Leitsatz (amtlich)

1. Leistet das FA ohne rechtlichen Grund an einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten, entsteht durch die fehlgeleitete Zahlung ein ausschließlich auf Beseitigung der unrechtmäßigen Zahlung gerichtetes Steuerschuldverhältnis und mit dem Zugang der fehlgeleiteten Zahlung ein Anspruch auf Rückerstattung gemäß § 37 Abs.2 AO 1977.

2. Ist die Erbschaftsteuer aus dem der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlaß bezahlt worden, sind bei Überzahlung der Erbschaftsteuer zwar die Erben Inhaber des Erstattungsanspruchs. Verfügungsberechtigt und daher empfangszuständig ist jedoch der Testamentsvollstrecker. Eine auf Anweisung des Testamentsvollstreckers erfolgte Zahlung an einen Dritten führt daher zum Erlöschen des Erstattungsanspruchs.

 

Orientierungssatz

1. Bei Streitigkeiten über Ansprüche nach § 37 Abs. 2 AO 1977 entscheidet das FA durch Verwaltungsakt, der den allein durch die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 37 Abs. 2 AO 1977) entstandenen und bestehenden Anspruch lediglich festsetzt. Mit Wirksamwerden dieses Verwaltungsakts bildet dieser die Grundlage für die Verwirklichung des betreffenden Zahlungsanspruchs, und zwar nicht nur hinsichtlich der Höhe, sondern auch der materiellen Grundlage des Anspruchs (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.1979 IV R 174/78; Literatur). Das FA darf jedoch einen förmlichen Rückforderungsbescheid gemäß § 218 AO 1977 schon erlassen, bevor Streit über die Ansprüche entstanden ist (Literatur). Gegen diesen den Rückforderungsanspruch festsetzenden Bescheid ist der Rechtsbehelf des Einspruchs gegeben.

2. Ergeht auf den richtigerweise erhobenen Einspruch aufgrund unrichtiger Behandlung des Rechtsbehelfs eine Beschwerdeentscheidung, so steht dies der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, wenn das FA bei der Prüfung, ob es der Beschwerde abhelfen will, die Einwendungen des Klägers überprüft und für unbegründet erachtet, so daß auch ein Vorverfahren über den eingelegten Rechtsbehelf "erfolglos geblieben" wäre (vgl. BFH-Urteil vom 18.3.1970 I R 176/69; Literatur). Dies gilt auch, wenn das FA zwar nicht selbst den Einspruch als Beschwerde behandelt und der OFD vorgelegt hat, sondern wenn eine Beschwerde wegen Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung mangels rechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorgelegt wurde und die OFD auch den Einspruch als Beschwerde behandelt und darüber entschieden hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 37 Abs. 2, § § 218 ff., § 34 Abs. 3; ErbStG 1974 § 32 Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 348 Abs. 1 Nr. 9; FGO § 44 Abs. 1

 

Tatbestand

I. Die Klägerin (Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte) ist eine GmbH & Co. KG. Auf ihr Konto hatte das Finanzamt (FA) am 18.Juli 1977 überzahlte Erbschaftsteuer in Höhe von 61 234 DM überwiesen. Veranlaßt hatte dies der Steuerberater K, den der am 27.September 1971 verstorbene H (Erblasser) durch Testament als Testamentsvollstrecker ernannt hatte. Die Steuer war aus dem der Testamentsvollstreckung unterliegenden Vermögen bezahlt worden. Die Überzahlung hatte sich dadurch ergeben, daß die vom FA endgültig festgesetzte Erbschaftsteuer für zwei Miterben (Tochter und Enkel des Erblassers) und eine Vermächtnisnehmerin (Witwe des Erblassers) niedriger war als die vorläufig festgesetzte. Das FA forderte die Klägerin mit Schreiben vom 15.Dezember 1982 auf, den Betrag von 61 234 DM zurückzuzahlen. Die Erstattung sei ohne rechtlichen Grund erfolgt, da erstattungsberechtigt die Erben seien und der Testamentsvollstrecker nicht bevollmächtigt gewesen sei, Anweisungen bezüglich des Erstattungsanspruchs zu treffen. Auf die mit Schreiben vom 27.Dezember 1982 erhobenen Einwendungen der Klägerin, erließ der Beklagte am 11.Februar 1983 einen ausdrücklich als Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) bezeichneten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid mit einer bestimmten Zahlungsfrist.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und beantragte gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung, die der Beklagte ablehnte. Die Oberfinanzdirektion (OFD), der die Beschwerde vorgelegt worden war, behandelte auch den Einspruch als Beschwerde und wies beide Beschwerden als unbegründet zurück. Auf Anweisung der OFD hob der Beklagte den Abrechnungsbescheid vom 11.Februar 1983 mit Ausnahme der Fristsetzung auf.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dem Beklagten stehe kein Rückforderungsanspruch zu, da der Testamentsvollstrecker befugt gewesen sei, über den zum Nachlaß gehörenden Anspruch zu verfügen. Die Klägerin habe darüber hinaus einen Teil des Erstattungsbetrags an eine Miterbin ausgezahlt und mit einer umstrittenen Forderung aufgerechnet. Im übrigen sei der Anspruch verjährt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur zum Teil statt. Zwar habe der Beklagte über den Einspruch bisher nicht entschieden; dies stehe der Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht entgegen. Der Beklagte habe der Beschwerde der Klägerin nicht abgeholfen und sie der OFD zur Entscheidung vorgelegt; daher sei nicht anzunehmen, daß er in einem noch durchzuführenden Einspruchsverfahren materiell-rechtlich eine andere Entscheidung treffen werde als die OFD in der Beschwerdeentscheidung.

