Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Leistet ein Steuerpflichtiger einen Beitrag zu einer Bausparkasse in der Absicht, damit ein ausschließlich oder zu mehr als 50 v. H. betrieblichen Zwecken dienendes Gebäude zu errichten, so muß er die Einzahlung als Betriebsausgabe behandeln. Er hat dann - anders als im Fall der Entscheidung des Senats VI 153/56 U vom 26. September 1958 (BStBl 1958 III S. 444, Slg. Bd. 67 S. 447) - kein Wahlrecht, ob er die Einzahlung als Sonderausgabe geltend machen will.

Behauptet ein Steuerpflichtiger, der mit einem von der Bausparkasse gewährten Zwischenkredit ein ausschließlich oder zu mehr als 50 v. H. Betriebszwecken dienendes Gebäude errichtet hat, er habe die Einzahlungen in der Absicht geleistet, über die Bausparkasse einen Wohnungsbau zu finanzieren, so muß er, wenn er den Bausparvertrag nicht normal abgewickelt hat, objektiv nachprüfbare Tatsachen dafür darlegen, daß er den Bau des Betriebsgebäudes nicht schon bei der Einzahlung beabsichtigte. Das gilt insbesondere, wenn die Zeitspanne zwischen der Einzahlung bei der Bausparkasse, der Gewährung des Zwischenkredits und dem Baubeginn kurz war.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 4/4, § 10/1/2/b

 

Tatbestand

Der Bf. kaufte 1949 einen Bausparvertrag über 30 000 DM für 1458 DM und 1951 einen solchen über 10 000 DM für 855 DM. Im Jahre 1950 leistete er anscheinend keine Sparbeiträge; im Jahre 1951 solche in Höhe von 6132,50 DM, die das Finanzamt als Sonderausgaben anerkannte. Im Jahre 1952 wurden, soweit die Akten erkennen lassen, wiederum keine Bausparkassenbeiträge geleistet. Am 30. April 1953 zahlte der Bf. dann 12 700 DM ein. Um diesen Betrag, den er als Sonderausgabe berücksichtigt haben will, geht der Streit. Die am 28. August 1953 und am 20. Mai 1954 von der Bausparkasse auf die beiden Verträge gewährten Zwischenkredite von je 20 000 DM verwandte der Bf. für die Errichtung eines Fabrikgebäudes. Das Finanzamt setzte die 12 700 DM nicht als Sonderausgabe ab, weil der Bf. bei der Einzahlung des Betrages nicht die Absicht gehabt habe, ein Wohnhaus zu bauen, sondern ein Fabrikgebäude habe errichten wollen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es führte aus: Beiträge an Bausparkassen seien nur Sonderausgaben, wenn der Sparer bei der Einzahlung die Absicht verfolge, ein Wohnhaus zu bauen. Diese Absicht habe der Bf., als er die 12 700 DM eingezahlt habe, nicht gehabt. Das spätere Geschehen erlaube Rückschlüsse auf das, was der Steuerpflichtige von vornherein gewollt habe. Die ungewöhnliche Höhe des streitigen Betrages spreche dafür, daß der Bf. damit den 1953 begonnenen Fabrikbau habe fördern wollen, zumal er zu dieser Zeit finanziell stark in Anspruch genommen gewesen sei. Der Bf. behaupte zwar, er habe im Januar 1952 in einem Zeitungsinserat noch ein Fabrikanwesen und ein Wohnhaus gesucht und Bauplatzverhandlungen geführt. Diese Tatsachen seien aber nicht ausschlaggebend. Bei seiner finanziellen Lage habe der Bf. von vornherein nur entweder das Fabrikgebäude oder das Wohnhaus bauen können; er habe sich dann für das Fabrikgebäude entschieden. Der weitere Einwand, die Bausparkasse würde ihm Mittel für gewerbliche Bauten überhaupt nicht gegeben haben, finde in der äußerung der Bausparkasse vom 7. Mai 1957 keine Stütze. Das Prinzip der Bausparkassen, nur Wohnbauten oder Bauten, bei denen die Wohnungen überwiegen, zu finanzieren, werde im übrigen offenbar großzügig gehandhabt. Der Verlauf der Ereignisse lasse nicht erkennen, wann und weshalb der Bf. die behauptete ursprüngliche Absicht, ein Wohnhaus zu bauen, aufgegeben haben sollte.

