Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung von Eigentumswohnungen als Gewerbebetrieb

 

Leitsatz (NV)

Erwirbt jemand ein Mietwohnhaus in der Absicht, die Wohnungen weiterhin zu vermieten, und veräußert er die nach mehr als zwei Jahren in Eigentumswohnungen umgewandelten Wohneinheiten weiter, weil sich die erwarteten Mieterhöhungen nicht durchsetzen ließen, so ist diese Betätigung der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen; eine gewerbliche Tätigkeit liegt hierin nicht.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; GewStDV § 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Mit Gewinnfeststellungsbescheiden für die Jahre 1980 und 1981 hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Kläger und Revisionskläger (Kläger) als in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossene Gesellschafter angesehen, die durch den Verkauf von Eigentumswohnungen einer gewerblichen Betätigung nachgegangen seien. Das FA hat aus dem Verkauf dieser Wohnungen einen Gewinn errechnet und in den Gewinnfeststellungsbescheiden festgestellt.

Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger ist als selbständiger Immobilienmakler für eine Landesbausparkasse tätig. Außerdem bezieht er Beamtenversorgungsbezüge. Die Klägerin ist im Gewerbebetrieb ihres Ehemannes als Arbeitnehmerin tätig. Außerdem bezieht sie Einkünfte als Gesellschafterin der Firma ,,X". Im Alleineigentum bzw. im Miteigentum der Kläger stehen mehrere bebaute Grundstücke. Es handelt sich um folgende in . . . belegene Grundstücke:

- Einfamilienhaus und zwei Lagerhallen, E-Straße 15, von den Klägern errichtet auf einem am 1. November 1976 erworbenen Ruinengrundstück,

- Mehrfamilienhaus A-Straße 19 mit 7 Wohneinheiten, erworben am 1. November 1977, Aufteilung in Eigentumswohnungen im April 1980 mit anschließendem Verkauf in 1980 und 1981 (Gegenstand des Rechtsstreits),

- Mehrfamilienhaus B-Straße 38 mit 12 Wohneinheiten, von den Klägern erworben am 28. Februar 1978 und veräußert am 1. August 1984 (Veräußerungspreis: 1,2 Mio. DM),

- Mehrfamilienhaus C-Straße 96 mit 6 Wohneinheiten und 1 Laden, erworben am 18. November 1980,

- Mehrfamilienhaus D-Straße 15 mit 16 Wohneinheiten, erworben am 17. November 1981,

- Grundstück E-Straße 16 a mit Lagerhalle, unbebaut von der Klägerin am 1. Juni 1982 erworben mit anschließender Bebauung,

- Grundstück E-Straße 16 mit zwei Lagerhallen,

- unbebautes Grundstück E-Straße 15 a, von den Klägern erworben am 5. März 1979.

Die Klägerin hat außerdem zwei bebaute Grundstücke gepachtet und anschließend weiterverpachtet.

Das erwähnte Mehrfamilienhaus A-Straße 19 mit 7 Wohneinheiten und einer Garage, das die Kläger am 1. November 1977 erworben hatten, wurde mit Teilungserklärung vom 21. April 1980 in 7 Eigentumswohnungen aufgeteilt. In der Zeit vom 1. Juli 1980 bis 15. Januar 1981 wurden 5 Wohnungen und die Garage an verschiedene Erwerber veräußert. Von dem Erlös haben die Kläger die beiden Lagerhallen auf dem Grundstück E-Straße 16 errichtet, die sie anschließend vermietet haben.

Das FA sah in der Umwandlung des Anwesens A-Straße 19 in Wohneigentum mit anschließender Veräußerung der Eigentumswohnungen und Garage die gewerbliche Betätigung einer GbR, bestehend aus den Klägern. In den Gewinnfeststellungen der Jahre 1980 und 1981 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 1983 setzte es den Gewinn 1980 auf 235 725 DM und den Gewinn 1981 auf 66 170 DM fest und rechnete ihn den Klägern je zur Hälfte zu.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage, mit der die Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide begehrt wurde, abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Zutreffend hat das FG nicht in Erwägung gezogen, die den An- und Verkauf des Anwesens A-Straße 19 betreffenden Vorgänge dem Gewerbebetrieb des Ehemannes zuzuordnen. Zwar wäre es bei der gewerblichen Tätigkeit des Klägers als Immobilienmakler denkbar, daß er im Rahmen dieses Gewerbebetriebs auch einen Grundstückshandel betreibt (vgl. zum laufenden Erwerb und zur laufenden Veräußerung von Grundstücken durch einen Architekten das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Oktober 1975 VIII R 60/70, BFHE 117, 360, BStBl II 1976, 152). Nach den vom FG getroffenen Feststellungen, insbesondere zu den Eigentumsverhältnissen, ist jedoch eine Zugehörigkeit des Anwesens A-Straße 19 zum Betriebsvermögen des vom Kläger unterhaltenen Gewerbebetriebs auszuschließen.

