Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bewertung von Bildern in Gaststätten.

Für Bilder, die der Einrichtung von Gaststätten dienen, können in der Regel Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG vorgenommen werden.

Zur bilanzmäßigen Behandlung von Werken anerkannter Meister.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1 S. 1, § 7/1/2, § 6/1/1/1

 

Tatbestand

Die Bfin. betreibt eine Konditorei in einer Großstadt. In ihrer Bilanz für das Streitjahr 1962 hatte sie von den Anschaffungskosten für Gemälde, die sie in den Gasträumen aufgehängt hatte, eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von 10 v. H. = 2 295 DM abgesetzt. Das Finanzamt ließ diese AfA nicht zu.

Auch die Berufung, mit der die Bfin. nur noch eine AfA von 5 v. H. begehrte, blieb erfolglos. Das Finanzgericht führte aus: Der Wert eines Gemäldes werde weder durch Zeitablauf noch durch seine Benutzung als Dekorationsgegenstand noch durch äußere Beeinflußbarkeit wesentlich beeinträchtigt. Sein Wert sei von anderen Entwicklungen und Einflüssen abhängig, die in § 7 EStG nicht behandelt seien. Werteinbußen bei einem Gemälde könnten deshalb nur nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG durch Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert berücksichtigt werden. Daß eine Werteinbuße bei den Gemälden eingetreten sei, habe die Bfin. nicht geltend gemacht. Wenn in einer AfA-Tabelle der Finanzverwaltung für das Hotel- und Gaststättengewerbe für hochwertige Gemälde eine Nutzungsdauer von 20 Jahren, für sonstige Bilder von zehn Jahren angenommen werde, so sei das eine willkürliche Schätzung, der das Finanzgericht nicht folge, zumal die Tabellen keinen amtlichen Charakter hätten und für das Gericht nicht bindend seien.

Mit der Rb. erstrebt die Bfin. weiterhin eine AfA von 5 v. H. Sie weist dabei darauf hin, daß ihr nach § 6 Abs. 2 EStG sogar eine volle Abschreibung für derartige Wirtschaftsgüter zustehen würde, soweit deren Anschaffungskosten unter 600 (künftig 800) DM gelegen hätten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Ob für Gemälde AfA im Sinn von § 7 EStG möglich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Bei Werken bereits anerkannter Meister, die der Ausschmückung repräsentativer Räume eines Unternehmens dienen, wird eine AfA im allgemeinen nicht in Betracht kommen, weil bei solchen Werken kein laufender Wertverzehr eintritt, sondern diese Werke eher im Wert steigen. Für solche Werke kommt in der Regel, wie es das Finanzgericht angenommen hat, nur die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert in Frage, wobei es dem Eigentümer obliegt darzulegen, ob und warum und in welchem Maß ein gedachter Erwerber des Unternehmens im ganzen für das Werk weniger aufwenden würde, als er - der Eigentümer - es getan hat.

Die Grundsätze für die Bilanzierung von Werken anerkannter Meister können aber im Streitfall nicht angewandt werden. Hier dienen die Gemälde der Ausschmückung eines öffentlichen Cafes mit starkem Publikumsverkehr. Es geht nicht um wertvolle Stücke anerkannter Maler, wie sich aus den Anschaffungspreisen zwischen rund 1 000 DM bis 2 000 DM ergibt. Es handelt sich vielmehr offenbar um marktmäßig gehandelte Stücke einer "Gebrauchskunst", die dem gegenwärtigen Zeitgeschmack entsprechen und erfahrungsgemäß nach einigen Jahren unmodern und weitgehend wertlos werden. Solche Bilder dienen mehr der Dekoration eines Raumes und werden bei Modernisierungen der Räume wieder beseitigt wie andere Dekorationen. Gerade im Gaststättengewerbe macht sich der wechselnde Zeitgeschmack besonders bemerkbar. Wie lange solche Bilder dem Betrieb dienen, kann nur geschätzt werden. Wenn die Bfin. gegenwärtig, insbesondere unter Hinweis auf die vom Bundesminister der Finanzen herausgegebene amtliche AfA-Tabelle für das Gaststättengewerbe, die voraussichtliche Nutzungsdauer auf 20 Jahre schätzt, so scheint diese Schätzung möglich und angemessen.

Der Begriff AfA in § 7 EStG kann jedenfalls nicht so eng gefaßt werden, wie das Finanzgericht es tut. Es gibt nicht nur die AfA aus technischen Gründen, sondern auch eine solche aus wirtschaftlichen Gründen. Gemälde, die nicht anerkannte Kunstwerke sind, haben bei entsprechender Pflege zwar eine ziemlich lange technische Nutzungsdauer, ihre wirtschaftliche Nutzungsdauer ist dagegen bei dem sich schnell wandelnden Zeitgeschmack im allgemeinen wesentlich kürzer. Es gelten hier die gleichen überlegungen wie bei anderen Raumdekorationen.

Das Finanzgericht hat mithin den § 7 EStG zu eng ausgelegt. Die Vorentscheidungen waren daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Bei eigener Sachwürdigung (§ 296 Abs. 3 AO) ist in übereinstimmung mit der Bfin. der Wertverzehr der streitigen Bilder auf 20 Jahre zu schätzen und der Bfin. eine AfA von 5 v. H. = 1 148 DM zuzugestehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411626

BStBl III 1965, 382

BFHE 1965, 370

BFHE 82, 370

BB 1965, 696

DB 1965, 877

DStR 1965, 428

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