Leitsatz (amtlich)

1. Die Vermietung einer Ferienwohnung begründet einen Gewerbebetrieb, wenn die Wohnung hotelmäßig zur Vermietung angeboten wird. Dies ist dann der Fall, wenn eine für kurzfristiges Wohnen voll eingerichtete und ausgestattete Eigentumswohnung in einem Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen anderer Wohnungseigentümer liegt, zu einer einheitlichen Wohnanlage gehört, und wenn die Werbung für, kurzfristige Vermietung an laufend wechselnde Mieter und die Verwaltung einer für die Wohnanlage bestehenden Feriendienstorganisation übertragen wurde.

2. Ein Anspruch auf Prozeßzinsen für eine Investitionszulage, die in einem gerichtlichen Verfahren erstritten wird, besteht nicht.

 

Normenkette

InvZulG 1969 § 1; GewStG § 2; GewStDV §§ 1, 8-9

 

Tatbestand

Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin (Klägerin) verpflichtete sich durch Vertrag vom 22. Juni 1970, zwei Miteigentumsanteile an einem Grundstück zu erwerben. Gleichzeitig schloß sie mit der Baubetreuungsgesellschaft Verträge über die Errichtung von zwei Eigentumswohnungen. Zur Zeit des Vertragsschlusses der Klägerin war der Rohbau der Anlage kurz vor der Fertigstellung. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft bescheinigte im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft und Verkehr, daß die Errichtung der Betriebstätten besonders förderungswürdig und geeignet sei, die Wirtschaftsstruktur des förderungsbedürftigen Gebiets zu verbessern und daß sie den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung entspreche.

Nach Fertigstellung der Wohnungen schloß die Klägerin mit der Firma ... Feriendienst einen Vertrag über die Vermietung dieser Wohnungen.

Am 2. Dezember 1971 stellte die Klägerin bei dem Beklagten, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagten (FA) den Antrag, ihr für die Ferienwohnungen eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz zu gewähren. Diesen Antrag lehnte das FA mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Bauherrin der Wohnungen.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG gab der Klage - mit Ausnahme der geltend gemachten Prozeßzinsen in Höhe von 6 v. H. seit Rechtshängigkeit - statt. Es vertrat die Auffassung, die Klägerin sei Bauherrin der Wohnungen; sie sei auch als Gewerbetreibende anzusehen.

Mit der Revision rügt das FA, das FG habe materielles Recht verletzt, weil es die Klägerin als Bauherrin der beiden Wohnungen und die Vermietung der Wohnungen als Gewerbebetrieb angesehen habe. Mit ihrer Anschlußrevision rügt die Klägerin, das FG habe ihr zu Unrecht den Anspruch auf Prozeßzinsen nicht zuerkannt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen und außerdem die Anschlußrevision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen und aufgrund ihrer Anschlußrevision die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als das FG ihren Antrag auf Prozeßzinsen abgewiesen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA hat - ebenso wie die Anschlußrevision der Klägerin - keinen Erfolg.

I.

Die Vermietung der Wohnungen durch die Klägerin führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb; die Klägerin ist auch Bauherrin dieser Wohnungen.

1. Nach § 1 Abs. 1 InvZulG 1969 - im folgenden InvZulG - erhalten u. a. Steuerpflichtige i. S. des EStG, die den Gewinn aus Gewerbebetrieb aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln und in förderungsbedürftigen Gebieten eine Betriebstätte errichten, auf Antrag für die zur Errichtung der Betriebstätte angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens eine Investitionszulage. Diese Zulage wird bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nach den Herstellungskosten bemessen (§ 1 Abs. 5 Nr. 2 InvZulG). Aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang dieser Vorschriften ergibt sich, daß die Gewährung einer Investitionszulage für die Errichtung von Eigentumswohnungen voraussetzt,

a) daß die Nutzung der Wohnungen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt und

b) daß die Wohnungseigentümer Bauherren der Wohnungen und nicht nur deren Käufer sind, weil nur beim Bauherrn Herstellungskosten entstehen können.

