Leitsatz (amtlich)

Die sog. direkte Methode zur Berechnung des Geschäftswertes kann neben den Einzelfaktoren der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens ein brauchbares Hilfsmittel für die Entscheidung sein, ob der Teilwert eines derivativ erworbenen aktivierten Geschäftswertes gesunken und deshalb eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Nrn. 1-2; AktG § 153 Abs. 5

 

Tatbestand

Für den Veranlagungszeitraum 1969 ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine OHG, (Klägerin) auf den 1956 erworbenen aktivierten Geschäftswert von 27 000 DM eine Teilwertabschreibung von 9 000 DM vornehmen kann.

Die beiden Gesellschafter der Klägerin, F und seine Ehefrau E, erwarben am 30. Juni 1956 den S-Betrieb A F - OHG (Klägerin) und führten die Firma als OHG fort.

Die beiden Gesellschafter sind seit dem Erwerb voll im Unternehmen tätig. F leitet das Unternehmen kaufmännisch, seine Ehefrau E ist für den Wareneinkauf, die Warenherstellung, die Sortierung und Lagerung der Vorräte verantwortlich.

Die Gesellschafter der Klägerin zahlten für den Erwerb des Unternehmens 35 000 DM. In der Eröffnungsbilanz auf den 1. Juli 1956 wurde ein Geschäftswert von 27 000 DM ausgewiesen. Um diesen Betrag überstieg der Kaufpreis den Substanzwert (Überschuß des Wertes der Besitzposten über die Schulden) des Unternehmens. Den Geschäftswert führte die Klägerin unverändert bis zum 31. Dezember 1968 fort. In der Bilanz zum 31. Dezember 1969 nahm sie auf den Geschäftswert eine Teilwertabschreibung von 9 000 DM vor.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) erkannte die Teilwertabschreibung nicht an, weil diese der bisherigen Rechtsprechung des BFH widerspreche. Mit der Sprungklage trug die Klägerin vor, die Teilwertabschreibung sei berechtigt, weil ein Geschäftswert nicht mehr vorhanden sei. Dies zeige sich darin, daß aus dem Unternehmen, in dem beide Gesellschafter voll tätig seien, eine angemessene Kapitalverzinsung und ein hinreichender Unternehmerlohn nicht erwirtschaftet werden könnten.

Das FG hielt die Sprungklage für begründet und führte im wesentlichen aus:

Die Klägerin habe beim Erwerb des Unternehmens 27 000 DM für einen vom Veräußerer geschaffenen Geschäftswert gezahlt. Dieser Betrag stelle den den Teilwert der übernommenen Wirtschaftsgüter übersteigenden Wert dar. Diesen erworbenen (derivativen) Geschäftswert habe die Klägerin folgerichtig als immaterielles Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten aktiviert. Die Klägerin sei aber berechtigt, auf diesen Geschäftswert eine Teilwertabschreibung in der beantragten Höhe vorzunehmen, da eine nachhaltige Wertminderung festzustellen sei. Die Berechnung des Geschäftswertes ergäbe nämlich, daß dessen Teilwert zum 31. Dezember 1969 mindestens um 9 000 DM niedriger gewesen sei als der vom FA angenommene Wert. Der Geschäftswert müsse für Zwecke der Teilwertabschreibung nach § 217 AO geschätzt werden. Zu diesem Zweck habe die Rechtsprechung verschiedene Berechnungsmethoden entwickelt. Dabei sei derjenigen Methode der Vorzug zu geben, die die Eigenarten des Jeweiligen Unternehmens am besten berücksichtige. Die sogenannte indirekte Methode zur Bestimmung des Geschäftswertes sei für das Unternehmen der Klägerin untauglich. Nach dieser Methode, deren Mängel der II. Senat des BFH im Urteil vom 16. Juni 1970 II 95 - 96/64 (BFHE 99, 413, BStBl II 1970, 690) dargelegt habe, ergebe sich folgende Berechnung des Geschäftswertes:

