Leitsatz (amtlich)

Erwirbt ein Kaufmann Anteile an einer Kapitalgesellschaft, um diese zu liquidieren und dadurch einen Konkurrenten auszuschalten, und zahlt er einen Preis, der über dem Wert der Anteile einer Liquidationsgesellschaft liegt, so macht er Aufwendungen zur Verbesserung des eigenen Geschäftswerts, die nicht aktiviert werden dürfen.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1; HGB §§ 6, 38; GmbHG § 13 Abs. 3; AktG § 133 Nr. 5

 

Tatbestand

Die R-GmbH war im Streitjahr 1963 Organgesellschaft der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, die Schuhe herstellt. Sie erwarb durch Verträge vom 12. und 14. Juni 1963 die Mehrheit der Aktien der H-AG.

Die H-AG stellt ebenfalls Schuhwaren her. Sie hatte seit Jahren mit Verlust gearbeitet. Im Juli 1963 wurden wesentliche Teile der Produktion eingestellt. Die Betriebsgebäude sowie ein Teil der Maschinen und Einrichtungsgegenstände wurden im September 1963 verkauft. In der Hauptversammlung vom 14. Mai 1964 wurde die Liquidation der Gesellschaft zum 30. Juni 1964 beschlossen. Sie war im November 1966 beendet.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1963 nahm die R-GmbH eine. Teilwertabschreibung auf die erworbenen Aktien der H-AG in Höhe von 75 v. H. der Anschaffungskosten vor und setzte unter Berücksichtigung einer Liquidationsquote von 25 v. H. noch einen Betrag von ... DM an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) war der Ansicht, bei dem Erwerb der Aktien der H-AG habe es sich um den Erwerb eines Konkurrenzunternehmens zwecks Stillegung gehandelt. Daraus schloß das FA, daß ein Geschäftswert von 500 000 DM in der Bilanz der R-GmbH zu aktivieren sei. Die Aktivierung wirkte sich infolge des Organschaftsverhältnisses zwischen der R-GmbH und der Klägerin steuerrechtlich bei der Klägerin aus.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA hielt allerdings an der Aktivierung eines Geschäftswerts nicht fest, sondern verlangte die Aktivierung eines immateriellen Einzelwirtschaftsguts.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die R-GmbH habe die Aktien der HAG nicht gekauft, um das Unternehmen der H-AG weiterzuführen, sondern um die H-AG zu liquidieren. Die R-GmbH habe daher mit dem Kaufpreis nicht den Liquidationswert der H-AG bezahlt, der nach einem vom FG beigezogenen Gutachten ... DM betragen habe. Sie habe sich vielmehr einen lästigen Konkurrenten vom Hals schaffen wollen und sei bereit gewesen, für die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile einen Preis zu zahlen. Diese Vorteile stellten steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut dar, das zu aktivieren sei und dessen Bewertung mit 500 000 DM sicher nicht zu hoch gegriffen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der gerügt wird, das Urteil des FG entspreche nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Sachverhalts. Im Streitfall sei kein Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Die von der R-GmbH erlangten Vorteile seien rechtlich nicht abgesichert gewesen und müßten sich daher früher oder später verflüchtigen. Für die Abschreibung eines eventuell zu aktivierenden immateriellen Wirtschaftsguts sei ein Abschreibungszeitraum von fünf Jahren anzunehmen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig. Der Revisionsantrag der Klägerin läßt offen, in welcher Höhe die Klägerin Herabsetzung der Körperschaftsteuer begehrt. Den Ausführungen in der Revisionsbegründung ist jedoch zu entnehmen, daß die Klägerin ihre Anträge im Verfahren vor dem FG wiederholen wird. Dort beantragte sie in erster Linie den Wegfall der Aktivierung eines immateriellen Wirtschaftsguts in Höhe von 500 000 DM und eine dadurch bewirkte Herabsetzung der Körperschaftsteuer, in zweiter Linie - für den Fall, daß ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut vorliegt - die Abschreibung des Wirtschaftsguts innerhalb von fünf Jahren und eine dadurch bewirkte Herabsetzung der Körperschaftsteuer auf 580 230 DM.

2. Die Revision ist im Hauptantrag begründet. Die Aktivierung eines selbständigen immateriellen Wirtschaftsguts in Höhe von 500 000 DM entbehrt der rechtlichen Grundlage (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 5 EStG, §§ 6, 38 HGB, § 133 Nr. 5 AktG 1937).

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), hat die R-GmbH die Aktien der H-AG gekauft, um das Unternehmen der H-AG zu liquidieren und auf diese Weise einen lästigen Konkurrenten auszuschalten. Diese tatsächlichen Feststellungen lassen nicht den rechtlichen Schluß zu, die R-GmbH habe damit ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut erworben. Die Vorteile, die die R-GmbH mit der Ausschaltung der H-AG anstrebte, sind unbestimmt. Sie können in ihrer Bedeutung für die R-GmbH nicht genau umrissen werden. Das FG selbst sagt, daß die wirtschaftlichen Vorteile der Ausschaltung der H-AG für die R-GmbH "im Dunkeln" liegen. Daher fehlt es an einem Vorteil, der bei der Bewertung des Unternehmens der R-GmbH als Einzelheit feststellbar ("greifbar") wäre, und damit an einem selbständig bewertbaren Wirtschaftsgut (Urteil des BFH vom 18. Juni 1975 I R 24/73, BFHE 116, 474, BStBl II 1975, 809).

Die Beseitigung eines am Markt störenden Unternehmens mochte geeignet sein, die Gewinnchancen der R-GmbH im ganzen zu erhöhen. Dieser Vorteil geht jedoch auf in dem allgemeinen Geschäftswert der R-GmbH (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 1971 I R 52/71, BFHE 103, 187, BStBl II. 1972, 34). Er kann auch nicht einem unbefristeten Wettbewerbsverbot gleichgestellt werden. Denn bei diesem handelt es sich um ein selbständiges Recht (§ 241 BGB), das zusammen mit dem Unternehmen veräußert werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13).

3. Die Aufwendungen der R-GmbH für den Geschäftswert dürfen nicht aktiviert werden. Für den Geschäftswert darf nach den im Streitjahr 1963 geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes 1937 ein Aktivposten nur angesetzt werden, wenn die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens übersteigt (§ 133 Nr. 5 AktG 1937). Diese Vorschrift enthält einen Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung und gilt daher auch für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 5 EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG; BFH-Urteil vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553).

Die Voraussetzungen für eine Aktivierung eines Geschäftswerts sind im Streitfall nicht erfüllt. Die R-GmbH hat keinen fremden Geschäftswert, zusammen mit einem fremden Unternehmen erworben, sie hat vielmehr durch den Erwerb der Aktien der H-AG zu einem Preis, der den Wert von Aktien einer zur Liquidation bestimmten Gesellschaft übersteigen mochte, Aufwendungen zur Verbesserung des eigenen Geschäftswerts gemacht (Urteil des RFH vom 26. November 1930 VI A 814/30, Steuer und Wirtschaft II 1931 Nr. 83). Diese unterliegen dem Aktivierungsverbot nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, wie sie in § 133 Nr. 5 AktG 1937 ihren Ausdruck gefunden haben.

Da die Klägerin mit ihrem Hauptantrag durchdringt, erübrigt sich ein Eingehen auf den Hilfsantrag.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71868

BStBl II 1976, 475

BFHE 1976, 456

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