2. Ein Steuerpflichtiger erzielt Gewinne aus Gewerbebetrieb i. S. des § 1 InvZulG, wenn er einen Gewerbebetrieb i. S. des § 2 GewStG unterhält. Nach § 1 Abs. 1 GewStDV ist ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr darstellt. Trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen ist eine Betätigung dann keine gewerbliche, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung nicht überschreitet. Dies folgt daraus, daß auch der Gewerbebetrieb unter den Oberbegriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs fällt und ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht gewerbesteuerpflichtig ist, soweit er über den Rahmen einer Vermögensverwaltung nicht hinausgeht (§ 8 Abs. 2 GewStDV). Nach § 9 GewStDV liegt Vermögensverwaltung in der Regel dann vor, wenn Vermögen genutzt, z. B. unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Dies beruht auf der Überlegung, daß der Grundbesitz ein Vermögensobjekt ist, aus dem durch Vermietung oder Verpachtung eine in der Regel vorhersehbar gleichmäßige Rendite des investierten Kapitals zu erzielen ist, ähnlich wie bei der Kapitalvermögensnutzung. Dieses Bild ändert sich, sobald neben der Verwaltungsarbeit, die mit der Dauervermietung verbunden ist, aufgrund der Besonderheiten der Vermietung des Einzelfalls eine zusätzliche wesentliche laufende Betätigung erforderlich wird (vgl. Vangerow, StuW 1964 Sp. 805).

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen dann als gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn besondere Umstände hinzutreten, die der Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr verleihen (vgl. Entscheidung vom 18. Januar 1973 IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561). Solche Umstände hat die Rechtsprechung zum Teil in bestimmten, ins Gewicht fallenden Sonderleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter gesehen, die bei der Vermietung von Räumen nicht üblich sind, wie z. B. die Reinigung und Instandhaltung vermieteter gewerblicher Räume durch den Vermieter (vgl. BFH-Entscheidung vom 17. Januar 1961 I 53/60 S, BFHE 72, 637, BStBl III 1961, 233). Zum Teil hat die Rechtsprechung auch darauf abgestellt, daß die Art der Vermietung Besonderheiten aufweist, die ihr einen gewerblichen Charakter verleihen. Als solche Besonderheiten wurden ein aus der Natur des zu vermietenden Objektes sich ergebender häufiger Mieterwechsel und die Entfaltung von Reklametätigkeit angesehen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 12. März 1964 IV 136/61 S, BFHE 79, 366 [373], BStBl III 1964, 364, und IV R 196/71). Entscheidend für die Annahme gewerblicher Tätigkeit ist in beiden Fallgruppen, daß die Erzielung der Mieteinkünfte mit einem über die Fruchtziehung hinausgehenden "dauernden Triebwerk" (Vangerow, a. a. O. Sp. 805 und 811) verbunden ist.

b) Die Verwaltung hat die Beurteilung der Frage, ob die Vermietung von Ferienwohnungen eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, entscheidend an der Anzahl der Wohnungen ausgerichtet, die der einzelne Eigentümer vermietet. Bei Vermietung von mehr als zwei Wohnungen hat sie eine gewerbliche Tätigkeit ohne weiteres angenommen. Die Vermietung von weniger als drei Wohnungen hat sie nur dann als gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn eine hotelmäßige Nutzung der Ferienwohnungen vorliegt (vgl. Niedersächsisches Finanzministerium vom 6. April 1971, BB 1971, 562). Der Senat läßt die Richtigkeit dieser Auffassung dahingestellt. Allerdings stimmt er der Finanzverwaltung zu, daß der häufige Mieterwechsel für sich allein jedenfalls nicht die Annahme eines Gewerbebetriebs begründet. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer der Wohnung die Mieter nicht nur in seinem Bekanntenkreis, sondern z. B. durch Zeitungsinserate sucht. Denn die Vermietung von Wohnungen ist so sehr im Bereich der Vermögensverwaltung angesiedelt, daß nicht allein der häufige Mieterwechsel die Vermietertätigkeit zu einer gewerblichen machen kann.

