Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur steuerlichen Behandlung der Personalsteuern einer Organgesellschaft, die eine Gewinn- und Verlustausschließungsvereinbarung mit ihrer Obergesellschaft getroffen hat.

 

Normenkette

KStG § 12 Ziff. 2; EStG § 12 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin - Bfin. - (OHG) hat mit ihrer Tochtergesellschaft (GmbH) eine Gewinn- und Verlustausschließungsvereinbarung getroffen. Die Vorbehörden haben das zwischen den Gesellschaften bestehende Organverhältnis sowie die Gewinn- und Verlustausschließungsvereinbarung anerkannt (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 245/37 vom 19. Oktober 1937, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1938 S. 184). Die Tochtergesellschaft weist in ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 1950 einen Verlust in Höhe von 503,86 DM aus. Hierin ist ein Betrag von 120 DM enthalten, den die GmbH für die Abgabe Notopfer Berlin gezahlt hat. Entsprechend dem zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft geschlossenen Vertrag hat die Bfin. den Verlust in Höhe von 503,86 DM übernommen und hat für den Veranlagungszeitraum 1950 einen um diesen Betrag geminderten Gewinn in Höhe von 260.204 DM erklärt. Das Finanzamt hat bei der einheitlichen Feststellung des Gewinnes für 1950 den von ihr übernommenen Verlust um 120 DM gekürzt, weil das Notopfer Berlin bei Körperschaften nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sei und daher einen steuerlich übernahmefähigen Verlust nicht darstelle. Auf diese Weise kam es zu einem Gewinn von 260.324 DM.

Die Bfin. wandte sich hiergegen mit dem Antrag, den Verlust in Höhe von 503,86 DM anzuerkennen. Die Berufung, bei der sich die Bfin., insbesondere auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I 238/38 vom 22. November 1938, Slg. Bd. 45 S. 195, RStBl. 1939 S. 476, stützte, war ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