Mit der Rechtsbeschwerde will der Bf. weiterhin die 12 700 DM abgesetzt haben. Er trägt vor, er habe nicht von vornherein mit dem Bausparvertrag einen Fabrikneubau finanzieren wollen; er habe vielmehr ein Wohnhaus bauen wollen; den Plan, ein Fabrikgebäude zu errichten, habe er erst nach den Einzahlung der streitigen Summe gefaßt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Der Senat hat in der Entscheidung VI 153/56 U vom 26. September 1958 (BStBl 1958 III S. 444, Slg. Bd. 67 S.447) zu der Frage Stellung genommen, inwieweit Bausparkassenbeiträge Sonderausgaben sind, wenn die von der Bausparkasse bereitgestellten Mittel für die Errichtung eines Gebäudes verwendet werden, das gleichzeitig betrieblichen Zwecken und Wohnzwecken dient (sog. gemischte Gebäude). Die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn das Gebäude ausschließlich oder überwiegend betrieblichen Zwecken dient, ist offengeblieben.

Beiträge an Bausparkassen können als Sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG nur abgesetzt werden, wenn die Einzahlungen nicht im Rahmen des Betriebs geleistet werden, sondern außerbetriebliche (private) Vorgänge sind. Bausparleistungen im Rahmen eines Gewerbebetriebs sind aktivierungspflichtige Betriebsausgaben, nicht Sonderausgaben (Urteil des Senats VI 153/56 U. a. a. O., mit weiteren Angaben).

Ob eine Einzahlung in den betrieblichen oder außerbetrieblichen (privaten) Bereich gehört, muß im einzelnen Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden, und zwar für jede Einzahlung besonders. Bei der Prüfung sind die Grundsätze über die Abgrenzung von betrieblichen und außerbetrieblichen Vorgängen zu beachten ( vgl. Littmann, Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., 1959, Anm. 99 ff. zu §§ 4, 5 EStG; Blümich-Falk, 8. Aufl., 1959, Anm. 12 zu § 4 EStG). Im Urteil VI 153/56 U, a. a. O., ist ausgesprochen worden, daß, wenn ein gemischtes Gebäude erstellt werden soll, der Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, ob er das Bausparen als betrieblichen oder als außerbetrieblichen Vorgang behandeln will. Vorausgesetzt wird dabei, daß das geplante Gebäude überwiegend Wohnzwecken dienen soll und die von der Bausparkasse zugeteilten Mittel die Herstellungskosten des Wohnzwecken dienenden Gebäudeteils nicht übersteigen. Hat sich der Steuerpflichtige also nicht nachweisbar entschlossen, das Bausparen als Betriebsvorgang zu behandeln, so kann er unter den erwähnten Voraussetzungen die Beiträge als Sonderausgaben absetzen; die Einzahlungen sind dann nicht in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufzuteilen.

Wenn aber ein ausschließlich gewerblichen Zwecken dienendes Gebäude hergestellt werden soll, so steht die Behandlung der Einzahlungen nicht im Ermessen des Steuerpflichtigen; denn dann besteht ein notwendiger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Betrieb und dem Bausparen; der Steuerpflichtige kann den seiner Natur nach zum Betrieb gehörenden Vorgang nicht in den privaten Bereich verlegen. Läßt der Steuerpflichtige in einem solchen Fall die Beitragszahlungen, obwohl es sich um notwendige Betriebsvorgänge handelt, nicht durch seine Bücher gehen, so ist die Buchführung unrichtig und bedarf der Korrektur. Soll das zu errichtende Gebäude zwar nicht ausschließlich, aber zu mehr als 50 V. H. gewerblichen Zwecken dienen, so ist der Fall ebenso zu beurteilen. Die Einzahlungen gehören dann voll in den betrieblichen Bereich; die Aufspaltung jeder Einzahlung in einen betrieblichen und privaten Teil ist nicht angebracht. Die Erwägungen, die nach der Entscheidung VI 153/56 U gegen eine Aufteilung von Beiträgen sprechen, gelten auch hier.