c) Im Streitfall sieht der Senat die besondere Art des vermieteten Objekts (aa) i. V. m. der besonderen Art der Vermietung (bb) als entscheidend für die Annahme eines über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehenden Gewerbebetriebs an.

aa) Nach den Feststellungen des FG sind die beiden Wohnungen der Klägerin mit dem für die Führung eines Haushalts erforderlichen Zubehör ausgestattet (Möblierung, Wäsche, Geschirr usw.). Sie liegen in einem reinen Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl von Eigentumswohnungen anderer Wohnungseigentümer, die zusammen eine einheitliche und in sich geschlossene Wohnanlage bilden, deren Wohnungen überwiegend in derselben Weise genutzt werden. Durch diese verbandsmäßige Vereinigung der Wohnungen und die im wesentlichen gleichartige Nutzung durch Vermietung an Feriengäste ist ein Ferienzentrum entstanden, das ungeachtet der rechtlichen Konstruktion des Eigentums nach außen als eine Einheit in Erscheinung tritt und deshalb notwendig einer gemeinschaftlichen Organisation bedarf.

bb) Die Wohnungen der Klägerin werden ebenso wie die Mehrzahl der übrigen Wohnungen durch eine Feriendienstorganisation laufend wechselnden Mietern in ähnlicher Weise angeboten, wie das Hotelgewerbe im Wirtschaftsverkehr die Vermietung von Zimmern und Appartements anbietet (hotelmäßiges Angebot, nicht zu verwechseln mit der von der Finanzverwaltung geforderten hotelmäßigen Nutzung). Hieraus folgt, daß die Wohnungen jederzeit zur Vermietung bereitgehalten werden müssen, auch wenn Voranmeldungen nicht vorliegen. Dazu ist es erforderlich, daß nach Art der Rezeption eines Hotels laufend Personal anwesend ist, das mit den Feriengästen Mietverträge schließt und abwickelt und dafür sorgt, daß die Wohnungen in einem Ausstattungs-, Erhaltungs- und Reinigungszustand sind und bleiben, der die sofortige Vermietung zuläßt.

cc) Mit diesem organisierten hotelmäßigen Vermietungsangebot ihrer beiden Wohnungen, die im Verband mit einer Vielzahl im wesentlichen gleichartig genutzter Wohnungen liegen, hat die Klägerin den Bereich der privaten Vermögensverwaltung durch Vermietung verlassen. Sie hat sich zur Verwaltung der Wohnungen dem ... Feriendienst angeschlossen. Diese Organisation übernimmt die gesamte Werbung für die Wohnungen des Ferienzentrums und sorgt für eine möglichst vollständige Ausnutzung der Bettenkapazität u. a. durch Zusammenarbeit mit großen Reisebüros. Sie unterhält zur Verwaltung der Wohnungen und zur Betreuung der Mieter einen Personalstab im Ferienzentrum. Im Hinblick auf die oben beschriebene besondere Art der Wohnungen und die daraus sich ergebende Zwangsläufigkeit der organisierten Vermietung für die Mehrzahl der vermietenden Wohnungsinhaber erübrigt sich für die Annahme eines Gewerbebetriebs eine gesellschaftliche Verbindung der Wohnungseigentümer untereinander.

d) Es ist für die Wertung des Gesamtbilds der Vermietung der Klägerin ohne Bedeutung, daß sie die mit der Vermietung zusammenhängenden Leistungen nicht selbst (persönlich) erbringt, sondern durch einen Dritten erbringen läßt. Entscheidend ist nur, daß diese Leistungen für die Klägerin als Auftraggeber erbracht werden (BFH-Entscheidung vom 14. November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239). Das ist hier aufgrund des Vermietungsvertrags der Fall. Ohne Bedeutung für die Wertung der Vermietungstätigkeit der Klägerin ist auch, daß der Dritte die für sie übernommenen Aufgaben eigengewerblich erledigt (BFH-Entscheidung vom 13. März 1969 IV R 132/68, BFHE 95, 488, BStBl II 1969, 483). Allerdings kann der Klägerin nur die Tätigkeit des Dritten zugerechnet werden, die er für sie erbringt, dagegen nicht seine Eigenschaft als Gewerbetreibender. Der Senat hat die Wertung der Vermietung der Klägerin als gewerbliche Tätigkeit aber, wie oben dargelegt, nicht aus der Eigenschaft der Feriendienstorganisation als selbständiger Gewerbetreibender hergeleitet.

