Leitsatz (amtlich)

Zur Behandlung ausländischer Steuern bei der inländischen Gewinnermittlung

a) Übernimmt der ausländische Auftraggeber für eine im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft deren ausländische Quellensteuer, so ist die Übernahme als Teil des Leistungsentgeltes zu behandeln, das die Betriebseinnahmen erhöht.

b) Die ausländische Quellensteuer kann wegen § 10 Nr.2 KStG 1977 von der unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgabe abgesetzt werden.

 

Orientierungssatz

1. Auch wenn der ausländische Auftraggeber für die im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft deren ausländische Quellensteuer übernimmt, kann die Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer angerechnet werden.

2. § 26 KStG 1977 sieht in der bis 1980 geltenden Fassung eine Ermäßigung der Körperschaftsteuer nur bis zur Höhe der anteiligen Steuer vor, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Fällt keine deutsche Körperschaftsteuer an, weil das Einkommen negativ ist, so besteht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für den deutschen Fiskus keine Verpflichtung, Entlastung von der im Ausland erhobenen ausländischen Steuer zu gewähren. Dies kann allenfalls Sache des ausländischen Fiskus sein.

 

Normenkette

KStG 1977 § 10 Nr. 2, § 26 Abs. 1, 6 S. 1; EStG § 34c Abs. 1-2; HGB § 243 Abs. 2, §§ 246, 275; EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine inländische GmbH, die in der Zeit zwischen 1977 und 1979 die Montage in Nigeria, Madagaskar und Venezuela betrieb. Sie war in den genannten Staaten mit den dort aus Montageleistungen erzielten Einkünften steuerpflichtig. Die Steuer wurde durch die Erhebung einer Quellensteuer auf die Einnahmen abgegolten. Insgesamt wurden für 1978 Quellensteuern in Höhe von 80 248,42 DM und für 1979 solche in Höhe von 125 683,31 DM erhoben. Die Klägerin erhielt die Beträge von ihren ausländischen Auftraggebern wieder erstattet.

Die Klägerin erwirtschaftete in den Jahren 1979 und 1980 Verluste. Den Verlust 1979 trug sie nach 1978 zurück. Den nach Rücktrag verbleibenden Verlust 1979 sowie den Verlust 1980 trug sie in das Streitjahr 1981 vor. Entsprechend betrug die tarifliche Körperschaftsteuer für 1978 und 1979 jeweils 0 DM. Streitig ist die Höhe des nach 1981 vorzutragenden Verlustes. Das Einkommen der Klägerin 1981 beträgt ohne Verlustvortrag 2 997 340 DM. Nach Auffassung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) kann von diesem Betrag ein Gesamtverlust von nur 2 470 212 DM abgesetzt werden. Die Klägerin begehrt dagegen einen Verlustabzug in Höhe von 2 676 134 DM. Der Differenzbetrag von 205 931 DM entspricht der Summe der o.g. Quellensteuern, die die Klägerin zu entrichten hatte und von ihren Auftraggebern erstattet erhielt. Die Klägerin ist dazu der Auffassung, daß die Erstattung gewinneutral zu behandeln sei, weil Einnahmen und Ausgaben sich wechselseitig aufhöben.

