Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Dauerschulden auf einem bei einer Bank unterhaltenen Kontokorrentkonto können mit Guthaben auf einem anderen Konto bei derselben Bank jedenfalls dann nicht verrechnet werden, wenn das Guthaben infolge langfristiger Festlegung der Mittel z. Z. nicht zur Tilgung der Dauerschulden herangezogen werden kann.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 1, § 12/2/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Saldo eines laufenden Schuldkontos bei der Ermittlung des Gewerbesteuermeßbetrages für 1956 als Dauerschuld im Sinn der §§ 8 Ziff. 1 und 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG zu beurteilen ist.

Die beschwerdeführende OHG betreibt eine Schokoladenfabrik. Sie unterhielt bei einer Großbank ein Bankkonto, das in verschiedene Unterkonten aufgeteilt war. Die Unterkonten 5148 I - V wiesen für mehrere Jahre festgelegte Guthaben und das Unterkonto 5148 ständig einen Schuldsaldo zu Lasten der Bfin. aus. Schulden und Guthaben wurden mit 6 % jährlich verzinst. Die Bank erteilte für jedes Unterkonto getrennte Kontoauszüge, während die Bfin. in ihrer Bilanz jeweils nur den Saldo sämtlicher von ihr unterhaltener Konten auswies.

Im Gewerbesteuermeßbescheid 1956 rechnete das Finanzamt die im Jahr 1956 aufgewendeten Bankzinsen mit einem Betrag von 48.600 DM, bemessen nach dem niedrigsten Saldostand des Kontos 5148 im Jahre 1956, als Dauerschuldzinsen dem Gewerbeertrag an. Den niedrigsten Saldostand während des Jahres 1955 in Höhe von 1.900.000 DM behandelte es bei der Ermittlung des Gewerbekapitals als Dauerschuld. Gegen diese Beurteilung wandte sich die Bfin. mit der Begründung, das Schuldkonto 5148 sei als Unterkonto eines einheitlichen Kontokorrentkontos zu beurteilen. Lediglich aus rechnungstechnischen Gründen sei auf zwei Arten von Konten gebucht worden. Dieses Verfahren habe es der Bank ermöglicht, Guthaben und Schulden einheitlich zu verzinsen. Die Verbuchung einzelner Zahlungsvorgänge auf einem besonderen Unterkonto bedeute nicht die Zuführung neuer Betriebsmittel.

Einspruch und Berufung der Bfin. blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Auch ihre Rb. ist unbegründet.

Die Entscheidung des Streitfalles hängt davon ab, ob die Salden der Konten 5148 I-V und der Saldo des Kontos 5148 als Bestandteile eines einheitlichen Kontokorrentverhältnisses betrachtet werden können. Das Finanzgericht verneinte diese Frage zu Recht.

Zutreffend sah das Finanzgericht in den Vereinbarungen zwischen der Bfin. und der Bank, die der Einrichtung und Führung der einzelnen Konten zugrunde lagen, bürgerlich-rechtlich selbständige Rechtsgeschäfte; denn handelsrechtlich ist, wenn für eine Person mehrere Konten geführt werden, jedes Konto für sich als selbständiges Kontokorrentverhältnis nach § 335 HGB zu betrachten (Schlegelberger, Kommentar zum HGB, § 335 Anmerkung 25 mit weiteren Zitaten). Das gilt besonders für solche Konten, die in die nach § 335 HGB vorausgesetzte Vereinbarung regelmäßiger Verrechnung (Kontokorrentabrede) nicht einbezogen werden. Das trifft für die Unterkonten I-V zu, auf denen die Bfin. langfristige Geldmittel anlegte.

Dem Finanzgericht ist auch darin beizutreten, daß die privatrechtliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen mit dem von den Beteiligten erstrebten wirtschaftlichen Erfolg im Einklang steht. Die Bfin. macht zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs sämtlicher Konten geltend, Kontokorrentvertrag und Darlehnsverträge seien im konkreten Falle nicht ohne einander denkbar. Ob dies in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, mag dahinstehen. Ein solcher Zusammenhang der einzelnen Rechtsgeschäfte lediglich in den für ihr Zustandekommen maßgebenden Beweggründen würde jedenfalls nicht ausreichen, um die auf den einzelnen Konten verbuchten Geschäftsvorfälle wirtschaftlich als Ausfluß eines einheitlichen Kontokorrentverhältnisses erscheinen zu lassen. Eine solche einheitliche Beurteilung hätte mindestens zur Voraussetzung, daß das Guthaben des einen Kontos tatsächlich regelmäßig mit der Schuld auf dem anderen Konto verrechnet worden wäre, so daß der Aufteilung in einzelne Konten nur formale Bedeutung zukäme. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Die Bfin. gibt zu, daß es ihr im wesentlichen darauf angekommen sei, ihre flüssigen Mittel zu einem günstigen Zinssatz anzulegen, andererseits aber auch den laufenden Geldverkehr bei der Bank abzuwickeln. Dieses Ziel konnte aber nur durch die auf besonderen Konten auszuweisende langfristige Festlegung von Geldmitteln erreicht werden, die damit nicht mehr zur regelmäßigen Abdeckung der Schuld herangezogen werden konnten. Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die Bank tatsächlich eine Verrechnung von Guthaben und Schuld vornahm. Eine derartige Verrechnung kann weder aus der Art der Verzinsung noch aus der Tatsache entnommen werden, daß die Bank keine Sicherheiten verlangte. Auf den Streitfall treffen somit die Grundsätze der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 20/42 vom 11. März 1942, RStBl 1942 S. 716, Slg. Bd. 51 S. 255, zu, in der der Reichsfinanzhof die einheitliche Beurteilung mehrerer Konten bei ein und derselben Bank im wesentlichen deshalb ablehnte, weil die mehreren Konten gerade zu dem Zweck geführt wurden, um verschiedene Geschäftsbeziehungen dauernd getrennt voneinander zu behandeln. Eine derartige Trennung war im Streitfalle rechtlich und wirtschaftlich gewollt und vollzogen.

2, Die Bfin. machte im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs der einzelnen Konten weiter geltend, die Bank rechne am Ende der Laufzeit mit ihrer Forderung aus dem Kontokorrentverhältnis gegen die Ansprüche auf Darlehnsrückzahlung auf. Daher seien die Guthaben mit den Schulden nach den Grundsätzen des Urteils des Reichsfinanzhofs VI 707/38 vom 7. Dezember 1938, RStBl 1939 S. 330, rechtlich so eng verbunden, daß sie keine andere Bedeutung als die Deckung der Schuld haben könnten. Auch dieser Einwand geht fehl. Der Reichsfinanzhof wollte eine Saldierung dann zulassen, wenn wirtschaftlich gesehen ein Vorgang vorlag, der der Tilgung der Schuld durch Hinterlegung gleichkam. Ein solcher einer Tilgung der Schuld ähnlicher Vorgang ist hier nicht gegeben; denn die langfristig festgelegten Mittel konnten auf Jahre hinaus rechtlich und wirtschaftlich nicht zur Tilgung des fälligen Kredits verwendet werden. Die bloße Aussicht auf eine später stattfindende Verrechnung kann nicht als hinterlegungsähnliche Erfüllung angesehen werden. Eine in späteren Jahren etwa erklärte Aufrechnung wäre nicht geeignet, die einmal eingetretene Kapitalverstärkung mit Wirkung für die Vergangenheit wieder zu beseitigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410538

BStBl III 1962, 540

BFHE 1963, 751

BFHE 75, 751

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