Auf eine hotelmäßige Nutzung der Wohnungen selbst, nämlich tägliche Reinigung, Bettenmachen sowie Versorgung mit Speisen, kommt es im Streitfall deshalb entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom 2. März 1972, BB 1972, 699) nicht an. Auch ist unter Berücksichtigung der Art des Objekts und der Art der Vermietung nicht entscheidend, ob der einzelne Wohnungseigentümer mehrere Wohnungen oder nur eine Wohnung hotelmäßig zur Vermietung anbietet.

e) Der VIII. Senat des BFH hat allerdings in dem nichtveröffentlichten Urteil vom 25. Juni 1974 VIII R 233/73 den Rechtsstandpunkt eingenommen, daß die Vermietung einer Ferienwohnung keine gewerblichen Einkünfte begründe, wenn diese Wohnung nicht hotelmäßig genutzt werde. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung nicht. Er braucht wegen der Abweichung von dem Urteil VIII R 233/73 weder den Großen Senat anzurufen noch die Zustimmung des VIII. Senats einzuholen, weil er inzwischen für die Entscheidung über Investitionszulagesachen ausschließlich zuständig geworden ist (vgl. BFH-Entscheidung vom 11. Mai 1962 VI 55/61 U, BFHE 75, 112, BStBl III 1962, 310).

3. Nach § 11 c Abs. 3 EStDV ist Bauherr i. S. des § 7 Abs. 5 EStG, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen läßt. Aus der Alternative "ein Gebäude bauen läßt" ergibt sich, daß die Erbauung eines Gebäudes oder - was dem Begriff im Hinblick auf § 7 Abs. 5 EStG gleichgesetzt werden muß - einer Eigentumswohnung durch einen Baubetreuer die Bauherrneigenschaft des Auftraggebers nicht ausschließt.

a) Die Klägerin vereinbarte mit der Baubetreuungsgesellschaft (BBG) einen Festpreis für die Herstellung der Wohnungen. Dies schließt ihre Bauherrneigenschaft nicht aus, denn das Bauherrnrisiko erschöpft sich nicht im Baukostenrisiko, sondern es ist umfassender zu verstehen und umfaßt alle Wagnisse des Bauherrn. Durch die Vereinbarung eines Festpreises wurde das Baukostenrisiko zwar im wesentlichen auf die BBG abgewälzt. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Klägerin vom Kostenrisiko nicht völlig freigestellt war. Sie mußte den Festpreis an die BBG zahlen. Diese schloß mit den Bauunternehmern und den Bauhandwerkern Verträge mit unmittelbarer Wirkung für die Klägerin ab. Die Klägerin hätte deshalb trotz des Festpreises für die Forderungen der Handwerker insoweit unmittelbar einstehen müssen, als die BBG im Falle einer Insolvenz aus dem an sie gezahlten Festpreis nicht mehr hätte leisten können.

b) Es trifft zwar zu, daß nach dem Werkvertragsrecht (vgl. § 644 BGB) bis zur Abnahme des Werks die Gefahr des Untergangs nicht der Besteller trägt. Das FG hat jedoch durch Bezugnahme auf den Baubetreuungsvertrag festgestellt, daß auf das von der BBG vermittelte Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Bauunternehmern die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) anzuwenden war. Nach VOB Teil B § 7 trägt das Untergangs- und Beschädigungsrisiko des Baues durch höhere Gewalt der Auftraggeber auch schon vor Abnahme der Bauleistungen. Die Klägerin hat im übrigen keinerlei Gewährleistungsanspruch gegen die BBG, sondern, wie es für den Bauherrn typisch ist, nur gegen die von der BBG ausgewählten Bauhandwerker.

