 

Verfahrensgang

VAT and Duties Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 23.02.2009; Abl.EU 2009, Nr. C 102/16)

 

Tatbestand

„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Befreiungen ‐ Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c ‐ Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze ‐ Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden ‐ Entnahme, Analyse und Aufbereitung von Nabelschnurblut ‐Lagerung von Stammzellen ‐ Etwaige zukünftige therapeutische Verwendung ‐ Umsätze, die verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfassen“

In der Rechtssache C-86/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal, Manchester (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 23. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2009, in dem Verfahren

Future Health Technologies Ltd

gegen

The Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Future Health Technologies Ltd, vertreten durch R. Thomas, Barrister,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth und H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von I. Hutton, Barrister,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch O. Patsopoulou, Z. Chatzipavlou und M. Tassopoulou sowie durch M. Apessos als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und M. Afonso als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Future Health Technologies Ltd (im Folgenden: FHT) und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (im Folgenden: Commissioners), der im Vereinigten Königreich für die Erhebung der Mehrwertsteuer zuständigen Behörde, wegen deren Weigerung, entgeltliche Tätigkeiten, die die Übersendung eines Sets zur Entnahme von Nabelschnurblut Neugeborener, die Analyse und die Aufbereitung dieses Bluts sowie gegebenenfalls die Lagerung von in diesem Blut enthaltenen Stammzellen zum Zweck ihrer etwaigen zukünftigen therapeutischen Verwendung umfassen, von der...

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