Entscheidungsstichwort (Thema)

(Rückstellung für Buchführungskosten - Verbuchung der Geschäftsvorfälle - Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten)

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung zur Buchung laufender Geschäftsvorfälle des Vorjahres berechtigt zur Bildung einer eigenständigen Rückstellung in der Steuerbilanz.

 

Orientierungssatz

1. Die Verpflichtung zur vollständigen Verbuchung der Geschäftsvorfälle gehört zu den die Buchführungspflichten beherrschenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Sie ergibt sich im übrigen auch aus § 146 Abs. 1 AO 1977, der die handelsrechtlichen Buchführungsvorschriften für steuerliche Zwecke ergänzt.

2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gebieten für den Kassenverkehr eine tägliche Verbuchung und für andere Geschäftsvorfälle eine Verbuchung innerhalb längstens einem Monat, sofern die Buchführungsunterlagen organisatorisch gegen Verlust geschützt sind (vgl. BFH-Urteil vom 10.8.1978 V R 17/73; Literatur).

3. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind auch in der Steuerbilanz zu bilden. Die Vorschriften des § 152 Abs. 7 AktG 1965 (jetzt: § 249 Abs. 1 und Abs. 3 HGB) enthalten jedenfalls insoweit einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, als sie die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften regeln. Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage einer Rückstellung sein, wenn sie hinreichend konkretisiert sind und wenn ihre Verletzung mit Sanktionen bedroht ist. Ist die Verpflichtung noch nicht entstanden, so ist ferner Voraussetzung der Bildung einer Rückstellung, daß die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in der davor liegenden Zeit wirtschaftlich verursacht worden ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).

4. Die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren --als Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung-- setzt voraus, daß --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale einer Verbindlichkeit-- die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt. Die künftigen Ereignisse, die zum unbedingten Entstehen oder zur Bewertung der Verbindlichkeit führen, müssen rechtlich wirtschaftlich dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr zuzurechnen sein (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

HGB § 38 Abs. 1, § 39 Abs. 2, §§ 41, 43-44, 44b, 238 Abs. 1 S. 1, § 239 Abs. 2, § 249 Abs. 1, 3; AO 1977 §§ 140-141, 379, 146 Abs. 1; StGB § 238b; EStG § 5 Abs. 1 S. 1; AktG §§ 148, 152 Abs. 7

 

Tatbestand

I. Streitig ist die Berechtigung einer Rückstellung für laufende Buchführungsarbeiten.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine AG. Sie ermittelt ihre Gewinne nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr, das jeweils vom 1.Juli bis zum 30.Juni des folgenden Jahres läuft. Die Klägerin bildete in der Bilanz zum 30.Juni 1983 eine Rückstellung für Jahresabschlußkosten in Höhe von 276 000 DM. Der Betrag enthielt neben den Kosten der reinen Abschlußarbeiten auch den Aufwand für laufende Buchführungsarbeiten nach dem Bilanzstichtag, aber für Geschäftsvorfälle vor diesem Zeitpunkt.

Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, daß die Rückstellung für Jahresabschlußkosten um die Kosten für "laufende Buchführungsarbeiten nach Bilanzstichtag" in Höhe von 95 400 DM zu kürzen sei. Der zugehörige Aufwand entstehe erst im Folgejahr. Die Kosten seien als Aufwandsrückstellung anzusehen und nicht rückstellungsfähig. Das FA erließ am 16.November 1989 einen entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1983.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage als unbegründet zurück.

Die Klägerin stützt ihre Revision auf Verletzung der §§ 5 Abs.1 und 6 Abs.1 Nr.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens die Rückstellung für Jahresabschlußkosten um einen Betrag in Höhe von 95 400 DM zu erhöhen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Klägerin war verpflichtet, in der Bilanz zum 30.Juni 1983 eine Rückstellung in Höhe der Kosten der Verbuchung laufender Geschäftsvorfälle des Wirtschaftsjahres 1982/1983 zu bilden.

1. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Kosten der Verbuchung dieser Geschäftsvorfälle nicht als Bestandteil der Rückstellung für Jahresabschlußkosten zu passivieren waren.

