Leitsatz (amtlich)

Ein nicht buchführungspflichtiger Landwirt, dessen Gewinn mangels eines Antrags nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 EStG a. F. nach Durchschnittsätzen ermittelt und dessen aufgrund einer Einnahmeüberschußrechnung ermittelter Gewinn aus Weinbau dabei durch einen Zuschlag nach § 13 a Abs. 6 EStG a. F. berücksichtigt wird, kann für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, die dem Weinbau dienen, nur die Begünstigung nach § 78 EStDV 1975 für Land- und Forstwirte beanspruchen, die ihren Gewinn nach § 13 a EStG a. F. ermitteln.

 

Normenkette

GDL § 12; EStG in der bis 1. Juli 1980 geltenden Fassung § 13a Abs. 6; EStDV 1975 §§ 77-78

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Landwirtschaft. Dabei entfiel auf die Landwirtschaft im engeren Sinne (Ackerbau und Viehzucht) eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 21,39 ha (davon waren 7,68 ha gepachtet) und auf den Weinbau eine Nutzfläche von 3,8 ha (davon waren 1,52 ha gepachtet). Der Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes wurde auf den 1. Januar 1976 auf insgesamt 53 700 DM festgestellt, davon entfielen 32 872 DM auf die eigentliche Landwirtschaft und 9 056 DM auf den Weinbau.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berechnete bei der Einkommensteuerveranlagung 1976 den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1976/77 in der Weise, daß er dem nach § 13 a Abs. 2 bis 5 des Einkommensteuergesetzes in der bis 1. Juli 1980 geltenden Fassung (EStG a. F.) nach Durchschnittsätzen ermittelten Gewinn aus der Landwirtschaft in Höhe von 7 656 DM, den Gewinn aus dem Weinbau in Höhe von 38 533 DM nach § 13 a Abs. 6 EStG a. F. als Zuschlag hinzurechnete. Dabei war der Gewinn aus dem Weinbau durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der zu einem erheblichen Teil auf einer Betriebsausgabenpauschale beruhenden Betriebsausgaben ermittelt worden. Die vom Kläger für die Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter für den Weinbau im Wirtschaftsjahr 1976/77 nach § 77 EStDV 1975 beantragte Begünstigung in Höhe von 25 % von 37 933 DM = 9 484 DM ließ das FA nicht zu und gewährte statt dessen lediglich die Begünstigung gemäß § 78 EStDV 1975 mit dem zulässigen Höchstbetrag von 2 000 DM.

Nach erfolglosem Vorverfahren begehrten die Kläger mit ihrer Klage unter Hinweis auf das Urteil des III. Senats des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz vom 19. November 1976 III 44/74 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1977, 173) die Begünstigung des § 77 EStDV 1975. Das FG wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision tragen die Kläger im wesentlichen vor, § 77 EStDV 1975 komme bei Landwirten mit Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. nur dann nicht in Betracht, wenn es sich um den gemäß § 13 a Abs. 2 bis 5 EStG a. F. nach Durchschnittsätzen ermittelten Gewinn handle, nicht hingegen für die Zuschläge nach § 13 a Abs. 6 EStG a. F. für Gewinne aus Sonderkulturen, Weinbau etc., die nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt würden.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das Fa beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat dem Kläger mit zutreffender Begründung die Begünstigung des § 77 EStDV 1975 versagt und ihm nur die beschränkte Begünstigung des § 78 EStDV 1975 gewährt, weil er seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 a EStG a. F. ermitteln mußte und auch ermittelt hat.

1. Nach § 13 a Abs. 1 EStG a. F. hatten Land- und Forstwirte, die nicht buchführungspflichtig waren, die Wahl zwischen der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittsätzen nach § 13 a Abs. 2 bis 6 EStG a. F., der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und der Gewinnermittlung durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben. Wollten sie den Gewinn durch Vermögensvergleich oder durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben ermitteln, mußten sie einen entsprechenden Antrag stellen, und zwar innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, auf das er sich beziehen sollte. Sie waren dann für vier Wirtschaftsjahre an die beantragte Gewinnermittlung gebunden. Wurde ein solcher Antrag nicht gestellt, waren die Gewinne der nicht buchführungspflichtigen Land- und Forstwirte nach § 13 a Abs. 2 bis 6 EStG a. F. zu ermitteln.