Nachhaltig erzielbarer Gewinn nach dem

Durchschnitt der letzten fünf Jahre = 36 500 DM

Kapitalisierter Wert des Unternehmens bei

einer Normalverzinsung von 10 v. H.: 36 500 x 10 = 365 000 DM

./. buchmäßiges Betriebsvermögen 39 000 DM

= innerer Wert des Unternehmens 326 000 DM

Abschlag von 50 v. H. zur Abgeltung von

Risiken und Fehlerquellen 163 000 DM

verbleibt als geschätzter Geschäftswert 163 000 DM

Dieses Ergebnis folge daraus, daß die Erträge auf der Arbeitsleistung der beiden Unternehmer beruhten und in keinem Verhältnis zum eingesetzten Kapital stünden. Der Substanzwert des Unternehmens habe nur 4 000 DM betragen, dazu seien 35 000 DM Warenvorräte gekommen. Kein Kaufmann wäre bereit, für das Unternehmen der Klägerin den nach der indirekten Methode errechneten Geschäftswert zu zahlen. Arbeitsintensive Kleinbetriebe, wie der der Klägerin, in denen der Gewinn in erster Linie durch die kaufmännische Leitung und die technische Mitarbeit der Unternehmer erwirtschaftet werde, besäßen nur in Ausnahmefällen einen Firmenwert. Das beweise die Berechnung des Geschäftswertes nach der direkten Methode. Diese Methode trage der persönlichen, den Geschäftserfolg wesentlich mitbestimmenden Arbeit der beiden Mitunternehmer Rechnung. Sie kapitalisiere den sogenannten Übergewinn, d. h. den Gewinn, der über die normale Verzinsung des bilanzmäßig erfaßten Kapitals und den Unternehmerlohn hinausgehe. An diese Berechnungsmethode knüpfe sich die Erwartung, daß ein Erwerber bereit sein werde, für die Ertragsaussichten eines Unternehmens, das eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals und den Unternehmerlohn erwirtschafte, ein gewisses Entgelt für den Geschäftswert zu zahlen. Die direkte Methode führe im Streitfall zu folgendem Ergebnis:

Kapital 39 000 DM

Verzinsung des Kapitals mit 10 v. H = 3 900 DM

angemessener Unternehmerlohn für

die beiden persönlich mitarbeitenden

Gesellschafter mindestens 33 000 DM 36 900 DM

durchschnittlicher nachhaltig

erzielbarer Gewinn 36 500 DM

Geschäftswert ./. 400 DM

Daß der erworbene Geschäftswert nicht mehr den ursprünglichen Wert haben könne, ergebe sich außerdem aus den seit 1956 geänderten betrieblichen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Das betriebliche Anlagevermögen der Klägerin habe sich gegenüber 1956 quantitativ und qualitativ erheblich verringert. Es habe nach der Eröffnungsbilanz vom 1. Juli 1956 10 875 DM und nach der Bilanz zum 31. Dezember 1969 nur noch 3 025 DM betragen. Das Anlagevermögen sei auch völlig veraltet.

Hinzu komme, daß im Streitjahr die Bereitschaft, einen derartigen Betrieb zu übernehmen und fortzuführen, durch die Änderung der sozialen Verhältnisse nicht mehr in dem Maße vorhanden gewesen sei wie 1956. Für einen Betrieb, bei dem die Gewinnaussichten nur durch den vollen persönlichen Einsatz des Unternehmers verwirklicht werden könnten und die Gewinne nicht höher seien als das Gehalt in einem Angestelltenverhältnis bei gleicher Tätigkeit, hätten im Jahre 1969 keine Verkaufsaussichten mehr bestanden.

Mit der Revision beantragt das FA, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen. Das FA rügt die Verletzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Es trägt vor, für die Ermittlung des Geschäftswertes stellten sowohl die indirekte als auch die direkte Berechnungsmethode Schätzungsverfahren dar. Eine Schätzung müsse aber auf Fälle beschränkt werden, in denen eine Ungewißheit gegeben sei. Infolgedessen könne die Schätzung eines Geschäftswertes nur in Betracht kommen, wenn seine konkrete Höhe nicht bekannt sei. Eine Schätzung sei nicht erforderlich, wenn anläßlich des Erwerbes eines Unternehmens ein bestimmter oder bestimmbarer Betrag für den Geschäftswert aufgewendet worden sei. Für die Bemessung eines niedrigeren Teilwertes des Geschäftswertes erwiesen sich die beiden genannten Berechnungsmethoden als wenig brauchbar. Eine Teilwertabschreibung sei erst dann zulässig, wenn der Geschäftswert im Abschreibungszeitraum nachweisbar unter die Anschaffungskosten gesunken sei und diese Entwertung nachhaltig erscheine. Eine dauernde Minderung des Geschäftswertes könne durch rückläufige Geschäftsentwicklung oder infolge einer Fehlmaßnahme durch Überzahlung des Erwerbers aufgrund falscher Angaben oder infolge eigenen Irrtums entstehen. Beide Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht erfüllt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Aufgrund seiner unangefochtenen Feststellungen ging das FG davon aus, daß die Klägerin in der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1956 mit Recht einen erworbenen Geschäftswert von 27 000 DM aktiviert hat, weil diese Summe den den Teilwert der übernommenen Wirtschaftsgüter übersteigenden Teilbetrag des Kaufpreises dargestellt hatte. Dieser rechtliche Ausgangspunkt der Vorentscheidung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des BFH stellt der Geschäftswert den von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers losgelösten und im Wirtschaftsleben anerkannten Mehrwert dar, der einem Unternehmen als solchem über die Werte der aktivierten Wirtschaftsgüter (abzüglich der Schulden) hinaus innewohnt (vgl. Urteil des RG vom 11. September 1941 II 76/41, RGZ 167, 260; BFH-Urteile vom 10. November 1960 IV 62/60 U, BFHE 72, 251, BStBl III 1961, 95 und vom 5. August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804). Für den Erwerb dieses Mehrwertes hat die Klägerin Anschaffungskosten von 27 000 DM aufgewendet, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu aktivieren waren.

