Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Erwerb eines Wirtschaftsgutes zum Zwecke der späteren Veräußerung als nachhaltige und damit gewerbliche Tätigkeit oder als Gelegenheitsgeschäft zu beurteilen ist.

 

Normenkette

AO § 215; EStG § 15; GewStDV § 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit dem Erwerb eines Fischkutters zum Zwecke seiner Instandsetzung und späteren Weiterveräußerung gewerblich tätig waren und deshalb die dabei entstandenen Verluste einheitlich festzustellen sind.

Die Kläger A und B schlossen sich 1965 auf der Grundlage einer mündlichen Vereinbarung zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) zusammen. Diese erwarb mit Vertrag vom 1. Dezember 1965 über einen Treuhänder den Motorfischkutter "A" zum Preis von 16 500 DM. Die Kläger planten, das Schiff herzurichten und wieder zu verkaufen. Alle Kosten für das Schiff sollten beide Gesellschafter je zur Hälfte tragen; in gleicher Weise sollte ein Verkaufserlös geteilt werden.

Im Jahre 1966 wurde der Kutter nach H transportiert. In den Jahren 1966 und 1967 wandten die Kläger 17 115 DM für Reparaturen auf. Im Jahre 1968 ließen die Kläger weitere Reparaturen für 21 326 DM vornehmen, nachdem der Kutter im Hafen in X beschädigt und ausgeraubt worden war.

In den Jahren 1966 bis 1969 boten die Kläger den Kutter wiederholt zum Kauf an, und zwar u. a. unter Einschaltung einer Maklerfirma und über mehrere Zeitungsanzeigen. Es meldeten sich zahlreiche Interessenten; ein Verkauf kam jedoch nicht zustande.

Ende 1969 verschenkten die Kläger den Kutter. Solange die Kläger Eigentümer des Kutters waren, wurde dieser nicht eingesetzt, und zwar weder als Fischkutter noch in sonstiger Weise. Die Kläger erzielten daher mit dem Kutter keine Umsätze.

Im Jahre 1969 reichten die Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) Erklärungen zur einheitlichen Gewinnfeststellung für 1965 bis 1967 ein, in denen sie aufgrund von Aufwendungen für Notariats- und Rechtsberatungskosten, Versicherungen, Liegegelder, Transport- und Bewachungskosten, Abschreibungen und dergleichen folgende Verluste aus Gewerbebetrieb auswiesen:

1965 1966 1967

1 715 DM 6 295 DM 10 074 DM

Das FA stellte erklärungsgemäß für 1965 bis 1967 Verluste fest, die es den Klägern je zur Hälfte zurechnete.

Im Februar 1970 reichten die Kläger eine einheitliche Gewinnfeststellungserklärung für 1968 ein, in der sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 37 926 DM auswiesen. Diesen Verlust erläuterten sie dahin, daß das ursprüngliche Ziel, den Fischkutter instandzusetzen und mit Gewinn wieder zu verkaufen, nicht habe verwirklicht werden können. Bereits Ende 1968 habe sich abgezeichnet, daß der Kutter wahrscheinlich überhaupt nicht verkauft werden könne. Zum 31. Dezember 1968 sei deshalb eine Teilwertabschreibung vorgenommen worden.

Mit Bescheid vom 9. Juni 1970 lehnte es das FA ab, für 1968 eine einheitliche Gewinnfeststellung für die GdbR A und B durchzuführen, weil ein gewerbliches Unternehmen nicht vorliege. Die Gesellschaft sei nicht nachhaltig tätig geworden. Der einmalige Ankauf und Verkauf eines Wirtschaftsguts sei außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23 EStG einkommensteuerrechtlich unbeachtlich.

Mit ihrem Einspruch machten die Kläger geltend, es sei beabsichtigt gewesen, wiederholt Schiffe zu kaufen, für die von Käufern beabsichtigten Zwecke herzurichten und wieder zu verkaufen; außerdem sei beabsichtigt gewesen, entweder den Kutter "A" oder ein Nachfolgeschiff in der Ostsee oder im Mittelmeer gewerblich einzusetzen.

Das FA wies den Einspruch zurück. Auch die Klage war erfolglos. Das FG war der Auffassung, daß die Kläger kein gewerbliches Unternehmen betrieben hätten, weil sie nicht nachhaltig am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hätten. Die Kläger seien nicht -über die Bemühungen um den Verkauf des Kutters hinaus - mit interessierten Außenstehenden hinsichtlich eines gewerblichen Einsatzes des Kutters oder eines An- und Verkaufs weiterer Schiffe in konkrete geschäftliche Verbindungen getreten.

Mit der Revision beantragen die Kläger, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1968 durchzuführen. Sie rügen in erster Linie eine Verletzung des § 1 GewStDV und des § 215 AO.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere beteiligt sind (§ 215 Abs. 2 AO). Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist und sie den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG; § 2 Abs. 1 GewStG; § 1 GewStDV).

Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist (siehe z. B. Urteil des BFH vom 15. Dezember 1971 I R 49/70, BFHE 104, 178, BStBl II 1972, 291), d. h. wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen (subjektives Tatbestandselement) und sie sich objektiv als nachhaltig darstellt (objektives Tatbestandselement), z. B. durch die tatsächliche Wiederholung der Tätigkeit. Zwar ist die tatsächliche Wiederholung einer Tätigkeit die häufigste, nicht aber die einzige Form, in der sich eine Wiederholungsabsicht manifestieren und eine Tätigkeit objektiv als nachhaltig darstellen kann. Demgemäß kann auch eine einmalige Tätigkeit nachhaltig sein, wenn sie in der Absicht ausgeübt wird, sie zu wiederholen und wenn sie sich auf andere Weise als durch die tatsächliche Wiederholung objektiv als nachhaltig darstellt.

Wenn derjenige, der tätig wird, subjektiv noch unentschlossen ist, ob er seine Tätigkeit wiederholen wird, eine solche Wiederholung also nur möglich, ebensogut aber auch nicht möglich ist, so fehlt es im allgemeinen an der für das Kriterium der Nachhaltigkeit erforderlichen Wiederholungsabsicht. In einem derartigen Fall kann sich dann die tatsächliche Wiederholung der Tätigkeit als gelegentlich, nicht aber als nachhaltig beurteilen lassen.

Die Feststellung, ob eine bestimmte Tätigkeit von einer Wiederholungsabsicht im vorstehend entwickelten Sinn getragen war und ob sie sich objektiv als nachhaltig darstellt, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Dabei ist zu beachten, daß die Nichtfeststellbarkeit entsprechender Tatsachen entweder zu Lasten des FA oder des Steuerpflichtigen geht, je nach dem, ob das FA oder der Steuerpflichtige sich zur Ableitung bestimmter Rechtsfolgen darauf beruft, daß ein Gewerbebetrieb vorliegt. Macht also ein Steuerpflichtiger geltend, daß Verluste, die er bei einer bestimmten Tätigkeit erlitten habe, einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen seien, weil diese Tätigkeit allen Merkmalen eines Gewerbebetriebs genüge, insbesondere nachhaltig gewesen sei, kann aber das FG keine tatsächlichen Feststellungen treffen, nach denen sich die Tätigkeit objektiv als nachhaltig darstellt, und kann das FG deshalb auch nicht die Überzeugung gewinnen, daß eine Tätigkeit von der Absicht der Wiederholung getragen war, so muß dies zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen.

Der BFH als Revisionsinstanz ist an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden, soweit gegen diese keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben sind (§ 118 Abs. 2 der FGO). Im Revisionsverfahren hat der BFH demgemäß nicht zu entscheiden, ob das FG zu den tatsächlichen Feststellungen, zu denen auch gehört, daß sich das FG vom Vorhandensein bestimmter Tatsachen nicht überzeugen konnte, kommen mußte. Es reicht aus, daß das FG zu diesen Feststellungen kommen konnte. Unerheblich ist auch, ob das FG eventuell zu anderen Feststellungen hätte kommen können und ob der BFH, wäre er Tatsacheninstanz, zu gleichartigen Feststellungen gekommen wäre. Entscheidend ist allein, ob die tatsächlichen Feststellungen verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen sind, nicht von Rechtsirrtümern materieller Art beeinflußt sind und nicht gegen die Denkgesetze verstoßen.

2. Den vorstehend entwickelten rechtlichen Anforderungen ist im Streitfall genügt.

Zutreffend ist die Vorentscheidung davon ausgegangen, daß sowohl der An- und Verkauf eines ehemaligen Fischkutters als auch der Einsatz eines solchen Kutters zu Ausflugsfahrten gegen Entgelt als Gewerbebetrieb zu qualifizieren sein können, sofern eine nachhaltige Tätigkeit vorliegt. Dazu wäre erforderlich, daß der Erwerb und die Instandsetzung des Kutters von der Absicht der Kläger getragen waren, entweder den Kutter alsbald mit Gewinn zu veräußern und in gleichartiger Weise fortgesetzt zu verfahren, d. h. wiederholt Fischkutter zu erwerben, instandzusetzen und wieder zu veräußern, oder den Kutter wiederholt gegen Entgelt zu Ausflugsfahrten einzusetzen.

a) Das FG hat sich nicht davon überzeugen können, daß die Kläger den Kutter bereits in der Absicht erwarben und instandsetzten, weitere Schiffe zu erwerben, ebenfalls instandzusetzen und dann mit Gewinn zu veräußern. Dabei hat sich das FG von der Erwägung leiten lassen, daß die von den Klägern vorgelegte Erklärung des Treuhänders nur bestätige, die Kläger hätten die allgemeinen Marktchancen für den An- und Verkauf weiterer Schiffe erkundet. Die Kläger seien aber nicht nach außen erkennbar als Teilnehmer am wirtschaftlichen Verkehr hervorgetreten. Insbesondere hätten die Kläger keine konkreten geschäftlichen Verbindungen mit möglichen Interessenten aufgenommen.