Das FA rechnete im Körperschaftsteuerbescheid 1981 vom 5.Dezember 1984 die Erstattungen den Betriebseinnahmen 1978 und 1979 der Klägerin hinzu und ließ die Quellensteuern aus Gründen des § 10 Nr.2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Dadurch betrug das zu versteuernde Einkommen 1981 527 120 DM und die tarifliche Körperschaftsteuer 1981 295 187 DM.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit ihrer vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 10 Nr.2, des § 8 Abs.1 KStG 1977 und des § 5 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Sie beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, den Körperschaftsteuerbescheid 1981 vom 5.Dezember 1984 zu ändern und die Körperschaftsteuer auf 179 865 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach den tatsächlichen und den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts --FG-- (§ 118 Abs.2 FGO) war die Klägerin in den Jahren 1978 bis 1981 eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland. Sie war deshalb unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig i.S. des § 1 Abs.1 Nr.1 KStG 1977. Was als Einkommen der Klägerin gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich wegen der entsprechenden Verweisung in § 8 Abs.1 KStG 1977 u.a. nach den Vorschriften des EStG. Da die Klägerin als GmbH zu den Gewerbetreibenden zählte, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften (§ 13 Abs.3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--, §§ 6, 38 ff. des Handelsgesetzbuches --HGB-- a.F.) verpflichtet waren, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, ist für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung (§ 4 Abs.1 Satz 1 EStG) für den Schluß der Wirtschaftsjahre 1978 und 1979 das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 5 Abs.1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Danach waren die Jahresabschlüsse 1978 und 1979 klar und übersichtlich aufzustellen (vgl. heute: § 243 Abs.2 HGB n.F.). Es mußten sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge vollständig ausgewiesen werden (vgl. heute: § 246 Abs.1 HGB n.F.). Als Ausfluß des allgemeinen Gebotes der Klarheit und der Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses und des Vollständigkeitsgebotes galt sowohl für die Bilanz als auch für die Gewinn- und Verlustrechnung ein Saldierungsverbot (vgl. heute: § 246 Abs.2 HGB n.F.). Entsprechend war die Klägerin gehalten, ihre Betriebseinnahmen und ihre Quellensteuern (Betriebsausgaben) getrennt voneinander anzusetzen.

2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich weder aus der entsprechenden Anwendung des § 275 Abs.2 Nr.18, Abs.3 Nr.17 HGB n.F. noch unter dem Gesichtspunkt "negativer Betriebsausgaben". Die teilweise für zulässig erachtete Saldierung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen (vgl. Budde/Förschle, in: Beck'scher Bilanzkommentar, § 275 HGB, Rdnr.252 ff.; Bullinger, Betriebs-Berater --BB-- 1986, 844) betrifft nur Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus. Wird die Steuer dagegen von dem Vergütungsschuldner erstattet, so handelt es sich nicht um den "contrarius actus" zur Steuerzahlung, sondern der Vergütungsgläubiger soll lediglich vermögensmäßig so gestellt werden, wie er stünde, wenn er die Steuer nicht hätte entrichten müssen. Eine derartige Erstattung ist Teil des Leistungsentgelts. Damit ist sie eine unter den Umsatzerlösen auszuweisende Betriebseinnahme (vgl. heute: § 275 Abs.2 Nr.1, Abs.3 Nr.1 HGB n.F.). In gleicher Weise kann der Ansatz "negativer Betriebsausgaben" allenfalls dann in Betracht gezogen werden, wenn die Betriebsausgabe von dem Gläubiger der Aufwendung rückerstattet wird (so auch: Crezelius, in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 8 Rdnr.B 44). Daran fehlt es im Streitfall, weil die Quellensteuern nicht von dem ausländischen Fiskus erstattet wurden.

3. Aus den einschlägigen steuerlichen Vorschriften ergibt sich keine andere Rechtsfolge:

a) Dies gilt einmal für die Anwendung von § 26 Abs.1 KStG 1977 i.V.m. § 34c Abs.1 EStG. Danach können bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer angerechnet werden. Aus der Vorschrift folgt zum einen, daß das deutsche Körperschaftsteuerrecht die ausländische Quellensteuer erst auf die tarifliche Körperschaftsteuer anrechnet, jedoch nicht schon von der Bemessungsgrundlage absetzt (vgl. aber b). Zum anderen folgt aus der getroffenen Regelung im Umkehrschluß, daß die der ausländischen Quellensteuer unterworfenen Einnahmen in die inländische Bemessungsgrundlage einkommenserhöhend einzubeziehen sind. Andernfalls könnte auf die ausländischen Einkünfte keine deutsche Körperschaftsteuer entfallen, die zu ermäßigen das Ziel des § 26 Abs.1 KStG 1977 ist. Dies gilt auch dann, wenn die ausländische Quellensteuer von dem Vergütungsschuldner erstattet wird. Die Erstattung ist keine "Ermäßigung" der ausländischen Steuer i.S. des § 26 Abs.1 KStG 1977. Sie schließt deshalb die Anrechnung der Quellensteuer nicht aus.