Da nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG - im Gegensatz zu § 153 Abs. 5 AktG 1965 - Absetzungen für Abnutzungen (lineare Abschreibungen) auf den Geschäftswert nicht zulässig sind, kann der für einen erworbenen Geschäftswert gezahlte und aktivierte Betrag nach derselben Bestimmung nur auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut, hier also den Geschäftswert, aufwenden würde, wenn er den Betrieb fortführen wollte (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Es gilt zunächst die dem Gesetz zugrunde liegende Vermutung, daß sich der Teilwert von Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterliegen, mit den tatsächlichen Anschaffungskosten deckt. Diese Vermutung ist aber durch den Nachweis widerlegbar, daß sich entweder die Zahlung als eine Fehlmaßnahme erwiesen hat oder der Wert des betreffenden Wirtschaftsgutes unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Betrag gesunken ist bzw. das Wirtschaftsgut überhaupt nicht mehr vorhanden ist (BFH-Urteile vom 18. Januar 1967 I 77/64, BFHE 88, 198, BStBl III 1967, 334, und vom 2. Februar 1972 I R 96/70, BFHE 104, 442, BStBl II 1972, 381). Dabei ist jedoch beim Teilwert des derivativ erworbenen aktivierten Geschäftswertes besonders zu beachten, daß der Geschäftswert als einheitliches Wirtschaftsgut zu verstehen ist, das im ganzen zu bewerten ist und das nicht in seine Komponenten, insbesondere nicht in einen erworbenen, sich allmählich verflüchtigenden Wert einerseits und einen vom Unternehmen neugeschaffenen, nicht aktivierungsfähigen Wert andererseits zerlegt werden kann (vgl. BFH-Urteile I R 96/70 und vom 13. September 1973 IV R 5/70, BFHE 110, 280, BStBl II 1973, 846). Eine Teilwertabschreibung des aktivierten Geschäftswertes ist also nur zulässig, wenn er in seiner Gesamtheit einschließlich seiner zwischenzeitlich angewachsenen originären Bestandteile gesunken ist.

Das Vorliegen einer Fehlmaßnahme kann im Streitfall außer Betracht bleiben, da eine solche weder behauptet wurde noch irgendwelche Umstände darauf hinweisen. Das FG hat die Zulässigkeit der begehrten Teilwertabschreibung 13 Jahre nach der erstmaligen Aktivierung damit begründet, daß der Geschäftswert zum 31. Dezember 1969 gegenüber dem Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung am 1. Juli 1956 um mindestens 9 000 DM im Werte gesunken sei. Diese Feststellung stützt es in erster Linie auf das Ergebnis der sogenannten direkten Methode zur Berechnung des Geschäftswertes, nach der ein solcher Wert zum 31. Dezember 1969 nicht mehr vorhanden war.