2. Des weiteren hat das FG insoweit zutreffend davon abgesehen, die übrigen Grundstücksbewegungen in die Beurteilung zur gewerblichen Betätigung der Kläger betreffend das Anwesen A-Straße 19 einzubeziehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluß vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 u. a. (BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475) zur Vermutung gleichgerichteter Interessen von Ehegatten im Rahmen der Betriebsaufspaltung die Auffassung vertreten, daß eine derartige Vermutung nicht allein auf das Bestehen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gestützt werden könne. In Anbetracht des Umstandes, daß im Streitfall die Eigentumsverhältnisse an den insgesamt 8 Grundstücken unterschiedlich gelagert sind (Allein- bzw. Miteigentum), und unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, daß die Klägerin daneben zwei weitere Grundstücke an- und weiterverpachtet hat, könnte nicht ohne weiteres von gleichgerichteten Interessen der Ehegatten ausgegangen werden. Infolgedessen wäre es nicht ohne weiteres angängig, sämtliche Grundstücke und die sich hierauf beziehenden Aktivitäten der Kläger zusammengefaßt bei der Beurteilung heranzuziehen, ob die Kläger beim An- und Verkauf des Anwesens A-Straße 19 eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet haben. Überdies sind Feststellungen dahingehend, daß die Kläger eine über ihre Ehe hinausgehende, also zusätzliche enge Wirtschaftsgemeinschaft in Gestalt einer GbR eingegangen sind, in die sie alle bzw. den größeren Teil der Grundstücke eingebracht haben, nicht getroffen worden.

3. Bei dieser Sachlage ist das FG zutreffend von der Fragestellung ausgegangen, ob die Kläger mit der Aufteilung des in ihrem Miteigentum stehenden Anwesens A- Straße 19 in Eigentumswohnungen sowie deren anschließendem Verkauf eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) entfaltet haben. Es hat dies unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 8. August 1979 I R 186/78 (BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106) und vom 17. März 1981 VIII R 149/78 (BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522) mit der Erwägung bejaht, ein enger zeitlicher Zusammenhang von An- und Verkauf (im allgemeinen bis zu 5 Jahren) spreche für die Annahme einer gewerblichen Betätigung. Dem stehe im Streitfall das BFH-Urteil vom 10. August 1983 I R 120/80 (BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137) nicht entgegen. Auch dieses Urteil stelle das Erfordernis einer längeren Periode der Vermietung zwischen Erwerb und Verkauf nicht in Frage. Im Streitfall sei diese Periode bereits nach zweieinhalb Jahren, nämlich mit der Aufteilung des Grundstücks in Eigentumswohnungen, zu Ende gegangen, denn zu diesem Zeitpunkt hätten sich die Kläger entschlossen, zur Erreichung eines möglichst günstigen wirtschaftlichen Ergebnisses die Substanz zu verwerten. Auf die vorgetragenen Gründe für den Verkauf komme es nicht an. Es sei demgemäß unbeachtlich, daß sich die Kläger erst zum Verkauf entschlossen hätten, als sich die erwarteten Mieterhöhungen nicht durchsetzen ließen.

Der erkennende Senat kann dieser Beurteilung nicht beitreten. Die Abgrenzung zwischen einer privaten Vermögensverwaltung und einem Gewerbebetrieb muß unter einer Gesamtwürdigung und nach der Verkehrsauffassung geschehen (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Der BFH hat demgemäß in seiner Entscheidung in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137 Abgrenzungskriterien dargestellt, denen zufolge die Fälle der Erstellung von Wohngebäuden und Eigentumswohnungen mit anschließender Veräußerung nicht mit denjenigen gleichgesetzt werden dürfen, in denen erworbene bebaute Grundstücke (mit oder ohne Aufteilung in Wohneigentum) veräußert würden. Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung, denen der erkennende Senat folgt, konnte sich das FG nicht auf den Gesichtspunkt des Zeitraums zwischen An- und Verkauf berufen, wie er dem Urteil in BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106 zugrunde liegt, denn diese Entscheidung betraf den Fall eines Grundstückserwerbs in Bebauungs- und Veräußerungsabsicht mit anschließendem Verkauf der errichteten Eigentumswohnungen in engem zeitlichen Zusammenhang.