Die Verpflichtung, laufende Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres zu verbuchen, ist kein unselbständiger Teil der Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses. Die Verpflichtung zur Buchung laufender Geschäftsvorfälle ist sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich von der Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses getrennt. Rechtsgrundlagen der Aufzeichnungspflicht für alle Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres waren für die Klägerin im Streitjahr die §§ 38 Abs.1 des Handelsgesetzbuches (HGB) a.F., 140, 141, 146 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977). Die Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses beruhte hingegen auf § 39 Abs.2 HGB a.F., § 148 des Aktiengesetzes (AktG) a.F. i.V.m. §§ 140, 141 AO 1977. Die Eigenständigkeit der Verpflichtung zur laufenden Buchführung ergibt sich auch terminologisch aus den im Handelsrecht verwendeten unterschiedlichen Begriffen. Das Handelsrecht unterscheidet zwischen der Verpflichtung zur "Führung von Handelsbüchern" ( *= Buchführung) und der Verpflichtung zur Erstellung von Bilanzen ( *= Jahresabschlüssen; §§ 41, 43, 44, 44b HGB a.F., § 148 ff. AktG a.F.; vgl. Brüggemann/Würdinger, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 3.Aufl., Vorbemerkung 3 zu § 38 HGB). Der Senat verkennt dabei nicht, daß die vollständige Erfassung aller Geschäftsvorfälle des Vorjahres in der Buchführung Voraussetzung für die Erstellung eines dem Handelsrecht und dem Steuerrecht entsprechenden Jahresabschlusses ist. Die im Laufe des Wirtschaftsjahres erstellte Buchführung mündet in den Jahresabschluß; insoweit stellen Buchführung und Bilanz eine Einheit dar (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165, 167, BStBl II 1980, 297). Das schließt jedoch nicht aus, daß es sich um zwei selbständig zu beurteilende öffentlich- rechtliche Pflichten handelt. Beruhen öffentlich-rechtliche Verpflichtungen auf getrennten Rechtsgrundlagen und unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen, so sind die Voraussetzungen einer Rückstellungsbildung getrennt zu prüfen.

2. Die Verpflichtung zur Buchung laufender Geschäftsvorfälle des Vorjahres berechtigte die Klägerin zur Bildung einer eigenständigen Rückstellung in der Steuerbilanz.

a) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind auch in der Steuerbilanz zu bilden. Die Vorschriften des § 152 Abs.7 AktG 1965 (jetzt: § 249 Abs.1 und Abs.3 HGB) enthalten jedenfalls insoweit einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs.1 Satz 1 EStG, als sie die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften regeln (vgl. BFH-Urteile vom 26.Oktober 1977 I R 148/75 und I R 124/76, BFHE 123, 547 und 551, BStBl II 1978, 97 und 99; BFH in BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297). Auch öffentlich- rechtliche Verpflichtungen können Grundlage einer Rückstellung sein,

aa) wenn sie hinreichend konkretisiert sind (BFH in

BFHE 130, 165, 166, BStBl II 1980, 297; BFH-Urteil vom

25.August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl II

1989, 893) und

bb) wenn ihre Verletzung mit Sanktionen bedroht ist (BFH in

BFHE 130, 165, 166, BStBl II 1980, 297; in BFHE 158, 58,

BStBl II 1989, 893).

Ist die Verpflichtung noch nicht entstanden, so ist ferner Voraussetzung der Bildung einer Rückstellung, daß die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in der davor liegenden Zeit wirtschaftlich verursacht worden ist (BFH-Urteile vom 1.August 1984 I R 88/80, BFHE 142, 226, BStBl II 1985, 44; vom 5.Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, 58, BStBl II 1987, 845; vom 19.Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848).

3. Die Verpflichtung zur vollständigen Buchung der Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres gemäß §§ 38 HGB a.F., 140, 141 Abs.1, 146 Abs.1 AO 1977 (vgl. oben Nr.1.) in Verbindung mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 38 Abs.1 HGB a.F.) ist eine hinreichend konkretisierte öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Das Gesetz schreibt ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln innerhalb eines begrenzten Zeitraums vor.

