Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für Bestand und Höhe der Dauerschulden, die bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebes hinzuzurechnen sind, ist der Stichtag maßgebend, auf den der Einheitswert festgestellt wurde.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 1, § 12 Abs. 2 Ziff. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für die Hinzurechnung nach § 12 Abs. Ziff. 1 GewStG die Höhe der Verbindlichkeit an dem Stichtag, auf den der Einheitswert festgestellt wurde, oder am letzten Tag des Veranlagungszeitraumes maßgebend ist.

Das Finanzamt stellte den Einheitswert des gewerblichen Betriebes zum 1. Januar 1957 auf 157.000 DM fest; hierbei wurden langfristige Schulden in Höhe von 63.122 DM berücksichtigt. Der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags für 1958 legte das Finanzamt, da eine Wertfortschreibung nach § 22 des Bewertungsgesetzes nicht in Betracht kam, den Einheitswert zum 1. Januar 1957 zugrunde. Es rechnete dem Einheitswert die bei seiner Ermittlung abgezogenen langfristigen Verbindlichkeiten hinzu.

Mit der Sprungberufung beantragte die Bfin., die langfristigen Verbindlichkeiten dem Einheitswert nur in der Höhe wieder hinzuzurechnen, in der sie am 31. Dezember 1958 noch bestanden; sie hielt es für unzulässig, für die Hinzurechnung auf die Verhältnisse am Bewertungsstichtag abzustellen. Ihre Begründung entspricht den Ausführungen von Felix in der Finanz-Rundschau 1960 S. 193. Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Mit der vom Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassenen Rb. verfolgt die Bfin. unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags ihren Rechtsstandpunkt weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Nach § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG in Verbindung mit § 8 Ziff. 1 GewStG sind Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitwertes des gewerblichen Betriebes abgezogen sind, dem Einheitswert wieder hinzuzurechnen. § 12 Abs. 5 GewStG erklärt den Einheitswert für maßgebend, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem Ende des Erhebungszeitraumes lautet. Diese Vorschrift legt fest, welcher Einheitswert der Ermittlung des Gewerbekapitals im Sinne des Abs. 1 zugrunde zu legen ist. Aus ihr ergibt sich aber auch, daß sich Bestand und Höhe der Schulden, die nach Abs. 2 Ziff. 1 für die Hinzurechnung als Dauerschulden in Betracht kommen, nach den Feststellungen in dem maßgebenden Einheitswert richten; sie werden hinzugerechnet, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswertes abgezogen sind (Urteile des Reichsfinanzhofs I 288/38 vom 11. Oktober 1938, I 298/38 vom 15. November 1938, RStBl 1939 S. 89, 288, Slg. Bd. 45 S. 56, 190; Urteil des Bundesfinanzhofs I 220/55 U vom 27. September 1955, BStBl 1955 III S. 353, Slg. Bd. 61 S. 399).

Der abweichenden Auffassung der Bfin., die mit der von Felix, Finanz-Rundschau 1960 S. 193, übereinstimmt, kann nicht beigetreten werden. Felix übersieht, daß die Bezugnahme in § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG auf § 8 Ziff. 1 GewStG nur der Vereinfachung der Gesetzesfassung dient, nicht aber einen sachlichen Zusammenhang zwischen diesen Vorschriften begründet. Die Bezugnahme stellt, soweit für den vorliegenden Fall von Interesse, nur klar, daß der Begriff der Dauerschuld in § 8 Ziff. 1 und § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG der gleiche ist (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 140/56 U vom 27. Juni 1957, BStBl 1957 III S. 287, Slg. Bd. 65 S. 140). Die hier vertretene Auffassung stimmt mit der herrschenden Meinung in der Literatur überein (vgl. Troeger-Vangerow, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 12 Anm. 10; Ringelmann-Freudling, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 12 III A 2 a Abs. 2; Blümich-Boyens-Steinbring-Klein, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 7. Auflage, § 12 Anm. 6 Abs. 7; Lenski-Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 12, Randziffer 22; Kirmse, Blattei-Handbuch, Rechts- und Wirtschafts-Praxis, Gewerbesteuer-Recht, 14 Steuer-Recht, D Gewerbesteuer IX B, Hinzurechnungen und Kürzungen beim Einheitswert, B I). Im übrigen sei noch bemerkt, daß § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG in der Fassung des Art. 6 Nr. 10 des Steueränderungsgesetzes 1961 (BGBl 1961 I S. 981, BStBl 1961 I S. 444) die bisherige Rechtslage aufrechterhält. Die Vorschrift lautet nunmehr wie folgt:

"Dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs werden die folgenden Beträge hinzugerechnet:

die Verbindlichkeiten, die den Schuldzinsen, den Renten und dauernden Lasten und den Gewinnanteilen im Sinn des § 8 Ziff. 1 bis 3 entsprechen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind."

Der letzte Satzteil der neuen Ziff. 1 war in der bisherigen Fassung Bestandteil des Eingangssatzes des Abs. 2.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410494

BStBl III 1962, 349

BFHE 1963, 225

BFHE 75, 225

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