Diese Würdigung des FG ist möglich. Die von den Klägern vorgelegte Erklärung des Treuhänders über das Verhalten der Kläger ist inhaltlich keineswegs so beschaffen, daß aus ihr nur der Schluß gezogen werden könnte, die Kläger hätten bereits beim Erwerb des Kutters beabsichtigt, auch weitere Schiffe zu erwerben und zu veräußern. Die Erklärung läßt Raum für die Deutung, daß die Kläger diese Möglichkeit zwar erwogen haben, aber noch unentschlossen waren, ob und unter welchen Voraussetzungen sie sie auch verwirklichen werden. Wenn die Revision vorbringt, der Erwerb eines neuen Schiffes sei unterblieben, weil für den Kutter kein Erlös erzielt worden sei, der zum Erwerb hätte eingesetzt werden können, so läßt auch dieser Sachvortrag die Deutung zu, daß die Kläger zwar von Anfang an mit der Möglichkeit einer Wiederholung rechneten, dazu aber noch nicht entschlossen waren.

Die Würdigung des FG wird durch die Tatsache gestützt, daß die Kläger dem FA gegenüber nicht bereits alsbald nach Erwerb des Kutters im Jahre 1965 als Gewerbetreibende aufgetreten sind, sondern vielmehr erst Anfang 1969, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich nach dem Sachvortrag der Kläger bereits abzeichnete, daß die Kläger im Zusammenhang mit dem erworbenen Kutter ausschließlich Verluste erleiden werden.

Zu Unrecht beanstandet die Revision, das FG hätte bei der Beurteilung des Kriteriums der Nachhaltigkeit nicht darauf abstellen dürfen, daß eine Wiederholungsabsicht nach außen nicht erkennbar gewesen sei; die Nachhaltigkeit sei zwar nach äußeren Merkmalen zu beurteilen, aber nur für die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könne gefordert werden, daß diese nach außen erkennbar sei.

Wie zu 1 ausgeführt, kann die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit nur bejaht werden, wenn diese Tätigkeit nicht nur von der Absicht der Wiederholung getragen ist, sondern wenn sie sich auch objektiv als nachhaltig, also von Wiederholungsabsicht getragen, darstellt. Da aber diejenige Tätigkeit um deren Beurteilung als nachhaltig es geht, eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zum Inhalt haben muß, muß notwendigerweise gerade gegenüber den Teilnehmern am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ein Verhalten an den Tag gelegt werden, das sich objektiv als nachhaltig, insbesondere von der Absicht der Wiederholung getragen darstellt.

b) Das FG hat sich auch nicht davon überzeugen können, daß die Kläger entschlossen waren, den Kutter anderweitig gegen Entgelt, z. B. zu Ausflugsfahrten einzusetzen, und daß die Kläger damit begonnen haben, einen solchen Entschluß in die Tat umzusetzen. Bei seiner Meinungsbildung hat sich das FG von der Erwägung leiten lassen, es sei nicht feststellbar, daß die Kläger konkrete Verbindungen zu möglichen Interessenten aufgenommen hätten.

Auch diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit keine substantiierten Einwendungen.

c) Auf die weitere Frage, welche Voraussetzungen im einzelnen gegeben sein müssen, damit Ausgaben als vorweggenommene Betriebsausgaben anerkannt werden können, kommt es danach nicht mehr an. Denn erste Voraussetzung hierfür ist in jedem Fall, daß die Absicht vorhanden ist, wiederholt tätig zu werden und daß der Steuerpflichtige ein Verhalten an den Tag legt, das sich objektiv als Beginn der Ausführung dieser Absicht darstellt. Hieran fehlt es aber im Streitfall. Insbesondere lassen sich der Erwerb und die Instandsetzung des Fischkutters für sich betrachtet noch nicht als ein derartiges Verhalten werten.

d) Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es ohne Bedeutung, daß die Kläger, wie die Revision hervorhebt, insofern am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen haben, als sie mehrere Verkaufsanzeigen aufgegeben und mit einer Anzahl von Personen über den Verkauf des Kutters verhandelt haben. Eine derartige Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist zahlreichen privaten Veräußerungsgeschäften eigen. Sie reicht für sich genommen nicht aus, um solchen Veräußerungsgeschäften den Charakter eines gewerblichen Unternehmens zu verleihen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72430

BStBl II 1977, 728

BFHE 1978, 462

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