a) Die Klägerin war zur Verbuchung aller laufenden Geschäftsvorfälle des vorangegangenen Jahres verpflichtet. Nach § 38 Abs.1 HGB a.F. war im Streitjahr jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die für Kaufleute geltenden Bestimmungen gelten auch für die Klägerin, da sie ein Handelsgewerbe betreibt und deshalb als Handelsgesellschaft gilt (§ 3 AktG, § 6 Abs.1 HGB). Die Verpflichtung zur vollständigen Verbuchung ist zwar in § 38 Abs.1 HGB a.F. nicht ausdrücklich normiert. Sie gehört aber zu den die Buchführungspflichten beherrschenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 38 Abs.1 HGB a.F.; § 146 Abs.1 AO 1977; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4.Aufl., § 149 Rz.136). Sie ergibt sich im übrigen auch aus § 146 Abs.1 AO 1977, der die handelsrechtlichen Buchführungsvorschriften für steuerliche Zwecke ergänzt. § 146 Abs.1 AO 1977 schreibt eine vollständige Verbuchung ausdrücklich vor.

b) Die Klägerin war auch verpflichtet, die Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Jahres innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu verbuchen.

§ 38 HGB a.F. schreibt zwar den Zeitraum, innerhalb dessen die laufenden Buchungen vorzunehmen sind, nicht im Sinne einer nach Kalendertagen bemessenen Frist vor. Der Zeitraum zwischen Geschäftsvorfall und seiner Verbuchung ergibt sich aus den gemäß § 38 Abs.1 HGB a.F. (jetzt: § 238 Abs.1 Satz 1 HGB) zu beachtenden "Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung". Nach diesen Grundsätzen erfordert eine ordnungsmäßige Buchführung die fortlaufende, unverzügliche Verbuchung aller Geschäftsvorfälle (Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 149 Rz.136). Nach herrschender Meinung gebieten die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für den Kassenverkehr eine tägliche Verbuchung und für andere Geschäftsvorfälle eine Verbuchung innerhalb von längstens einem Monat, sofern die Buchführungsunterlagen organisatorisch gegen Verlust geschützt sind (BFH-Urteil vom 10.August 1978 V R 17/73, BFHE 126, 28, BStBl II 1979, 20; Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 27.Aufl., § 239 Anm.2; Biergans, Einkommensteuer und Steuerbilanz, 5.Aufl., S.175; Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 239 Rz.31; Glade, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrichtliniengesetz, § 239 HGB Rz.23; Peter/von Bornhaupt/ Körner, Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nach dem Bilanzrichtliniengesetz, 8.Aufl., Rz.382; Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--, Abschn.29 Abs.2 Nr.2). Nach früherer, strengerer Auffassung mußten die Geschäftsvorfälle sogar innerhalb von 10 bis 14 Tagen verbucht werden (BFH-Urteil vom 2.Oktober 1968 I R 8/66, BFHE 94, 319, BStBl II 1969, 157; Adler/Düring/ Schmaltz, a.a.O., § 149 Rz.136). Die aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung abzuleitende Pflicht zu zeitnaher Verbuchung wird durch die in § 146 Abs.1 AO 1977 konkretisierten Buchführungspflichten bestätigt. § 146 Abs.1 Satz 2 AO 1977 schreibt für Kasseneinnahmen und -ausgaben eine tägliche Verbuchung vor. Die übrigen Geschäftsvorfälle sind nach § 146 Abs.1 Satz 1 AO 1977 "zeitgerecht" zu verbuchen (ebenso jetzt: § 239 Abs.2 HGB).

Auch wenn diese Bestimmungen für Geschäftsvorfälle außerhalb des Kassenverkehrs keinen bestimmten Tag zur Verbuchung vorschreiben, besteht eine so enge zeitliche Bindung, daß die öffentlich- rechtliche Verpflichtung als ausreichend konkretisiert anzusehen ist. Die letzten Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres sind spätestens bis zum Ablauf von vier Wochen nach dem Bilanzstichtag buchmäßig zu erfassen.

c) Die Verletzung von Buchführungspflichten ist auch mit Sanktionen bedroht. Wer entgegen einer gesetzlichen Verpflichtung keine Handelsbücher führt oder sie so führt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, kann gemäß § 238b des Strafgesetzbuches (StGB) mit Freiheitsstrafe bestraft werden. Hinzu kommt der als Ordnungswidrigkeit ausgestaltete Tatbestand der Steuergefährdung gemäß § 379 AO 1977, der ebenfalls an das Nichtverbuchen aufzeichnungspflichtiger Geschäftsvorfälle anknüpft.