Der Reichsfinanzhof habe in seinem grundlegenden Urteil I A 439/32 vom 18. Februar 1933, Slg. Bd. 33 S. 63, RStBl. S. 647, festgestellt, daß dort, wo eine Organgesellschaft ihr Geschäftsergebnis an die Muttergesellschaft abzuführen verpflichtet sei, zunächst der Gewinn für die Organgesellschaft nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu berechnen und der so errechnete steuerlich maßgebliche Gewinn dann dem Gewinn der Muttergesellschaft zuzurechnen sei. Diese Auffassung habe er in der Entscheidung I A 401/32 vom 22. Januar 1935, Slg. Bd. 37 S. 151 ff., insbesondere S. 166, RStBl. S. 517, bestätigt und hinzugefügt, die Organtheorie dürfe nicht dazu führen, den Steuerpflichtigen (Stpfl.) unberechtigte Vorteile zu verschaffen und Gewinne überhaupt steuerfrei zu lassen. Daher sei nicht etwa der nach der Handelsbilanz des Organs ausgewiesene und der Muttergesellschaft zugeführte Betrag, der je nach Wunsch der Beteiligten beliebig gering berechnet werden könne, maßgebend, sondern das nach den gesetzlichen Vorschriften zu errechnende Einkommen. Der Oberste Finanzgerichtshof habe in seinem Urteil I 12/49 vom 19. November 1949, Steuerrechtskartei Notopfer Berlin § 2 Rechtsspruch I, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1950 Nr. 39, den Standpunkt vertreten, daß die Organgesellschaft subjektiv steuerpflichtig und deshalb auch notopferpflichtig sei. Nach der Systematik des Einkommensteuerrechts müßten die in § 12 KStG aufgeführten nicht abzugsfähigen Ausgaben, die die Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft entrichte, dem Gewinn der Muttergesellschaft wieder hinzugeschlagen werden. Der Auffassung der Bfin., daß diese Beträge bei der Tochtergesellschaft zu erfassen seien, vermöge das Gericht nicht beizupflichten. Auf Grund der Gewinnausschlußvereinbarung stellten diese Beträge kein Einkommen der Tochtergesellschaft, sondern der Muttergesellschaft dar. Die Heranziehung dieser Gewinnanteile bei der Tochtergesellschaft würde darauf hinauslaufen, die Personalsteuern zu einem besonderen Gegenstand der Einkommensbesteuerung zu erheben.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) macht hiergegen folgendes geltend: Da die Tochtergesellschaft selbständig zu veranlagen sei, müßten die unter § 12 Ziff. 2 KStG fallenden Beträge bei ihr zur Körperschaftsteuer herangezogen werden. Der Systematik des Gesetzes widerspreche es gerade, wenn die Ausgaben im Sinne des § 12 KStG nicht bei dem zu veranlagenden Steuersubjekt, sondern bei einem anderen selbständigen Steuersubjekt, nämlich der Muttergesellschaft oder, wenn diese eine OHG sei, bei den einkommensteuerpflichtigen Gesellschaftern zur Steuer herangezogen würden. Bezüglich der Vermögensteuer führe die Rechtsauffassung des Finanzgerichts dazu, daß diese Steuern von den Gesellschaftern der OHG auch insoweit als Sonderausgabe abgezogen werden könnten, als sie auf die Tochtergesellschaft entfielen. Eine Versteuerung von Notopfer-Abgabe der Tochtergesellschaft, neuerdings auch der Vermögensabgabe und der Kreditgewinnabgabe der Tochtergesellschaft bei der OHG sei nicht verständlich. Gerade Vermögensabgabe und Kreditgewinnabgabe zeigten deutlich - ihr Zweck sei die Wegsteuerung von Vermögensteilen der Tochtergesellschaft -, daß die Hinzurechnung zum Gewinn der OHG den Zweck dieser Steuern vereiteln würde. In allen Fällen von Gewinnausschlußvereinbarungen könne eine Abmachung dahingehend unterstellt werden, daß die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft die Beträge belasse, die die Tochtergesellschaft zur Bezahlung der nicht abzugsfähigen Ausgaben benötige.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Durch die Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung wird die persönliche Steuerpflicht der Organgesellschaft nicht beseitigt. Die Rechtsprechung hat die Weiterführung der Organtheorie zur Filialtheorie abgelehnt (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 391/31 vom 31. Oktober 1933, Slg. Bd. 34 S. 228, RStBl. 1934 S. 684, IA 125/33 vom 28. November 1934, RStBl. 1935 S. 725). Die GmbH ist somit verpflichtet, das Notopfer Berlin, ggf. auch die Körperschaftsteuer zu entrichten. Es muß zwar eine handelsrechtlich wirksame Vereinbarung, bei Errechnung des Jahresergebnisses die Personalsteuern als Ausgaben zu berücksichtigen, steuerlich anerkannt werden. Dies hat aber, wie die Rb. zutreffend ausführt, nicht zur Folge, daß Steuerschuldner dieser Personalsteuern nunmehr die Obergesellschaft wird. Schließt die Organgesellschaft mit Gewinn ab, so muß sie lediglich den um die Personalsteuern gekürzten Gewinn an die Obergesellschaft abgeben. Den Gewinn, der ihr auf diese Weise steuerlich verbleibt, muß sie selbst versteuern (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 194/36 vom 25. Mai 1937, RStBl. S. 684). Bei der Obergesellschaft wird der restliche Gewinn erfaßt. An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts, wenn die Organgesellschaft mit Verlust abschneidet. Die übernahme des Gesamtverlustes, also einschließlich der Personalsteuern durch die Obergesellschaft, bedeutet eine Einnahme der Organgesellschaft. Im Ergebnis hat sie in Höhe des auf die Personalsteuern entfallenden Teiles steuerlich einen Gewinn, den sie versteuern muß. Bei der Obergesellschaft stellt der Gesamtbetrag, im vorliegenden Fall 503,86 DM, eine Betriebsausgabe dar.

Soweit in der allerdings unklaren Fassung des letzten Absatzes der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 477/31 vom 12. Juli 1932, Slg. Bd. 31 S. 238, RStBl. S. 946, eine abweichende Ansicht zum Ausdruck kommt, wird ihr nicht beigepflichtet. Die Obergesellschaft ist nur hinsichtlich des an sie abgeführten Gewinnes steuerpflichtig.

Ausdrücklich sei bemerkt, daß durch die oben dargestellten Rechtsgrundsätze nicht die vom Finanzgericht angeschnittene umfassendere Frage entschieden werden soll, ob im übrigen der Obergesellschaft der handelsbilanz- oder steuerbilanzmäßige Gewinn der Organgesellschaft zuzurechnen ist.

Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Der Gewinn der Bfin. bemißt sich auf 260.204 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407810

BStBl III 1954, 21

BFHE 1954, 281

BFHE 58, 281

BB 1954, 222

DB 1954, 98

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