Für den Fall des Erwerbs und Verkaufs bebauten Grundbesitzes ist ein gewerblicher Grundstückshandel jedenfalls dann zu bejahen, wenn innerhalb eines übersehbaren Zeitraums mehrere bereits in Veräußerungsabsicht erworbene Grundstücke unverändert oder aufgeteilt veräußert werden, also die Betätigung auf den für einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden ,,häufigen und kurzfristigen marktmäßigen Umschlag erheblicher Sachwerte" angelegt ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522, und vom 28. Juni 1984 IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798). Ein derartiges Bild vermittelt der Streitfall angesichts der vom FG getroffenen und für die Entscheidung maßgeblichen Feststellungen des FG (vgl. auch oben Abschn. 1 und 2) nicht. Die Entscheidung kann deshalb entgegen der Auffassung des FG auch nicht auf die Entscheidung in BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522 gestützt werden.

Bei Veräußerung eines bereits in bebautem Zustand erworbenen Wohngrundstücks unter vorheriger Aufteilung in Eigentumswohnungen kann aus der sich hieraus ergebenden Folge mehrere Veräußerungsakte für sich genommen nicht auf eine Überschreitung privater Vermögensverwaltung geschlossen werden (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl., § 15 Anm. 11, m. w. N.). Dem BFH-Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137 und der hier zitierten Rechtsprechung ist vielmehr gegenteilig zu entnehmen, daß es maßgeblich darauf ankommt, ob statt einer Vermögensverwaltung die wirtschaftliche Ausnutzung substantieller Vermögenswerte im Wege der Umschichtung in den Vordergrund getreten ist. Dieses Überschreiten der Grenze von privater Vermögensverwaltung zu gewerblicher Betätigung wurde jedenfalls dann bejaht, wenn sich der Grundstückseigentümer bei der Aufteilung des Grundeigentums in Eigentumswohnungen nicht auf eine bloße Herstellung der Verkaufsfähigkeit beschränkt, sondern zuvor Mittel investiert, die zu einem Verkehrsgut anderer Marktgängigkeit, mithin zu einer Wertschöpfung führen, die im Wege des Verkaufs realisiert wird.

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Unstreitig bzw. unwidersprochen vorgetragen ist, daß die Kläger das Anwesen A-Straße 19 in der Absicht der Fruchtziehung durch Vermietung erworben haben und deswegen durchgreifende, auf Wertverbesserungen angelegte und einem günstigen Verkauf dienende Modernisierungsmaßnahmen nicht vorgenommen haben. Sie haben sogar Schönheitsreparaturen unterlassen. Dies erhärtet ihre Einlassung, daß sie das Grundstück in der Erwartung erworben haben, Mieterhöhungen durchsetzen zu können, und wegen dieser enttäuschten Erwartungen veräußert haben. Grundstückstransaktionen, die ersichtlich in der erwarteten, aber nicht realisierbaren Erwartung zur Fruchtziehung erfolgen, werden maßgeblich durch Gesichtspunkte der vermögensverwaltenden Fruchtziehung geprägt und nicht durch gewerbsmäßige Vermögensverwertung im Wege des Sachwertumschlags. Kann aber die Einlassung der Kläger, ursprünglich in der Absicht erworben zu haben, ihren Grundbesitz zu mehren (wofür der ständige Zukauf in den Jahren ab 1976 - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen im einzelnen - spricht) und durch Fruchtziehung zu nutzen (wofür das prinzipielle Festhalten am erworbenen Grundbesitz und die Art seiner Nutzung spricht), dann kann der Verkauf des Anwesens A-Straße 19 als die Korrektur einer Fehlentscheidung im Bereich der privaten Vermögensverwaltung angesehen werden. Daß die Kläger dabei einen Weg gewählt haben, der ihnen einen möglichst leichten Verkauf gewährleistete und zudem noch eine Vermögensmehrung ermöglichte, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, daß der Bereich privater Vermögensverwaltung überschritten wurde.

Da andere für eine gewerbliche Betätigung der Kläger sprechenden Umstände nicht festgestellt bzw. dargetan werden konnten, kann die den Gewinnfeststellungsbescheiden 1980 und 1981 zugrundeliegende und vom FG bestätigte Rechtsauffassung nicht geteilt werden. Unter Aufhebung des FG-Urteils sind die Gewinnfeststellungsbescheide 1980 und 1981 ersatzlos aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415758

BFH/NV 1989, 101

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