2. Gegen die Auswertung des Ergebnisses der sogenannten direkten Berechnungsmethode bestehen im Streitfall und in anderen derartigen Fällen keine Bedenken, wenn die unter Abschn. II 3 noch darzulegenden Einschränkungen hinsichtlich der Beweiskraft einer solchen Kalkulation beachtet werden. Die Methode, die heute eine der im Wirtschaftsleben gebräuchlichen Methoden zur Berechnung des Geschäftswertes darstellt (vgl. u. a. Kolbe, Theorie und Praxis des Gesamtwertes und Geschäftswertes der Unternehmung, 3. Aufl. 1967 S. 15 ff. und Maaßen, FR 1976, 315 ff.), geht davon aus, daß ein Geschäftswert nur vorhanden ist, wenn nachhaltig ein die normale Verzinsung des eingesetzten Kapitals und den kalkulatorischen Unternehmerlohn übersteigender Gewinn, ein sogenannter Übergewinn, erzielt werden kann. So hat auch der BGH in den Urteilen vom 13. Januar 1960 IV ZR 235/59 (MDR 1960, 387) und vom 6. Dezember 1961 IV ZR 116/61 (BB 1962, 155) den Geschäftswert verstanden.

Die direkte Berechnungsmethode beruht nach Auffassung des Senats auf der richtigen Annahme, daß in der Regel einem Unternehmen im Falle seiner Veräußerung vom Erwerber ein Geschäftswert nur dann zugebilligt wird, wenn die zu erwartenden Erträge höher liegen als die Summe aus angemessenem Unternehmerlohn und normaler Verzinsung des angesetzten Kapitals. Wenn also ein Unternehmer nachhaltig keinen höheren Ertrag erwirtschaften kann als den ihm angemessenen Unternehmerlohn, den er bei derselben Tätigkeit auch als Angestellter erhalten würde, scheidet der Ansatz eines Geschäftswertes in aller Regel aus. In diesen Fällen legt die direkte Berechnungsmethode nicht nur in ihrem Ergebnis, sondern ebenso durch die Notwendigkeit des Ansatzes genau geschätzter Werte bei der Kapitalverzinsung und beim Unternehmerlohn durch einen Zahlenvergleich offen, daß ein Geschäftswert als Mehrwert im dargelegten Sinne kaum vorhanden sein kann. Das wird vor allem bei kleineren Gewerbebetrieben zutreffen, deren Gewinn nicht so sehr durch den Kapitaleinsatz, sondern weitgehend oder sogar ausschließlich durch die persönliche Arbeitsleistung des Unternehmers erwirtschaftet wird. In diesen Fällen wird die direkte Berechnungsmethode aus den angeführten Gründen oft zu dem Ergebnis führen, daß ein "von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers losgelöster, dem Unternehmen als solchem innewohnender, im Geschäftsleben als Wirtschaftsgut anerkannter Wert" (vgl. BFH-Urteil IV 62/60 U), der eine besondere Gewinnchance ausdrücken soll, nicht angesetzt werden kann. Der BFH hat schon in diesem Urteil IV 62/60 U hervorgehoben, daß bei einem auf die persönliche Tätigkeit und Tüchtigkeit des Unternehmers abgestellten Betrieb im allgemeinen das Vorliegen eines Geschäftswertes nur dann angenommen werden kann, wenn neben diesen persönlichen Eigenschaften und Leistungen besondere, dem Unternehmen als wirtschaftlich selbständigem Organismus anhaftende Umstände festgestellt werden können.

3. Ob die direkte Berechnungsmethode ohne Rücksicht auf die unterschiedliche Struktur und Größe der Unternehmen stets zu verwertbaren Ergebnissen führt, kann dahinstehen. In Fällen der vorliegenden Art stellt sie jedenfalls ein brauchbares Hilfsmittel für die Entscheidung der Frage dar, ob und in welcher Höhe in etwa ein Geschäftswert noch vorhanden ist. Dabei ist jedoch zu beachten, daß es sich bei derartigen Berechnungsmethoden im Grunde um Schätzungen nach erarbeiteten Faustregeln handelt, deren Ergebnisse für sich allein keinen echten Nachweis für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des betreffenden Geschäftswertes darstellen können. Es wäre also nicht richtig, die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung des Geschäftswertes stets dann zu bejahen, wenn die direkte Methode einen niedrigeren als den in der Bilanz aktivierten Wert ergibt. Der BFH hat wiederholt betont, daß es sich bei derartigen Methoden zur Kalkulation eines Geschäftswertes um Verfahren pauschaler Art handelt, die nur annäherungsweise ergeben können, ob und in welcher Größenordnung ungefähr ein Geschäftswert angenommen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1972 I R 146/70, BFHE 107, 118 [123], BStBl II 1972, 937). Auch der direkten Berechnungsmethode ist vor allem die Funktion einer Kontrollrechnung zuzuweisen, die nur das bestätigen und in Zahlen ausdrücken kann, was sich aus den Einzelfaktoren der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung erkennen läßt. Zu diesen Einzelfaktoren der wirtschaftlichen Entwicklung gehört vor allem die Entwicklung der Rentabilität des Unternehmens.

