Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bezahlung von Schulden, die den Erben als solchen treffen, kann nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG führen. Sie fällt in die reine Vermögenssphäre und ist in aller Regel nicht zwangsläufig.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) führt das von seinen verstorbenen Eltern gegründete Baugeschäft fort. Er hat es seit dem 1. Januar 1946 übernommen. Strittig ist, ob er für seine Veranlagung zur Einkommensteuer 1952 eine Steuerermäßigung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Arztkosten in Höhe von 405 DM und für Steuernachzahlungen in Höhe von 12.822 DM beanspruchen kann. Die Steuernachzahlungen betreffen Steuern, die auf Grund einer im Jahre 1948 für die Zeit vom 1. Januar 1942 bis zum 20. Juni 1948 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1942 bis 1945 festgesetzt worden sind. Die Festsetzungen sind rechtskräftig.

Das Finanzamt lehnte die Steuerermäßigung ab. Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht hielt die nach § 33 EStG erforderliche Außergewöhnlichkeit der Belastung nicht für gegeben, weil die Steuernachzahlungen in der Hauptsache die Einkommensteuer beträfen und Nachzahlungen dieser Art etwas seien, womit jeder Steuerpflichtige zu rechnen habe. Außerdem handle es sich um erbrechtliche Verpflichtungen, die ebenfalls nichts Außergewöhnliches darstellten.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wehrt sich der Bf. gegen die Ablehnung der Steuerermäßigung. Nach seiner Auffassung handelt es sich um außergewöhnliche Belastungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Wie der Bundesfinanzhof wiederholt entschieden hat (vgl. die Urteile IV 583/54 U vom 22. Dezember 1955 und IV 598/54 U vom 23. Februar 1956, Slg. Bd. 62 S. 224 und 346, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 84 und 128), können Vorgänge, die nur den Vermögensbereich angehen, nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG führen. Vorgänge dieser Art liegen insbesondere dann vor, wenn es sich um Aufwendungen handelt, die mit dem Erwerb von Vermögen zusammenhängen. So sind z. B. auch die aus Anlaß eines Erbschaftsstreites entstandenen Prozeßkosten als Aufwendungen auf das Vermögen und somit im Rahmen von § 33 EStG als nicht berücksichtigungsfähig angesehen worden (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 135/55 U vom 11. Oktober 1956, Slg. Bd. 63 S. 488, BStBl 1956 III S. 383). Die Bezahlung von Schulden, die den Erben als solchen treffen und also mit dem Erwerb des Nachlasses in Zusammenhang stehen, können aus dem gleichen Grunde nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG führen. Die Steuerermäßigung ist danach zu Recht versagt worden.

Eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung würde zudem, wovon auch die Vorinstanzen ausgegangen sind, die Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Aufwendungen voraussetzen. Bestehen die Aufwendungen aber wie im Streitfall in der Bezahlung von Nachlaßverbindlichkeiten, so ist die Zwangsläufigkeit grundsätzlich zu verneinen. Man kann für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit nicht, wie es der Bf. tut, allein darauf abstellen, daß der Erbe auf Grund der Rechtsnachfolge die in der Person des Erblassers entstandenen Schulden zu erfüllen hat. Man muß vielmehr, wenn es um die Erfüllung von Verbindlichkeiten geht, auch den Grund der Schuldaufnahme berücksichtigen (vgl. das Urteil des erkennenden Senats VI 80/55 U vom 19. Juli 1957, Slg. Bd. 65 S. 399, BStBl 1957 III S. 385). Das bedeutet, daß für Fälle der vorliegenden Art nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden kann, daß der Erbe zur Annahme der Erbschaft nicht gezwungen ist, die übernahme der in der Person des Erblassers entstandenen Schulden, wenn diese auch eine Folge des Erbanfalls ist, letztlich also auf dem freien Willen des Erben beruht. Hieran würde sich auch dann nichts ändern, wenn der Erbe die Schulden nicht gekannt hätte. Vor das Risiko, daß nicht bekannte Schulden vorhanden sind, ist jeder Erbe gestellt. Schlägt er die Erbschaft nicht aus, so muß er sich für die Frage der Zwangsläufigkeit entgegenhalten lassen, daß er das Vorhandensein solcher Schulden in Kauf genommen habe. Es liegt hier ähnlich wie bei einem Spekulationsgeschäft. Wer zur Finanzierung eines Spekulationsgeschäftes Schulden aufgenommen hat, dann aber, statt den erwarteten Gewinn zu erzielen, einen Verlust erleidet, kann die zur Tilgung der Schulden aufgewendeten Beträge auch nicht um deswillen als außergewöhnliche Belastung geltend machen, weil die Schulden nun einmal aufgenommen und die Zahlungen zwangsläufig seien.

Ob die Ausführungen des Finanzgerichts, daß Steuernachzahlungen nichts Außergewöhnliches seien, auch für den Streitfall zutreffen, kann insofern zweifelhaft sein, als die Steuerschulden nicht in der Person des Bf., sondern in der des Erblassers entstanden sind. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben. Daß eine berücksichtigungsfähige Belastung im Streitfall nicht vorliegt, ergibt sich schon aus der Verneinung der Zwangsläufigkeit.

Wenn der Bf. darauf hinweist, daß ihm die Bezahlung der nachgeforderten Steuern leichtergefallen wäre, wenn die Nachforderungen nicht erst nach der Währungsreform geltend gemacht worden wären, und hieraus herleitet, daß es sich um eine außergewöhnliche Belastung handle, so fragt sich doch, wer die Schuld an der späten Geltendmachung trägt (vgl. dazu auch das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 226/50 vom 16. Januar 1952, in dem der schon damals erhobene - und hier im Grunde nur wiederholte - Vorwurf, daß das Finanzamt die Erbengemeinschaft für die Steuerverfehlungen des Vaters verantwortlich gemacht habe, mit Recht zurückgewiesen wird). Doch kann auch dies hier dahingestellt bleiben, weil sich, wer auch die Schuld trägt, an der Verneinung der Zwangsläufigkeit nichts ändert.

Auf den vom Bf. gestellten Erlaßantrag einzugehen, hat das Finanzgericht mit Recht abgelehnt. über die Frage, ob für die Steuernachzahlungen ein Billigkeitserlaß angebracht wäre (vgl. § 131 der Reichsabgabenordnung - AO -), ist in dem hier anhängigen Verfahren nicht zu entscheiden.

Ob hinsichtlich der Arztkosten ein zwangsläufiger und außergewöhnlicher Aufwand zu bejahen wäre, kann dahingestellt bleiben. Der Betrag von 405 DM liegt weit unter der Zumutbarkeitsgrenze (vgl. § 51 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung), so daß eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung auch bei Bejahung dieser Frage nicht in Betracht kommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409064

BStBl III 1958, 290

BFHE 1959, 44

BFHE 67, 44

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