Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Nachholung in der Vergangenheit zu Unrecht unterlassener Absetzungen für Substanzverringerung.

 

Normenkette

EStG §§ 7, 9 Ziff. 6; EStDV § 27

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.) ist die Erbengemeinschaft nach der am 4. Februar 1961 verstorbenen Frau K. Zum Nachlaß gehört Grundbesitz, dessen Bestand an Sand und Kies seit dem Jahre 1952 auf Grund eines von der Erblasserin geschlossenen Vertrages von einem Dritten ausgebeutet wurde. Bis zum Jahre 1962 waren Absetzungen für Substanzverringerungen (AfS) nicht in Anspruch genommen worden. Erstmalig für das Jahr 1963 beantragte die Stpfl. nach dem ursprünglichen Gesamtbestand und den Anschaffungskosten vom 31. August 1948 unter Zugrundelegung von 20 Jahren Restnutzungsdauer eine AfS.

Das Finanzamt (FA) hielt diese Berechnung, weil darin eine Nachholung von AfS enthalten sei, für unrichtig. Es setze von der Gesamtsubstanz die in den Jahren 1952 bis 1962 abgebauten cbm- Menge ab und berechnete aus der an die Stpfl. gefallenen Restsubstanz, ebenfalls von 20 Jahren Restnutzung ausgehend, für das Streitjahr eine AfS von 5 v. H.

Die Klage, mit der die Stpfl. geltend machte, ihr sei erst auf Grund des Urteils des BFH VI 169/59 S vom 21. Oktober 1960 (BFH 72, 119, BStBl III 1961, 45) die AfS möglich geworden, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehöre die AfS zu den Werbungskosten. Da die Einkünfte jeweils für einen Veranlagungszeitraum ermittelt würden, könnten auch nur die innerhalb dieses Zeitraums angefallenen Werbungskosten abgesetzt werden. Werbungskosten, die vor oder nach dem Veranlagungszeitraum entstanden seien, dürften nicht berücksichtigt werden.

Mit der Revision rügt die Stpfl. eine Verletzung des sachlichen Rechts und verweist auf die BFH-Entscheidung VI 64/65 U vom 29. Oktober 1965 (BFH 84, 240, BStBl III 1966, 88). Sie beantragt, ihr im Jahre 1963 über die vom FA zuerkannte AfS hinaus für die in den Jahren 1952 bis 1962 abgebauten Kubikmeter eine einmalige AfS zuzubilligen. Hilfsweise wiederholt sie ihren früheren Antrag.

Das FA macht geltend, die Stpfl. sei erst mit dem Erbfall am 4. Februar 1961 Eigentümerin geworden. Deshalb komme bei ihr eine Nachholung der AfS nur für das ab diesem Zeitpunkt geförderte Material, verteilt auf die Restnutzungsdauer, in Frage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Das FG und das FA rechnen zutreffend die Einnahmen aus der überlassung der Sand- und Kiesbeute zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG. Zu den Werbungskosten gehört nach § 9 Ziff. 6 EStG auch die AfS (§ 7 Abs. 1 und 4 EStG 1961). Zur Frage, ob und in welcher Form früher unterlassene Absetzungen nachgeholt werden können, hat der Senat in der Entscheidung VI R 295/66 vom 21. Februar 1967 (BFH 88, 316, BStBl III 1967, 386) Stellung genommen. Was dort für die Absetzung für Abnutzung (AfA) gesagt ist, gilt grundsätzlich auch für die AfS. Nicht bewußt unterlassene AfS können also im allgemeinen in der Form nachgeholt werden, daß sie in gleichen Beträgen auf die restliche Nutzungsdauer verteilt werden.

Dieses Urteil hat für den Streitfall allerdings nur geringe Bedeutung; denn hier ist nicht § 27 Ziff. 2 Buchst. a EStDV 1961 anzuwenden, sondern Buchst. b. Mit dem Erbfall hat die steuerpflichtige Erbengemeinschaft das auszubeutende Grundstück unentgeltlich erworben. Für die Bemessung ihrer AfS gilt daher nach Buchst. b der Betrag als Anschaffungskosten, den sie am Todestag der Frau K. für das Grundstück mit der vorhandenen Abbaumenge hätte aufwenden müssen. Es beginnt also in der Person der Erben eine selbständige Berechnung für die AfS. Unterlassene Absetzungen der Vorjahre können dabei nicht einbezogen werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der fiktive Anschaffungswert vom 4. Februar 1961 wahrscheinlich höher liegt als der Wert vom 31. August 1948.

Eine Nachholung kommt aber in Betracht, soweit es um die AfS für das in der Zeit vom 4. Februar 1961 bis Jahresende 1962 abgebaute Material geht. Nach der Entscheidung des Senats VI R 295/66 (a. a. O.) muß dieser Betrag gleichmäßig auf die restlichen Jahre der Ausbeutung verteilt werden, sofern nicht zur Vereinfachung bei Geringfügigkeit des Streitbetrags zum Ausgleich ein einmaliger Abzug zugelassen wird. Es ist dabei zu beachten, daß die "voraussichtliche" Dauer des Abbaus des im Grundstück vorhandenen Materials - im Gegensatz zur Meinung der Beteiligten - nicht für die Bemessung der laufenden AfS maßgebend sein kann. Für die laufende Absetzung kommt es auf die Menge der im Veranlagungszeitraum jeweils geförderten Substanz an. Es könnte sonst der Fall eintreten, daß mehr abgeschrieben als entnommen und bei einem Grundstücksverkauf der Bestand in den Kaufpreis einbezogen würde, ohne daß eine Möglichkeit bestünde, die zuviel abgesetzte AfS steuerlich zu korrigieren.

Das Urteil des FG, das von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war daher aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das FG zurückverwiesen, das unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen die AfS für das Streitjahr zu berechnen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412480

BStBl III 1967, 460

BFHE 1967, 448

BFHE 88, 448

BB 1967, 867

DB 1967, 1249

DStR 1967, 479

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