Dem Beklagten stehe dem Grunde nach ein Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin gemäß § 37 Abs.2 Satz 1 AO 1977 zu. Der Erstattungsanspruch stehe demjenigen zu, auf dessen Rechnung die Steuer ohne rechtlichen Grund geleistet worden sei, dem Steuerschuldner, im Streitfall den Erben und der Vermächtnisnehmerin. Unerheblich sei, daß die Erbschaftsteuer aus Mitteln des Nachlasses bezahlt worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht deshalb, weil der Testamentsvollstrecker die Erstattung auf ein Konto der Klägerin angewiesen habe, denn er sei in bezug auf die von den Erben und der Vermächtnisnehmerin geschuldete Steuer und deshalb auch bezüglich des Erstattungsanspruchs nicht gesetzlicher Vertreter der Steuerschuldner. Die Überweisung des Erstattungsbetrags auf das vom Testamentsvollstrecker angegebene Konto habe daher für den Beklagten gegenüber den Erben und der Vermächtnisnehmerin keine schuldbefreiende Wirkung gehabt und sei deshalb ohne rechtlichen Grund erfolgt.

Soweit die Klägerin allerdings aus der erhaltenen Erbschaftsteuererstattung unstreitig 15 234 DM an die Erben ausbezahlt habe, könne sich der Beklagte auch gegenüber den Erben auf die bereits erfolgte Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch einen Dritten berufen. Insoweit stehe dem FA gegen die Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben kein Rückforderungsanspruch zu. Dies gelte nicht für die bestrittene Aufrechnung über 13 000 DM, da der Finanzbehörde die Nachprüfung unklarer privatrechtlicher Rechtsbeziehungen nicht zugemutet werden könne und die Beteiligten insoweit auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen seien.

Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Das FG setzte daher den Rückforderungsbetrag auf 46 000 DM herab.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Zur Begründung führt sie aus, die Erbschaftsteuererstattung an sie sei nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt, denn der Testamentsvollstrecker sei, da die Erbschaftsteuer aus Mitteln des der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlasses bezahlt worden und die Überzahlung daher dem Nachlaß zuzuordnen sei, hinsichtlich des Erstattungsanspruches verfügungsbefugt gewesen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz den Rückforderungsbescheid aufzuheben.

Mit der gleichfalls eingelegten Revision beantragt der Beklagte, das Urteil der Vorinstanz insoweit abzuändern, als der Klage stattgegeben wurde, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Mit seiner Revision rügt der Beklagte die fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist begründet.

1. Zu Recht hat das FG die Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 FGO bejaht, obwohl im Vorverfahren durch Beschwerdeentscheidung und nicht durch Einspruchsentscheidung über den Einspruch der Klägerin entschieden worden war.