Im Streitfall konnte das Finanzgericht ohne Rechtsverstoß annehmen, daß die streitige Beitragszahlung eine Betriebsausgabe gewesen sei. Es ist rechtlich unbedenklich, wenn das Finanzgericht für die Beurteilung dessen, was der Steuerpflichtige mit der streitigen Einzahlung bezweckte, sein späteres Verhalten als Anhalt genommen hat. Hat ein Steuerpflichtiger bei einer Einzahlung die Absicht, ein Wohnhaus zu errichten, so wird die Einzahlung zwar nicht nachträglich zu einer Betriebsausgabe, wenn er seine Absicht ändert und später tatsächlich ein Betriebsgebäude errichtet oder die Bausumme für andere betriebliche oder außerbetriebliche Zwecke verwendet. An diesem Rechtsgrundsatz, der im Urteil IV 291/51 U vom 3. Juli 1952 (BStBl 1952 III S. 214, Slg. Bd. 56 S.554) entwickelt worden ist, hält der Senat fest. Steht aber fest, daß der Steuerpflichtige mit Hilfe der Einzahlung ein ausschließlich oder zu mehr als 50 v. H. betrieblichen Zwecken dienendes Gebäude finanziert hat, behauptet er aber, bei den Einzahlungen nicht die Absicht gehabt zu haben, ein Betriebsgebäude zu bauen, so muß er diese Behauptung durch nachprüfbare Tatsachen belegen. Welche Absicht ein Steuerpflichtiger mit einer Handlung verfolgt, ist als ein innerer Vorgang von Außenstehenden nicht nachprüfbar; man kann nur unter Zuhilfenahme der Denkgesetze und der allgemeinen Lebenserfahrung von den äußeren Tatsachen auf den inneren Willen schließen, den der Steuerpflichtige wahrscheinlich hatte. Nach der Lebenserfahrung entspricht gewöhnlich das, was ein Steuerpflichtiger später tut, seiner ursprünglichen Planung. Behauptet der Steuerpflichtige demgegenüber, daß er im Laufe der Zeit seinen ursprünglichen Plan geändert habe, und daß das, was er getan hat, auf einer nachträglichen Willensentschließung beruhe, so ist ihm, weil der erste Anschein gegen ihn spricht, zuzumuten, seine Behauptung im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht bei der Besteuerung (ß 171 AO) durch geeignete, objektiv nachprüfbare Tatsachen zu belegen. Die Vermutung, daß Absicht und Tun übereinstimmen, gilt um so mehr, wenn, wie im Streitfall, Entschluß und Ausführung zeitlich nahe zusammenliegen. Leistet ein Steuerpflichtiger nach Abschluß des Bausparvertrages laufend die normalen vertraglichen Einzahlungen an die Bausparkasse und verwendet er die ihm nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist von der Bausparkasse zur Verfügung gestellten Mittel zu anderen Zwecken als zum Wohnungsbau, also auch z. B. für den Bau eines Fabrikgebäudes oder für eine Einlage in den Betrieb, so kann man im allgemeinen davon ausgehen, daß die Verwendung der von der Bausparkasse bereitgestellten Mittel zu einem anderen Zweck als dem Wohnungsbau auf einer späteren Entschließung des Steuerpflichtigen beruht. In solchen vertragsmäßig und normal abgewickelten Fällen ist also gewöhnlich eine Prüfung, welche Absicht der Steuerpflichtige bei der einzelnen Einzahlung verfolgte, nicht erforderlich; die Bausparbeiträge können dann in der Regel ohne weiteres als Sonderausgaben behandelt werden. Ist aber die Vertragsabwicklung ungewöhnlich, so kann auf eine Prüfung, welche Absicht der Steuerpflichtige bei der einzelnen Einzahlung hatte, nicht verzichtet werden.

Das Finanzgericht ist, nachdem es alle vom Bf. vorgetragenen Umstände in seine Beweiswürdigung (ß 278 AO) einbezogen hatte, zur der Auffassung gekommen, der Bf. habe bei der streitigen Einzahlung im Jahre 1953 den Zweck verfolgt, den Bau des Fabrikgebäudes zu finanzieren. Es hat dabei auf den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der streitigen Einzahlung, der Gewährung der Zwischenkredite sowie der Errichtung des Fabrikgebäudes besonderen Wert gelegt; auch die Tatsache, daß die Einzahlung von 12 700 DM bei der finanziellen Beanspruchung des Steuerpflichtigen ungewöhnlich hoch war, hat es bei der Feststellung, welche Absicht der Bf. verfolgte, berücksichtigt; die Unregelmäßigkeit der Einzahlungen im Laufe der Jahre deutet in dieselbe Richtung. Den Tatsachen, auf die sich der Bf. für seine gegenteilige Absicht beruft, hat das Finanzgericht keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Die äußerung der Bausparkasse, daß sie nach ihren Satzungen in der Regel nicht den Bau von Betriebsgebäuden finanziere, brauchte das Finanzgericht nicht in dem vom Bf. gewollten Sinn zu würdigen. Es ist im übrigen dem Senat aus anderen Sachen bekannt, daß zuweilen Baudarlehen auch zur Errichtung von Betriebsgebäuden gegeben werden. Jedenfalls konnte das Finanzgericht ohne Rechtsverstoß zu der Auffassung kommen, die streitige Einzahlung sei eine Betriebsausgabe, also keine Sonderausgabe gewesen. Die Einwendungen des Bf. richten sich gegen die Beweiswürdigung des Finanzgerichts und die einwandfrei zustande gekommenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (ß 288 AO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 409507

BStBl III 1959, 467

BFHE 1960, 553

BFHE 69, 553

BB 1959, 1197

DB 1959, 1331

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