Leitsatz (amtlich)

In dem Antrag auf Gewährung von Investitionszulage nach § 19 BerlinFG sind die einzelnen Wirtschaftsgüter so zu bezeichnen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist; die bloße Bezeichnung "Anzahlungen" genügt nicht.

 

Normenkette

BerlinFG § 19 Abs. 3-4

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der A-GmbH & Co. KG (im folgenden KG genannt).

Die KG bestellte Ende 1973 bei der Z-AG Maschinen und Geräte. Auf den Kaufpreis zahlte sie durch Hingabe von 25 Wechseln ... 400 000 DM insgesamt 10 Mio. DM an. Für diese Zahlungen beantragte die KG beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die Gewährung von Investitionszulagen. In dem von der KG verwendeten amtlichen Antragsvordruck ist auf Seite 1 unter der Rubrik "Genaue Bezeichnung der Wirtschaftsgüter" lediglich "Anzahlungen" angegeben. Im übrigen enthält der Antrag u. a. Name und Anschrift der KG (Antragstellerin) sowie die Angabe, daß eine Investitionszulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) beantragt werde.

Das FA lehnte die Gewährung der beantragten Investitionszulagen ab. Zur Begründung verwies es auf das Ergebnis einer Sonderprüfung, nach dem die geltend gemachten Zahlungen der Z-AG nicht in 1973 zugeflossen seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Klage war ebenfalls erfolglos. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) war sie schon deshalb unbegründet, weil kein ordnungsmäßiger Antrag vorgelegen habe. Die von der KG gewählte Bezeichnung "Anzahlungen" lasse keinen Rückschluß darauf zu, welche Wirtschaftsgüter von ihr bestellt worden seien. Damit fehle es an der erforderlichen hinreichenden Konkretisierung.

Die KG könne sich auch nicht darauf berufen, daß der Beklagte für "Anzahlungen" der Jahre 1971 und 1972 in Höhe von 14,6 Mio. DM und 15,6 Mio. DM Investitionszulagen gewährt habe, ohne daß die Wirtschaftsgüter, für die die Zahlungen geleistet worden seien, in den Zulageanträgen bezeichnet worden seien.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie macht im wesentlichen folgendes geltend:

Entgegen der Auffassung des FG seien die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Juli 1976 III R 158/73 (BFHE 119, 543, BStBl II 1976, 757) auch auf den Geltungsbereich des Berlinförderungsgesetzes zu übertragen.

Die Klägerin ist ferner der Ansicht, daß jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes von der formalen Rechtmäßigkeit des Antrages auszugehen sei. Das FA habe nämlich den vergleichbaren Inhalt der Anträge im Jahre 1971 und 1972 nicht beanstandet. Dementsprechend sei das FA verpflichtet gewesen, die KG auf die nunmehr geltend gemachten Antragserfordernisse hinzuweisen. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 12. November 1976 III R 13/76 (BFHE 121, 273).

Im übrigen vertritt die Klägerin die Auffassung, daß die Neuregelung der Antragserfordernisse in Tz. 69 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 5. Mai 1977 IV B 2 - S 1988 - 150/77 (BStBl I 1977, 246) auch im Streitfall anzuwenden sei. Danach genüge es, wenn der Antrag den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie die Art der beantragten Investitionszulage enthalte.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der dem Revisionsverfahren beigetretene BdF ist ebenfalls der Auffassung, daß im Streitfall ein rechtswirksamer Zulageantrag für das Jahr 1973 nicht vorliege. Dabei geht er davon aus, daß die Neuregelung über die an einen rechtswirksamen Antrag zu stellenden Anforderungen im BdF-Schreiben vom 5. Mai 1977 IV B 2 - S 1988 - 150/77 (a. a. O.) im Streitfall noch keine Anwendung finden könne. Nach Ansicht des BdF kann die Neuregelung erst für Anträge gelten, die nach der Veröffentlichung des BFH-Urteils III R 158/73 zu stellen waren. Eine rückwirkende Anwendung der Neuregelung müsse insbesondere schon deshalb ausscheiden, weil die Entscheidung III R 158/73 zu § 1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) ergangen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. insbesondere Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 305/67, BFHE 92, 402, BStBl II 1968, 572) sind im Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage die Wirtschaftsgüter, für die Investitionszulage begehrt wird, so zu bezeichnen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist. Diese Grundsätze, an denen der Senat festhält, gelten auch in den Fällen, in denen Investitionszulage für aufgewendete Anzahlungen auf Anschaffungskosten (§ 19 Abs. 3 BerlinFG) begehrt wird.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 2. Juni 1978 III R 48/77 (BFHE 125, 243, BStBl II 1978, 475) dargelegt, daß § 19 Abs. 3 BerlinFG keinen selbständigen Begünstigungstatbestand neben § 19 Abs. 1 BerlinFG darstellt. Die Investitionszulage auf Anzahlungen ist lediglich als eine (teilweise) Vorwegnahme der bei der späteren Anschaffung entstehenden Investitionszulage anzusehen. Der Anschaffungsgegenstand muß bereits im Zeitpunkt der Vorauszahlung im einzelnen bestimmt sein (BFH-Urteil III R 48/77). Dies erfordert, daß im Investitionszulageantrag die Wirtschaftsgüter, auf deren Anschaffungskosten Anzahlungen geleistet worden sind, so bezeichnet werden, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist. Die bloße Angabe, daß Investitionszulage für "Anzahlungen" begehrt werde, genügt nicht.

2. Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung nicht mit Erfolg auf das Urteil III R 158/73 berufen, und zwar insbesondere schon deshalb nicht, weil die Grundsätze dieser Entscheidung nicht auf die Regelung des § 19 BerlinFG übertragen werden können. Das Urteil ist zu § 1 InvZulG ergangen, der sich bereits seinem Wortlaut nach von § 19 Abs. 1 BerlinFG unterscheidet.

Ebensowenig ist der Einwand der Klägerin begründet, Tz. 69 des BdF-Schreibens vom 5. Mai 1977 IV B 2 - S 1988 - 150/77 (a. a. O.) sei im Streitfall anzuwenden. Diese Verwaltungsanweisung könnte allenfalls als Anpassungsregelung verstanden werden. Als solche könnte sie nur Wirkung für die Zukunft haben. Auf Anträge, die bereits im Jahr 1974 eingereicht worden sind, ist sie jedenfalls nicht anzuwenden.

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt im Streitfall kein Verhalten des FA vor, das es rechtfertigen würde, die Grundsätze von Treu und Glauben anzuwenden.

Das FG hat in seiner Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, daß die Einhaltung der Verfahrensvorschriften vom FA bei jedem Antrag erneut zu prüfen sei, ein früheres entgegengesetztes Verhalten allenfalls Bindungswirkung für die Vergangenheit, nicht aber für die Zukunft auslösen könne.

Das FA war ferner nicht verpflichtet, die KG auf die formellen Mängel des Zulageantrags hinzuweisen. Der Senat kann unerörtert lassen, ob allgemein eine derartige Verpflichtung bestehen kann. Im Streitfall bestand sie jedenfalls deshalb nicht, weil der Antrag erst am Mittwoch, dem 27. März 1974, beim FA einging. Diesem war es aber insbesondere im Hinblick auf die gerade Ende März eines jeden Jahres eingehende Vielzahl von Investitionszulageanträgen nicht zumutbar, den Antrag der KG innerhalb von höchstens zwei Tagen, nämlich bis spätestens Freitag, den 29. März 1974, dahin gehend zu überprüfen, ob er sämtliche formellen Voraussetzungen erfüllt, und die KG noch so rechtzeitig über etwaige Mängel zu unterrichten, daß der Antrag bis spätestens Montag, den 1. April 1974, im erforderlichen Umfang ergänzt und beim FA eingereicht werden konnte.

Ebensowenig sind die Grundsätze der Entscheidung III R 13/76 im Streitfall anwendbar. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall konnte die Steuerpflichtige auf Grund des Verhaltens des damaligen FA davon ausgehen, daß dieses die beantragte Investitionszulage gewähren würde. Im Streitfall dagegen wurde ein derartiger Vertrauenstatbestand nicht geschaffen. Das FA hatte zu keinem Zeitpunkt der KG gegenüber zu erkennen gegeben, daß es den von dieser geltend gemachten Anspruch für sachlich gerechtfertigt halte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73126

BStBl II 1979, 450

BFHE 1979, 486

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