Der Kläger hat weder für das Wirtschaftsjahr 1976/77 noch vorher einen solchen Antrag gestellt. Er hat sich damit für die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen nach § 13 a Abs. 2 bis 6 EStG a. F. entschieden, die ihm erhebliche Vorteile brachte, weil er nur einen weit unter dem tatsächlichen Gewinn liegenden Durchschnittsgewinn zu versteuern brauchte, in dem auch der Nutzungswert der Wohnung nur mit einem minimalen Betrag erfaßt war, bzw. wegen dieser niedrigen Gewinne überhaupt nicht veranlagt wurde, wie z. B. im Kalenderjahr 1975. Diese Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. konnte sich aber in einzelnen Wirtschaftsjahren auch nachteilig auswirken.

Bei der Gewinnermittlung nach § 13 a Abs. 2 bis 6 EStG a. F. war der Gewinn die Summe aus

a) dem Grundbetrag, der 1/12 des im Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes enthaltenen Ausgangswertes betrug,

b) dem pauschal festgesetzten Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner im Betrieb tätigen Angehörigen,

c) den vereinnahmten Pachtzinsen,

d) den Zuschlägen für Erträge aus Sonderkulturen, aus weinbaulicher Nutzung und anderen in Absatz 3 Nr. 1 Buchst. c genannten Nutzungen, wenn die hierfür nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) ermittelten Werte 4 000 DM überstiegen, aus forstwirtschaftlicher Nutzung und aus anderen Betriebsvorgängen, die bei der Feststellung des Ausgangswertes nicht berücksichtigt worden sind,

e) dem Nutzungswert der Wohnung des Betriebsinhabers, der mit 1/18 des im Einheitswert enthaltenen Wohnungswertes anzusetzen war.

Von dem Gesamtbetrag waren Pachtzinsen und Schuldzinsen und dauernde Lasten abziehbar, die betrieblich veranlaßt und bei der Einheitsbewertung nicht erfaßt worden waren.

Auch beim Kläger wurde der Gewinn aus Landwirtschaft nach Durchschnittsätzen in der dargestellten Weise ermittelt. Dabei wurde sein Gewinn aus Weinbau durch einen Zuschlag berücksichtigt, der das rd. Fünffache der übrigen Gewinnteile ausmachte.

2. Auch wenn der Zuschlag für die weinbauliche Nutzung durch Gegenüberstellung der tatsächlichen Betriebseinnahmen und den hinsichtlich der Sachausgaben auf einer Pauschale beruhenden Betriebsausgaben ermittelt wurde, handelt es sich bei ihm um einen Bestandteil der vom Kläger gewählten Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen und nicht um eine selbständige Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG außerhalb der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. Das ergibt sich auch daraus, daß für die Erträge aus weinbaulicher Nutzung und für die anderen nach Absatz 6 Nr. 1 zu erfassenden Erträge ein Zuschlag nach § 13 a Abs. 6 EStG a. F. nur unter zwei Voraussetzungen erforderlich war:

a) Die für sie nach den Vorschriften des BewG ermittelten Werte mußten 4 000 DM übersteigen. Lagen sie unter 4 000 DM, so wurden sie im Grundbetrag miterfaßt.

b) Die Erträge nach Absatz 6, für die ein Zuschlag in Betracht kam, mußten insgesamt, also einschließlich etwaiger negativer Beträge, 800 DM übersteigen.

Die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Einkünfte aus dem Weinbau wurden also ausschließlich nach § 13 a EStG a. F. ermittelt. Die zu der ähnlichen Bestimmung des § 12 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen (GDL) vertretene Auffassung des III. Senats des FG Rheinland-Pfalz (EFG 1977, 173), nach der ein Landwirt, der Ackerbau und Weinbau betreibt und dessen Gewinn aus Landwirtschaft nach dem GDL zu ermitteln und dessen Gewinn aus Weinbau durch Zurechnung nach § 12 Abs. 4 Nr. 3 GDL zu berücksichtigen ist, seinen Gewinn aus Weinbau nicht nach dem GDL ermittelt, verkennt Sinn und Systematik der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen. Ohne solche Zurechnungen für Sondererträge, wie sie in § 12 Abs. 4 Nr. 3 GDL und § 13 a Abs. 6 EStG a. F. festgelegt waren und nunmehr auch in § 13 a Abs. 8 EStG 1980 (EStG n. F.) festgelegt sind, könnte eine solche pauschale Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen keinen Bestand haben. (Nach § 13 a Abs. 8 EStG n. F. ist ein solcher Zuschlag nur erforderlich, wenn die betreffenden Erträge 3 000 DM übersteigen.) Auch zu den Zurechnungsbeträgen nach § 12 Abs. 4 Nr. 3 GDL hat der erkennende Senat im Urteil vom 26. Februar 1976 IV R 175/72 (BFHE 118, 562, BStBl II 1976, 532) die Auffassung vertreten, daß sie Bestandteil der Durchschnittsgewinnermittlung sind. Allerdings bestand nach § 12 Abs. 2 GDL nicht das weitgehende Wahlrecht bezüglich der Gewinnermittlung, wie es § 13 a EStG a. F. und n. F. gewährt. Nach § 12 GDL konnte der Steuerpflichtige nur zwischen der freiwilligen Buchführung und der Durchschnittsgewinnermittlung wählen. Dafür galt aber das GDL nur für eine weinbauliche Nutzung, deren Vergleichswert unter 8 000 DM lag. Lag er über 8 000 DM, konnte der nicht buchführungspflichtige Winzer die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wählen (vgl. Urteil in BFHE 118, 562, BStBl II 1976, 532).