Leistet das FA ohne rechtlichen Grund an einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten, so entsteht mit Zugang der fehlgeleiteten Zahlung ein Anspruch auf Rückzahlung des ohne rechtlichen Grund erhaltenen Betrages (§ 37 Abs.2 AO 1977). Allerdings handelt es sich dabei --anders als bei Zahlungen, die im Rahmen eines bestehenden Steuerschuldverhältnisses aus der heraufsetzenden oder herabsetzenden Steuerfestsetzung zwischen Steuerschuldner und Steuergläubiger erfolgt sind-- nicht um einen umgekehrten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, sondern um ein durch die fehlgeleitete Zahlung erst entstehendes ausschließlich auf Beseitigung der unrechtmäßigen Vermögensverschiebung gerichtetes Steuerschuldverhältnis (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1.März 1974 VI R 253/70, BFHE 111, 457, BStBl II 1974, 369; Drenseck, Das Erstattungsrecht der Abgabenordnung 1977, 1979, S.50 f., 57; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14.Aufl., § 37 AO 1977 Anm.5; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., § 37 AO 1977 Anm.8 und 16; Görg, Der Rückforderungsanspruch im Steuerrecht, Dissertation München 1974, 32 f.). Dem steht nicht die im summarischen Aussetzungsverfahren getroffene Entscheidung des VII. Senats (Beschluß vom 8.April 1986 VII B 128/85 (BFHE 146, 229) entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 27.Juni 1968 V R 128/66, BFHE 92, 144, BStBl II 1968, 488, 489).

Der Rückforderungsanspruch aus fehlgeleiteter Zahlung entsteht mit der Zahlung (§ 38 AO 1977) und ist grundsätzlich ohne besondere Festsetzung zu erfüllen. Gemäß § 218 Abs.2 Satz 2 AO 1977 entscheidet bei Streitigkeiten über Ansprüche nach § 37 Abs.2 AO 1977 die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt, der den allein durch die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes (§ 37 Abs.2 AO 1977) entstandenen und bestehenden Anspruch lediglich festsetzt. Mit dem Wirksamwerden dieses Verwaltungsakts bildet dieser die Grundlage für die Verwirklichung des betreffenden Zahlungsanspruchs, und zwar nicht nur hinsichtlich der Höhe, sondern auch der materiellen Grundlage des Anspruchs (Kühn/Kutter/Hofmann, a.a.O., § 218 AO 1977 Anm.4; Drenseck, a.a.O., S.52; Tipke/Kruse, a.a.O., § 218 AO 1977 Anm.5; vgl. BFH-Urteil vom 15.März 1979 IV R 174/78, BFHE 127, 311, BStBl II 1979, 429, 430). Die Finanzbehörde darf jedoch einen förmlichen Rückforderungsbescheid gemäß § 218 AO 1977 schon erlassen, bevor Streit über die Ansprüche entstanden ist (vgl. Drenseck, a.a.O., S.52).

Gegen diesen den Rückforderungsanspruch festsetzenden Bescheid ist gemäß § 348 Abs.1 Nr.9 AO 1977 der Rechtsbehelf des Einspruchs gegeben (vgl. Urteil in BFHE 127, 311, BStBl II 1979, 429, 430; Kühn/Kutter/Hofmann, a.a.O., § 218 AO 1977 Anm.4; Drenseck, a.a.O., S.52).

Im Streitfall hat der Beklagte mit Bescheid vom 15.Dezember 1982 gegenüber der Klägerin den Rückforderungsanspruch festgesetzt. Zu Recht hat das FG dahingestellt sein lassen, ob das Schreiben der Klägerin vom 27.Dezember 1982 als Einspruch anzusehen ist; denn der Einspruch gegen den ausdrücklich als Abrechnungsbescheid gekennzeichneten Verwaltungsakt vom 11.Februar 1983, der den Inhalt des Bescheides vom 15.Dezember 1982 mit Ausnahme der Zahlungsfrist lediglich wiederholte, war fristgerecht eingelegt, da der Bescheid vom 15.Dezember 1982 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt (§ 356 Abs.2 AO 1977).