Daraus ergibt sich, daß in den Fällen, in denen aufgrund eines entgeltlichen Erwerbs mit Recht die Anschaffungskosten für einen Geschäftswert aktiviert wurden, durch das Resultat der direkten Berechnungsmethode allein eine Teilwertabschreibung nicht begründet werden kann. Wie eingangs ausgeführt wurde, muß zunächst davon ausgegangen werden, daß- wenn eine Fehlmaßnahme ausscheidet - in Höhe der aufgewendeten und aktivierten Anschaffungskosten zumindest für den damaligen Zeitpunkt - unabhängig von allen Berechnungsmethoden und ihren etwaigen Ergebnissen - ein Geschäftswert tatsächlich vorhanden war. Es müssen sich daher aus der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens seit diesem Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung eindeutige Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der aktivierte und tatsächlich vorhandene Geschäftswert durch die Minderung aller oder einzelner geschäftswertbildender Faktoren insgesamt gesunken ist. Erst wenn bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens solche Anhaltspunkte festgestellt werden können, kann die zusätzliche Auswertung der Berechnung des Geschäftswertes nach der direkten Methode zu dem Ergebnis führen, daß der Geschäftswert auf einen bestimmten Teilwert gesunken oder überhaupt nicht mehr vorhanden und deshalb eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt ist.

4. Das FG ist im wesentlichen von den dargelegten Grundsätzen ausgegangen. Es hat zwar das Ergebnis der direkten Berechnungsmethode als Begründung der Teilwertabschreibung in den Vordergrund gestellt. Es hat aber andererseits auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt berücksichtigt, für die es zutreffend das quantitative und qualitative Absinken des Anlagevermögens des Betriebes und daneben auch die Änderung der sozialen Verhältnisse seit 1956 als wichtige Anhaltspunkte herangezogen hat. Soweit das FG es unterlassen hat, vor allem die Entwicklung der Rentabilität des Unternehmens als wesentlichen geschäftswertbildenden Faktor in die Prüfung einzubeziehen, führt dies deshalb nicht zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil diese Prüfung anhand der bekannten Fakten vom erkennenden Senat selbst noch nachgeholt werden kann und im Ergebnis die Vorentscheidung bestätigt.

Die Entwicklung der Gewinne zeigt - im Gegensatz zur Meinung des FA - bei einer Gesamtbetrachtung schon nominal keine steigende Tendenz, wenn man dem Durchschnittsgewinn der letzten fünf Jahre den Durchschnittsgewinn der fünf vorausgegangenen Jahre gegenüberstellt. Die Entwicklung der Gewinne ist aber auf jeden Fall hinter der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeblieben, wenn man bei ihr die allgemeine Preisentwicklung und die Einkommensentwicklung dieser Jahre im besonderen berücksichtigt. Nach dem amtlichen statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland ist der Preisindex für die Lebenshaltungskosten von 1956 bis 1969 von 89 auf 119 gestiegen, wenn für 1962 die Indexzahl 100 angesetzt wird (a. a. O., Band 1970 "Internationale Übersichten" S. 104/105). Für denselben Zeitraum ist die Bruttolohnsumme je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer von 4 740 DM auf 11 928 DM gestiegen (a. a. O., Band 1969 S. 496, Band 1970 S. 490).

Es liegen danach eindeutige Anhaltspunkte dafür vor, daß der aktivierte Geschäftswert von 27 000 DM durch die Minderung wesentlicher geschäftswertbildender Faktoren insgesamt gesunken ist. Die Richtigkeit dieser Anhaltspunkte findet durch die Auswertung der direkten Berechnungsmethode ihre Bestätigung. Die Berechnung des FG ist zumindest in ihrem Ergebnis nicht zu beanstanden. Wenn das FG für das eingesetzte Kapital den Buchwert und nicht den Teilwert angesetzt hat, so ist das zwar nicht richtig (vgl. BFH-Urteil vom 7. Oktober 1970 I R 1/68, BFHE 100, 245, BStBl II 1971, 69), wirkt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht wesentlich aus, da sich das Kapital in der Hauptsache aus dem Warenlager errechnet. Der angesetzte angemessene Unternehmerlohn von 33 000 DM für die beiden voll mitarbeitenden Mitunternehmer stellt einen Mindestbetrag dar, der allenfalls erhöht werden müßte und deshalb das entscheidende Gesamtergebnis nicht beeinflußt, daß ein positiver Geschäftswert nicht vorhanden ist. Es bestehen auch keine Bedenken, daß das FG den durchschnittlich nachhaltig erzielbaren Jahresgewinn aus dem Durchschnitt der Gewinne der letzten fünf Jahre errechnet hat.