4. a) Weitere Voraussetzung einer Rückstellung ist, daß die künftig zur Tilgung der ungewissen Verbindlichkeit zu leistenden Ausgaben wesentlich bereits im abgelaufenen oder in vorausgegangenen Wirtschaftsjahren wirtschaftlich verursacht sind und es deshalb geboten ist, sie als Aufwand dieses abgelaufenen Wirtschaftsjahres zu behandeln (BFH-Urteile vom 20.Januar 1983 IV R 168/81, BFHE 137, 489, 490, BStBl II 1983, 375; in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848).

Die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren setzt voraus, daß --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale einer Verbindlichkeit-- die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt (BFH in BFHE 130, 165, 167, BStBl II 1980, 297; in BFHE 137, 489, 491, BStBl II 1983, 375, und in BFHE 150, 140, 142, BStBl II 1987, 848, m.w.N.; in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, 895). Die künftigen Ereignisse, die zum unbedingten Entstehen oder zur Bewertung der Verbindlichkeit führen, müssen rechtlich wirtschaftlich dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr zuzurechnen sein (BFH in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, 894).

b) Auch diese Voraussetzung ist erfüllt.

Die Verpflichtung zur Verbuchung ergibt sich in erster Linie aus dem Geschäftsvorfall selbst. Jeder Geschäftsvorfall löst die Verpflichtung zu seiner Verbuchung aus. Damit ist das wesentliche Tatbestandsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr erfüllt. Demgegenüber ist unwesentlich, daß die tatsächliche Verbuchung nach den gesetzlichen Vorschriften um kurze Zeit verzögert werden kann. Das am Bilanzstichtag noch fehlende Tatbestandsmerkmal der Buchungspflicht erfüllt sich innerhalb von maximal vier Wochen durch reinen Zeitablauf. Dabei kommt dieser Zeitspanne keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Das Gesetz gewährt dem Kaufmann lediglich im Interesse einer möglichst rationellen Führung der Handelsbücher eine kurze Schonfrist.

c) Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich nichts anderes aus den Urteilen des BFH in BFHE 150, 140, 143, BStBl II 1987, 848, und in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, 895). In diesen Urteilen hat der BFH als Merkmal einer wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit gefordert, daß die Verpflichtung nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt. In den Entscheidungen war über die Rückstellungsfähigkeit der künftigen Kosten der Teilüberholung eines Flugzeugs und der Kosten der Analyse bislang zulassungsfreier Arzneimittel zu entscheiden. In beiden Fällen verneinte der BFH die wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit, da der Bezugspunkt der jeweiligen Kosten in der Zukunft lag. In beiden Fällen wurde der Aufwand in erster Linie durch künftige Ereignisse ausgelöst, nämlich die künftige Benutzung des Flugzeugs und die geplante künftige Vermarktung bisher zulassungsfreier Arzneimittel. Demgegenüber kommt im Streitfall künftigen Auswirkungen eine allenfalls untergeordnete Bedeutung zu. Es trifft zwar zu, daß die Verbuchung auch eine Grundlage künftiger geschäftlicher Betätigung der Klägerin bildete. Insofern unterscheidet sie sich aber nicht vom Jahresabschluß, der ebenfalls vorwiegend auf der geschäftlichen Betätigung des Vorjahres beruht, wenn er auch Voraussetzung weiterer gewerblicher Tätigkeit ist. Entscheidend ist, daß die Verbuchungspflicht durch die Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres ausgelöst wird und wirtschaftlich eine von diesen Vorgängen nicht trennbare Belastung darstellt (ebenso: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 5 EStG Anm.2200, Buchführungsarbeiten). Die Aufzeichnungspflicht ist im Streitfall nicht wirtschaftlich mit künftigen Gewinnchancen, sondern mit Erträgen oder Aufwendungen der Vergangenheit verbunden (vgl. BFH in BFHE 158, 58, 62, BStBl II 1989, 893, 894; Moxter, Bilanzierung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, 2.Aufl., S.61).

5. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat --auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zutreffend-- keine Feststellungen zur Höhe der von der Klägerin zurückgestellten Kosten getroffen. Diese Feststellungen müssen noch nachgeholt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64464

BFH/NV 1992, 74

BStBl II 1992, 1010

BFHE 168, 527

BFHE 1993, 527

BB 1992, 1964

BB 1992, 1964-1966 (LT)

DB 1992, 2170-2171 (LT)

DStR 1992, 1469 (KT)

HFR 1993, 28 (LT)

StE 1992, 562 (K)

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