Der Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 Abs.1 FGO stand nicht entgegen, daß das falsche außergerichtliche Vorverfahren durchgeführt wurde. Ergeht auf den richtigerweise erhobenen Einspruch aufgrund unrichtiger Behandlung des Rechtsbehelfs eine Beschwerdeentscheidung, so steht dies der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, denn das FA hat bei der Prüfung, ob es der Beschwerde abhelfen will, die Einwendungen der Klägerin überprüft und für unbegründet erachtet, so daß auch ein Vorverfahren über den eingelegten Rechtsbehelf "erfolglos geblieben" wäre. Dem Zweck des § 44 FGO ist danach Genüge getan (vgl. BFH-Urteil vom 18.März 1970 I R 176/69, BFHE 99, 14, BStBl II 1970, 556; Kühn/Kutter/Hofmann, a.a.O., § 44 FGO Anm.2; Tipke/Kruse, a.a.O., § 44 FGO Anm.44). Dies gilt auch, wenn das FA zwar nicht selbst den Einspruch als Beschwerde behandelt und der OFD vorgelegt hat, sondern wenn, wie im Streitfall, eine Beschwerde wegen Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung mangels rechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorgelegt wurde und die OFD auch den Einspruch als Beschwerde behandelt und darüber entschieden hat; denn die Entscheidung des FA über den Einspruch hätte nicht anders lauten können.

2. Auf die Revision der Klägerin war das Urteil jedoch aufzuheben und der Klage stattzugeben, denn der Beklagte hat nicht ohne rechtlichen Grund an die Klägerin bezahlt.

a) Zutreffend hat das FG ausgeführt, daß der Erstattungsanspruch den Erben zustand. Dieser Erstattungsanspruch ist die Umkehrung des Steueranspruchs. Erstattungsberechtigt ist daher derjenige Steuerpflichtige, gegen den der Steuerbescheid ergangen und für den die Steuerschuld bezahlt worden ist. Unerheblich ist dabei grundsätzlich, wer die Steuerschuld bezahlt hat und aus welchen Mitteln die Zahlung erfolgt ist, wenn nur nach dem erkennbaren Willen des Zahlenden die Zahlung für den Steuerschuldner vorgenommen worden ist (BFH-Urteil vom 7.Oktober 1970 I R 145/68, BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119).

Steuerschuldner der Erbschaftsteuer ist der Erwerber von Todes wegen ungeachtet des Umstandes, daß gemäß § 32 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs.5 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) der Erbschaftsteuerbescheid dem Testamentsvollstrecker bekanntzugeben ist und dieser für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen hat (§ 32 Abs.1 Satz 2 ErbStG). Der Erwerber von Todes wegen allein ist Beteiligter im Steuerfestsetzungsverfahren (BFH-Urteil vom 4.November 1981 II R 144/78, BFHE 135, 83, BStBl II 1982, 262) und daher grundsätzlich Erstattungsberechtigter, d.h. Gläubiger des Erstattungsanspruchs.

b) In der Regel ist der Forderungsinhaber auch verfügungsbefugt. Forderungsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis können jedoch auseinanderfallen und von der Erstattungsberechtigung ist daher die Empfangszuständigkeit zu unterscheiden.

Solange und soweit Testamentsvollstreckung besteht, sind bei Rechtsgeschäften, die das Nachlaßvermögen betreffen, die Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen der Erben und die damit korrespondierenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers zu beachten. Soweit die Verwaltung des Nachlasses in Frage steht, werden Rechte und Pflichten der Erben vom Testamentsvollstrecker wahrgenommen, treffen in ihrer Wirkung allerdings die Erben als solche.

Der Testamentsvollstrecker hat nach bürgerlichem Recht gemäß § 2203 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen und den Nachlaß zu verwalten (§§ 2205, 2209 BGB). Er ist weder Vertreter des Erblassers noch der Erben, sondern hat die Stellung eines Treuhänders und ist durch den Willen des Erblassers berufener Inhaber eines privaten Amtes (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 2.Oktober 1957 IV ZR 217/57, BGHZ 25, 275). Sein Verwaltungsrecht umfaßt alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die der Erfüllung der Verwaltungsaufgabe dienen und ist bezüglich der Nachlaßgegenstände mit einer unbeschränkten Verfügungsbefugnis ausgestattet (§ 2205 Satz 2 BGB, vgl. Münchener Kommentar zum BGB, § 2205 Anm.2), deren Kehrseite die Verfügungsbeschränkung der Erben ist (§ 2211 BGB).