Im Streitfall findet § 26 Abs.1 KStG 1977 nur deshalb keine Anwendung, weil die Klägerin in den Wirtschaftsjahren 1978 und 1979 keine positiven zu versteuernden Einkommen erwirtschaftete. Deshalb waren für 1978 und 1979 keine tariflichen Körperschaftsteuern festzusetzen, die gemäß § 26 Abs.1 KStG 1977 hätten ermäßigt werden können. Dies hindert jedoch nicht daran, die ausländischen Quellensteuern entsprechend der in § 26 Abs.1 KStG 1977 enthaltenen Regelung systematisch einzuordnen. Im übrigen umfaßt die Regelung des § 26 Abs.1 KStG 1977 nicht die Möglichkeit, die an sich dort vorgesehene Steuerermäßigung nach Art des § 10d EStG in einen anderen Veranlagungszeitraum vor- oder rückzutragen.

b) Das FG hat zutreffend auf § 26 Abs.6 Satz 1 KStG 1977 i.V.m. § 34c Abs.2 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes vom 20.August 1980 (BGBl I 1980, 1545, BStBl I 1980, 589) hingewiesen. Danach kann bei der Einkommensermittlung für Veranlagungszeiträume ab 1980 statt der Anrechnung gemäß § 26 Abs.1 KStG 1977 die ausländische Steuer bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden. Hätte deshalb die Klägerin die hier interessierenden Quellensteuern erst für 1980 entrichtet, so hätte sich für 1980 ein um die Quellensteuern gemindertes Einkommen ergeben. Aus der Tatsache, daß § 34c Abs.2 EStG in der o.g. Fassung erst ab 1980 gilt, folgt aber für die Veranlagungszeiträume 1978 und 1979 im Umkehrschluß, daß der Gesamtbetrag der Einkünfte als ein solcher zu verstehen ist, der um die ausländische Quellensteuer nicht gemindert sein darf.

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 10 Nr.2 KStG 1977. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 23.November 1988 I R 180/85 (BFHE 154, 552, BStBl II 1989, 116) entschieden, daß die Vorschrift in der für die Veranlagungszeiträume 1978 und 1979 geltenden Fassung ihrem Wortlaut entsprechend eng auszulegen ist. Danach können nur solche Steuererstattungen als steuerfreie Betriebseinnahmen behandelt werden, die der Fiskus als Steuergläubiger an den Steuerpflichtigen entrichtet. Die Vorschrift kann jedoch nicht dahin ausgedehnt werden, daß einerseits für Stundungszinsen auf Steuerschulden ein Betriebsausgabenabzugsverbot bestünde und andererseits Zinsen auf Steuererstattungen steuerfreie Betriebseinnahmen auslösten (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.Februar 1975 VIII R 104/70, BFHE 115, 216, BStBl II 1975, 568). Aus demselben Grund hat der Senat den Rechtsgedanken des § 10 Nr.2 KStG 1977 auch nicht auf Schadensersatzleistungen eines Steuerberaters angewendet, wenn der Schaden in einer zu hohen Körperschaftsteuerfestsetzung bestand (vgl. BFH-Urteile vom 8.Dezember 1971 I R 80/70, BFHE 104, 134, BStBl II 1972, 292; vom 15.Dezember 1976 I R 4/75, BFHE 121, 57, BStBl II 1977, 220). Diese Überlegung muß auch im Streitfall gelten. Es kann für die Auslegung des Begriffes "Betriebseinnahmen" keinen Unterschied machen, ob sich der Vergütungsschuldner zur zusätzlichen Übernahme der anfallenden Quellensteuer verpflichtet oder ob die vereinbarte Gesamtvergütung um die Quellensteuer erhöht und letztere zu Lasten des Steuerpflichtigen (Vergütungsgläubiger) abgeführt wird.