3. Der III. Senat des FG Rheinland-Pfalz hat auch den Anwendungsbereich der beiden unterschiedlichen Begünstigungsvorschriften des § 77 und des § 78 EStDV 1975 verkannt. § 78 EStDV 1975 gilt nach seinem Absatz 1 für Land- und Forstwirte, deren Gewinn nach § 13 a EStG a. F. zu ermitteln ist, und § 77 EStDV 1975 gilt für Land- und Forstwirte, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und deren Gewinne nicht nach § 4 Abs. 1 oder nach § 13 a EStG a. F. ermittelt werden. Entsprechend galt § 78 EStDV 1971 für Land- und Forstwirte, deren Gewinn nach dem GDL zu ermitteln ist, und § 77 EStDV 1971 für Land- und Forstwirte, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und Bücher nicht oder nicht ordnungsmäßig führen und deren Gewinn nicht nach dem GDL ermittelt wurde. Während nach § 77 EStDV 1975 der Gewinn um 25 % bzw. 15 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten Wirtschaftsgüter bis zu 50 % des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft gekürzt werden kann, sind nach § 78 EStDV 1975 diese Gewinnabzüge nur bis zu einem Höchstbetrag von 2 000 DM zulässig und dürfen zu keinem Verlust führen. Die Meinung des FG, die Beschränkung der Begünstigung auf einen Höchstbetrag von 2 000 DM gelte nur für Wirtschaftsgüter, die für den Betriebszweig angeschafft wurden, für den dem Landwirt die günstigere Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen tatsächlich "zugute kommt", findet in der Vorschrift keine Rechtfertigung.

Nach dem Wortlaut gehen die Begünstigungsvorschriften vielmehr davon aus, daß der Landwirt, der sich für die Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. entschieden hat, Begünstigungen nur bis zum Höchstbetrag von 2 000 DM in Anspruch nehmen kann, ohne Rücksicht darauf, für welchen Betriebsteil die Wirtschaftsgüter angeschafft wurden, für die der Gewinnabzug begehrt wird. Das ist auch nicht sinnwidrig. Es sprechen vielmehr beachtliche Gründe dafür, einem Landwirt, der sich für die Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. entschieden hat, weil er auf deren Vorteile nicht verzichten wollte, für seine niedrigeren Gewinne im Rahmen der Begünstigungen nach den §§ 77, 78 EStDV 1975 auch niedrigere Gewinnabzüge zu gewähren, ohne in jedem Fall zu differenzieren, ob dem Landwirt die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen in dem Betriebsteil, für den er die begünstigten Wirtschaftsgüter erworben hat, "zugute kam".

Auch der Gleichheitssatz gebietet - entgegen der Meinung des III. Senats des FG Rheinland-Pfalz - keine andere Lösung. Wenn der Kläger mit den nicht buchführungspflichtigen Weinbauern gleichgestellt werden will, die ihren gesamten Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Ausgabe-Rechnung ermitteln, so brauchte bzw. braucht er nur einen entsprechenden Antrag nach § 13 a Abs. 1 EStG a. F. zu stellen. Zu dieser Gleichstellung gehört dann aber auch, daß er seinen gesamten Gewinn in tatsächlicher Höhe ermittelt und nicht an der günstigen Durchschnittsgewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. - gleichgültig in welchem Ausmaße - partizipiert.

Dem Kläger stand demnach für seine für den Weinbau angeschafften Wirtschaftsgüter nur der beschränkte Gewinnabzug in Höhe von 2 000 DM gemäß § 78 EStDV 1975 zu.

4. Die Entscheidung wird nicht von der Frage berührt, ob gegen § 13 a EStG a. F. verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. dazu den Vorlagebeschluß des Niedersächsischen FG vom 13. Oktober 1978 I 290/77, EFG 1979, 28). Denn auch dann, wenn § 13 a EStG a. F. vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt würde, könnte die Revision vom Steuerbetrag her gesehen keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74309

BStBl II 1982, 538

BFHE 1982, 452

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