Solange das Nachlaßvermögen der Testamentsvollstreckung unterliegt, wird es als Sondervermögen betrachtet; dem entspricht es, daß den Nachlaß betreffende Ansprüche aus Rechtsgeschäften, die aus Mitteln des Nachlasses erfüllt worden sind, auch wieder in den Nachlaß fallen (vgl. § 2041 BGB) und damit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegen. Zur Verwaltung des Nachlasses gehört auch die Begleichung der Nachlaßverbindlichkeiten; dazu gehören die Schulden, die aus Anlaß des Erbfalls entstehen und die den Erben als solchen treffen (Erbfallschulden, vgl. § 1967 Abs.2 BGB), zu denen auch die Erbschaftsteuer gehört (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 45.Aufl., 1986, § 1967 Anm.3). Nach bürgerlichem Recht ist daher die Empfangszuständigkeit für Ansprüche im Zusammenhang mit Erbfallschulden von der Inhaberschaft der Ansprüche getrennt mit der Folge, daß mit befreiender Wirkung --jedenfalls bei Kenntnis der bestehenden Testamentsvollstreckung-- nicht an den Erben geleistet werden kann (vgl. § 2211 BGB; Palandt, a.a.O., § 2211 Anm.2; Münchener Kommentar, a.a.O., § 2211 Anm.4 und 17; Soergel/Damrau, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 11.Aufl. 1978 f., § 2211 Anm.10; Staudinger/Reimann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12.Aufl. 1978 f., § 2211 Anm.24; Hanseatisches Oberlandesgericht --OLG-- Bremen, Urteil vom 5.November 1963 - 3 U 85/63, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1964, 328).

c) Aus steuerlichen Vorschriften ergibt sich nichts anderes. Steuerrechtlich hat der Testamentsvollstrecker, soweit seine Verwaltung reicht, die gleichen Rechte und Pflichten wie ein gesetzlicher Vertreter (§ 34 Abs.3 AO 1977). § 34 Abs.3 AO 1977 verweist daher hinsichtlich der steuerlichen Pflichten und damit auch hinsichtlich der sich aus der Erfüllung dieser Pflichten ergebenden Rechte auf das bürgerliche Recht. § 32 Abs.1 Satz 2 ErbStG, insoweit lex specialis zu § 34 Abs.3 AO 1977 (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 34 AO 1977 Anm.13), verpflichtet den Testamentsvollstrecker, für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, und verstärkt lediglich die zivilrechtliche Pflicht des Testamentsvollstreckers, die Nachlaßverbindlichkeiten zu begleichen, für die Erbschaftsteuer ausdrücklich zu einer steuerlichen Verpflichtung. Entsprechend beantwortet sich die Frage, an wen Erstattungen mit befreiender Wirkung gezahlt werden können, nach bürgerlichem Recht (vgl. Urteil in BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119; Kühn/Kutter/Hofmann, a.a.O., § 34 AO 1977 Anm.4). Konnte das FA, soweit, wie im Streitfall, die Steuer aus dem der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Vermögen bezahlt worden ist, mit befreiender Wirkung danach nur an den Testamentsvollstrecker zahlen, so ist mit der Zahlung an einen vom Testamentsvollstrecker benannten Dritten, hier die Klägerin, der Rückforderungsanspruch erloschen. Welcher Rechtsgrund im Verhältnis Erbe bzw. Nachlaßsondervermögen und dem Empfänger der Zuwendung (Valutaverhältnis) besteht, ist im Verhältnis Anweisender und Angewiesener (Deckungsverhältnis) ohne Bedeutung, denn mit der Leistung an den Dritten ist der Leistungszweck im Deckungsverhältnis erreicht worden.

Im Streitfall ist die überzahlte Erbschaftsteuer aus Mitteln des Nachlasses bezahlt worden. Der den Erben zustehende Erstattungsanspruch war daher dem der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlaßvermögen zuzuordnen, über das ausschließlich der Testamentsvollstrecker verfügungsbefugt war. Durch die auf Anweisung des Testamentsvollstreckers erfolgte Zahlung auf das Konto der Klägerin ist der Erstattungsanspruch aus der Überzahlung danach mit Wirkung für und gegen die Erben erloschen. Die Zahlung an die Klägerin ist daher nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt, so daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch gegenüber der Klägerin nicht vorlagen.

Was zu gelten hat, wenn sich die Testamentsvollstreckung ausschließlich auf Anteile an Personengesellschaften bezieht, ist hier nicht zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61134

BStBl II 1986, 704

BFHE 146, 519

BFHE 1986, 519

BB 1987, 959

BB 1987, 959-961 (ST)

DB 1986, 2648-2648 (S)

DStR 1986, 693-694 (ST)

HFR 1986, 620-621 (ST)

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