Gegen die Auswertung des Ergebnisses der direkten Berechnungsmethode kann das FA im vorliegenden Fall nicht einwenden, daß die indirekte Methode zum gegenteiligen Ergebnis führe. Die auf Leissle zurückgehende indirekte Berechnungsmethode (vgl. StuW 1953, 642 ff.), die das FG zum Vergleich herangezogen hat (allerdings wiederum unter Ansatz des Buchwertes anstelle des Teilwertes für den Substanzwert des Unternehmens), ist vor allem bei kleinen Betrieben nicht verwendbar, die zwar mit Gewinn arbeiten, aber kein Betriebsvermögen besitzen, das gegenüber dem Ertragswert ins Gewicht fallen würde. Bei solchen Betrieben würde sich nach der indirekten Methode schon bei relativ bescheidenen durchschnittlichen Gewinnen ein beachtlicher Geschäftswert ergeben, unabhängig von der sonstigen Entwicklung der geschäftswertbildenden Faktoren des Unternehmens. Das zeigt gerade der vorliegende Fall.

Das FG konnte nach alledem zu dem Ergebnis gelangen, daß der ursprüngliche Geschäftswert von 27 000 DM entsprechend dem Begehren der Klägerin zumindest um 9 000 DM auf den niedrigeren Teilwert von 18 000 DM abzuschreiben war.

5. Das FG ist nicht auf die Frage eingegangen, ob der derivativ erworbene Geschäftswert der Klägerin, der nach den vom FG herangezogenen Kriterien schon vor dem Streitjahr gesunken sein dürfte, in einem früheren Veranlagungszeitraum abzuschreiben gewesen wäre. Diese Frage ist aus den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs zu beantworten.

Nichtabnutzbare Anlagegüter, deren Wert voraussichtlich auf die Dauer gesunken ist, sind zwar in der Steuerbilanz mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen, ohne daß der Unternehmer in dieser Frage ein Wahlrecht hätte. Dies verlangen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. § 154 Abs. 2 AktG 1965). Ebenso aber, wie bei abnutzbaren Anlagegütern eine unterlassene AfA erfolgswirksam nachgeholt werden kann, wenn die Unterlassung nicht willkürlich war und die Nachholung nicht gegen Treu und Glauben verstößt, kann auch bei nichtabnutzbaren Anlagegütern eine Teilwertabschreibung nachgeholt werden. Der BFH hat schon im Urteil vom 16. Januar 1951 I 57/50 (StuW 1951, Teil II Rechtsprechung Urteil Nr. 38) die Auffassung vertreten, daß es nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung widerspricht, eine Abschreibung zu unterlassen, weil man sie für steuerrechtlich unzulässig hält, und sie in dem Veranlagungszeitraum nachzuholen, in dem man ihre steuerrechtliche Zulässigkeit erkennt. Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung zur Teilwertabschreibung eines aktivierten Geschäftswertes konnte auch die Klägerin davon ausgehen, daß eine Teilwertabschreibung bisher nicht möglich war.

Ähnliche Überlegungen finden sich auch in den BFH-Urteilen vom 3. September 1964 IV 229/64 U (BFHE 80, 429, BStBl III 1964, 628); vom 20. August 1964 IV 83/64 U (BFHE 81, 302, BStBl III 1965, 110), und vom 24. März 1970 I R 102/68 (BFHE 99, 29, BStBl II 1970, 516).

Auf die sich aus diesen Entscheidungen ergebende weitere Frage, ob zum 31. Dezember 1969 nach den getroffenen Feststellungen eine noch höhere Teilwertabschreibung gerechtfertigt oder erforderlich gewesen wäre, kann der Senat nicht eingehen, da er nach § 96 Abs. 1 FGO nicht befugt ist, über das Klagebegehren hinauszugehen. Die Revision des FA war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72136

BStBl II 1977, 73

BFHE 1977, 245

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