4. Die von der Klägerin in ihrer Revisionsbegründung angestellten Überlegungen greifen nicht ausnahmslos durch:

a) Das KStG 1977 behandelt die nicht anrechenbare ausländische Körperschaftsteuer als nicht abziehbare Betriebsausgabe. Für nicht abziehbare Betriebsausgaben gilt der allgemeine Grundsatz, daß sie das verwendbare Eigenkapital mindern und für Ausschüttungszwecke nicht zur Verfügung stehen (§ 31 Abs.1 Nr.3 KStG 1977). Da sie gleichzeitig das Einkommen erhöhen, sind sie geeignet, eine tarifliche Körperschaftsteuer auszulösen, die der Höhe nach einer solchen auf die ausländische Quellensteuer entspricht. Ist das zu versteuernde Einkommen negativ, so bewirkt die nicht anrechenbare ausländische Quellensteuer für die Veranlagungszeiträume vor 1980 eine Minderung des abziehbaren Verlusts. Diese Steuerfolgen sind systemimmanent und entsprechen dem Grunde nach der Regelung des § 12 Nr.3 EStG.

b) Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, daß die Regelung des § 10 Nr.2 KStG 1977 auf die Annahme "gemischter Aufwendungen" zurückgehe. § 10 Nr.2 KStG 1977 hat seinen Rechtsvorgänger in § 12 Nr.2 KStG 1975. Beide Vorschriften bauen auf der Entscheidung des Gesetzgebers auf, als Einkommen einen Betrag vor Abzug von Körperschaftsteuer zu definieren. Dies geht auf die systematische Gleichbehandlung gleichartiger Ertragsteuern zurück. § 10 Nr.2 KStG 1977 erlaubt es deshalb unter keinem Gesichtspunkt, Leistungsentgelte, die entweder für Körperschaftsteuerzahlungen verwendet werden oder eine bereits geleistete Körperschaftsteuerzahlung "ausgleichen" sollen, als steuerfreie Betriebseinnahmen zu behandeln.

c) Unrichtig ist die Annahme der Klägerin, die "Steuererstattung" würde zweimal der deutschen Besteuerung unterworfen. Richtig ist, daß ein bestimmter Einkommensteil sowohl der ausländischen als auch der inländischen Besteuerung unterliegt, wobei die Besteuerung im Inland so vorgenommen wird, als würde im Ausland der gleiche Einkommensteil nicht noch einmal besteuert.

d) Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, sich zu einer etwaigen Billigkeitsentscheidung zu äußern. Der Gesetzgeber hat in § 26 KStG 1977 Regelungen getroffen, die eine Steuerermäßigung beim Bezug ausländischer Einkünfte zum Gegenstand haben. Die Vorschrift sieht in der bis 1980 geltenden Fassung eine Ermäßigung der Körperschaftsteuer nur bis zur Höhe der anteiligen Steuer vor, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Fällt keine deutsche Körperschaftsteuer an, weil das Einkommen negativ ist, so besteht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für den deutschen Fiskus keine Verpflichtung, Entlastung von der im Ausland erhobenen ausländischen Steuer zu gewähren. Dies kann allenfalls Sache des ausländischen Fiskus sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63513

BStBl II 1990, 1086

BFHE 161, 353

BFHE 1991, 353

BB 1990, 2014

BB 1990, 2014-2015 (LT)

DB 1990, 2302-2303 (LT)

HFR 1990, 699 (LT)

StE 1990, 377 (K)

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