c) Der Senat stimmt dem FG auch darin zu, daß die Klägerin einen hinreichenden Einfluß auf die Planung des Bauvorhabens hatte, um nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles als Bauherrin angesehen werden zu können. Sie konnte innerhalb ihres Sondereigentums sowohl die Raumaufteilung wie die Ausgestaltung und Ausstattung völlig frei bestimmen. Denn nach den unangefochtenen Feststellungen des FG sind nur die Begrenzungswände jeder Wohnung tragende Wände. Allerdings unterlag die Klägerin bezüglich der Planung und Bauausführung des Miteigentums erheblichen Beschränkungen, bedingt durch die Vielzahl der Miteigentümer. Soweit hieraus in der Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht (vgl. BFH-Entscheidung vom 15. März 1973 VIII R 150/70, BFHE 109, 257, BStBl II 1973, 593) und zum Grunderwerbsteuerrecht (vgl. BFH-Urteile vom 4. September 1974 II R 112/69 und II R 119/73, BFHE 113, 545 und 480, BStBl II 1975, 89 und 91) Bedenken gegen die Bauherrneigenschaft hergeleitet wurden, ist der Senat der Auffassung, daß sie unter Berücksichtigung des in § 1 InvZulG zum Ausdruck kommenden Förderungsgedanken auf die Investitionszulage nicht ohne weiteres übertragen werden können.

Es steht fest, daß eine Förderung des Zonenrandgebiets auch und gerade durch eine Verbesserung des Fremdenverkehrs möglich und nötig ist. Diese Förderung wird aber wirksam nur durch Errichtung größerer Ferienzentren, dagegen weniger durch den Bau einzelner Ferienwohnungen erreicht. Die Errichtung eines Ferienzentrums in der Rechtsgestalt von Eigentumswohnungen, die zu einer einheitlichen Anlage gehören, wäre aber nicht zu verwirklichen, wenn nicht ein Baubetreuer zunächst den Interessenten die Gesamtplanung vorlegen könnte. Diese kann dann jeder Wohnungseigentümer für sein Sondereigentum im Rahmen der technischen und baurechtlichen Möglichkeiten, im übrigen aber nur die Gemeinschaft der Eigentümer verändern. Aus diesem Grund hält es der Senat für die Annahme der Bauherrneigenschaft der Klägerin auch nicht für schädlich, daß die Baugenehmigung von der BBG im eigenen Namen eingeholt wurde und daß sich die Klägerin erst kurz vor Vollendung des Rohbaus an dem Unternehmen beteiligte. Denn die für die Annahme der Bauherrneigenschaft i. S. des Investitionszulagengesetzes gegebene Einflußmöglichkeit auf die Planung wurde durch die spätere Beteiligung der Klägerin nicht entscheidend beschränkt.

II.

Der Klägerin stehen keine Prozeßzinsen zu; ihre Anschlußrevision war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

1. Nach § 111 Abs. 1 FGO ist der auf eine Abgabenschuld zuviel entrichtete Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit bis zum Auszahlungstag zu verzinsen, wenn die Abgabenschuld durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung herabgesetzt wird. Das gleiche gilt für Vergütungsansprüche, die erst aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung befriedigt werden (§ 111 Abs. 4 FGO). Im Entscheidungsfall wurde weder eine Abgabenschuld herabgesetzt noch eine Vergütung ausgezahlt. Denn Vergütungen setzen voraus, daß eine Steuer entrichtet worden ist; sie stehen also im Zusammenhang mit Steuern (§ 158 Abs. 1 AO). Aus der Übernahme der Regelung der Erstattungszinsen von § 111 FGO in § 4 b StSäumG, der für dieses Verfahren mit Wirkung vom 30. September 1975 (vgl. Art. 11 § 6 des Gesetzes vom 24. Juni 1975, BGBl I 1975, 1509, 1535) anzuwenden ist, ergibt sich nichts anderes.

2. Nach § 4 StSäumG werden Steueransprüche, Erstattungs- und Vergütungsansprüche sowie Ansprüche auf Rückzahlung hinterlegter Gelder nur verzinst, wenn dies in Steuergesetzen vorgeschrieben ist. Die Gewährung einer Investitionszulage ist nicht ein Akt der staatlichen Eingriffsverwaltung, sondern der sog. darreichenden Verwaltung. Auf die durch einen Rechtsstreit erzwungene Zahlung einer Investitionszulage ist deshalb § 111 FGO (§ 4 b StSäumG) nicht anwendbar. Dies gilt nach Auffassung des Senats um so mehr, als dem Gesetzgeber die Verzinsungsfrage im Zusammenhang mit der Investitionszulage durchaus gegenwärtig war; denn nach § 3 Abs. 5 letzter Satz InvZulG ist der Anspruch auf Rückzahlung der Investitionszulage vom Zeitpunkt seiner Entstehung an zu verzinsen.

3. Allerdings hat der VI. Senat des BFH mit Urteil vom 16. März 1973 VI R 91/69 (BFHE 109, 161, BStBl II 1973, 550) unter Aufgabe. seiner früheren gegenteiligen Rechtsauffassung entschieden, daß eine durch einen Rechtsstreit erstrittene Wohnungsbau-Prämie in entsprechender Anwendung des § 155 AO a. F. vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bis zum Auszahlungstag zu verzinsen sei. Dieses Urteil beruht aber neben einigen anderen Gründen entscheidend auf der Überlegung, daß § 4 Abs. 4 Satz 3 WoPG 1960 für die Anfechtung von Bescheiden über die Gewährung von Wohnungsbau-Prämie die Vorschriften über das Berufungsverfahren für entsprechend anwendbar erkläre. Diese Verweisung schließe auch die Regelung der Reichsabgabenordnung über die Gewährung von Prozeßzinsen mit ein. Inzwischen ist der Anspruch auf Prozeßzinsen nicht mehr in der Reichsabgabenordnung geregelt. Die Vorschrift des § 3 Abs. 6 InvZulG, wonach der Erste und Zweite Teil der Reichsabgabenordnung, das StAnpG und das StSäumG entsprechend anzuwenden sind, läßt den von der Entscheidung VI R 91/69 gezogenen Schluß für die Investitionszulage nicht zu. Aus § 4 StSäumG i. V. m. § 3 Abs. 5 letzter Satz InvZulG entnimmt der Senat vielmehr, daß Prozeßzinsen für eine erst durch Rechtsstreit erzwungene Investitionszulage nicht in Betracht kommen. Auch der V. Senat des BFH steht auf dem Boden der Rechtsauffassung des erkennenden Senats. Denn er hat mit Urteil vom 19. Februar 1976 V R 132/71 (BFHE 118, 415, BStBl II 1976, 497) entschieden, daß ein vor den Gerichten erstrittener Anspruch auf Steuererstattung aus Billigkeitsgründen nicht nach § 111 FGO für die Zeit ab der Rechtshängigkeit zu verzinsen sei.

Der Senat verkennt nicht, daß die Entscheidung VI R 91/69 auch auf das Argument gestützt wird, der Anspruch des Sparers auf Gewährung einer Wohnungsbau-Prämie dürfe für die Verzinsung nicht anders behandelt werden als der Anspruch des Staates auf Rückzahlung einer zu Unrecht gezahlten Prämie. Die rechtspolitische Erwägung mag zwar die Rechtsauffassung des Urteils VI R 91/69 mit stützen, der erkennende Senat kann aber nicht auf diese Erwägung allein einen Anspruch auf Prozeßzinsen gründen, weil er sonst in unzulässiger Weise in die Befugnisse des Gesetzgebers eingreifen würde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71980

BStBl II 1976, 728

BFHE 1977, 336

NJW 1976, 1863

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