Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerpflichtiger, der neben der Ausübung seines Berufes als Kaufmann noch auf einem von ihm erworbenen Anwesen mit Hilfe fremder Arbeitskräfte eine Landwirtschaft betreibt, kann, wenn die Landwirtschaft 14 Jahre lang ausschließlich Verluste erbracht hat, gegenüber der Annahme einer landwirtschaftlichen Liebhaberei in der Regel nicht mit Erfolg einwenden, es habe sich nur um Anlaufverluste gehandelt (Anschluß an das Urteil des BFH vom 18. Dezember 1969 IV R 57/68, BFHE 98, 247, BStBl II 1970, 377).

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 13 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Streitig ist, ob bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1959 bis 1962 landwirtschaftliche Verluste anzusetzen oder wegen Liebhaberei unberücksichtigt zu lassen sind.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Ehemann, ein Kaufmann, erwarb im Jahre 1955 für 70 000 DM ein rd. 21 ha großes Anwesen, das aus Wohnhaus, Bäckerei mit Mühle, Müllerland und Wiesen bestand. Auf behördliche Anordnung stellte er 1956 die Bäckerei mit Müllerei ein und begann im Herbst 1959, die Grundstücke in vollem Umfang landwirtschaftlich zu nutzen. Abgesehen von der eigenen zeitweiligen Mitarbeit des Klägers, der über landwirtschaftliche Kenntnisse verfügt, erfolgte die Bewirtschaftung durch ein angestelltes Landarbeiterehepaar sowie durch Aushilfskräfte. Die Landwirtschaft erbrachte nach den Erklärungen des Klägers bzw. nach einer für die Jahre 1960 bis 1967 vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) durchgeführten Betriebsprüfung alljährlich Verluste, und zwar

1959/60 37 633,95 DM It. Erklärung

1960/61 30 352,17 DM It. Betriebsprüfung

1961/62 19 400,25 DM It. Betriebsprüfung

1962/63 24 478,69 DM It. Betriebsprüfung

1963/64 21 061,- DM It. Betriebsprüfung

1964/65 21 272,35 DM It. Betriebsprüfung

1965/66 9 423,61 DM It. Betriebsprüfung

1966/67 10 210,93 DM It. Betriebsprüfung

1967/68 8 775,62 DM It. Erklärung

1968/69 15 719,56 DM It. Erklärung

1969/70 2 459,85 DM It. Erklärung

1970/71 41 472,33 DM It. Erklärung

1971/72 13 781,09 DM It. Erklärung

1972/73 37 240,66 DM It. Erklärung.

Im Wirtschaftsjahr 1971/72 veräußerte der Kläger den gesamten Bestand an Rindern und Schweinen.

Das FA lehnte bei den Einkommensteuerveranlagungen der Streitjahre den Ansatz landwirtschaftlicher Verluste ab. Die hiergegen nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Berufung (Klage) hatte im Streitpunkt keinen Erfolg. Das FG ging unter Bezugnahme auf von ihm eingeholte Gutachten davon aus, daß der Kläger die Landwirtschaft als Liebhaberei betrieben habe. Das ergebe sich aus der Art der Bewirtschaftung und aus dem von den Sachverständigen hervorgehobenen Umstand, daß der Betrieb ohne Vergrößerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche (der Kläger habe erst 1962 weitere Nutzflächen hinzugepachtet) und ohne erhebliche Investitionen (der Kläger habe solche nicht getätigt) keine Gewinne abwerfen könne. Ob er in Zukunft Gewinne erbringen könne, brauche nicht geprüft zu werden, da die von den Sachverständigen angegebenen Voraussetzungen rentabler Wirtschaftsführung jedenfalls in den Streitjahren nicht gegeben gewesen seien. Der Kläger sei erfolgreicher Kaufmann, zugleich aber passionierter Landwirt. Es sei ihm offenbar im Hinblick auf den möglichen Nutzen nicht lohnend erschienen, das erforderliche Kapital zu investieren.

Auf die Revision der Kläger hob der Senat im ersten Rechtsgang durch sein Urteil vom 18. Dezember 1969 IV R 57/68 (BFHE 98, 247, BStBl II 1970, 377) die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der Senat stellte als Grundsatz heraus, eine landwirtschaftliche Liebhaberei liege (nur) vor, wenn nicht damit zu rechnen sei, daß auf längere Sicht nachhaltig Gewinne erwirtschaftet werden könnten, wobei bloße, etwa durch Sonderabschreibungen verursachte Buchverluste außer Betracht zu bleiben hätten. Auch sei nicht erforderlich, daß der erzielbare Überschuß zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Steuerpflichtigen ausreiche. Im Streitfall reichten die Feststellungen des FG für eine abschließende Beurteilung nicht aus, da die Vorinstanz sich zu Unrecht auf die Feststellung beschränkt habe, daß die zur Erzielung von Überschüssen erforderlichen Investitionen in den Streitjahren unterblieben seien, und hieraus bereits auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsmöglichkeit geschlossen habe. Das FG müsse bei seiner erneuten Prüfung feststellen, ob unter Berücksichtigung einer den Umständen des Falles angemessenen Anlauf- und Aufbauzeit in den Streitjahren ernstlich damit zu rechnen gewesen sei, daß der Kläger später nachhaltig in die Gewinnzone gelangen werde. Daß die hierfür erforderlichen Investitionen vom Kläger nicht gleich zu Anfang geleistet worden seien, dürfe nicht entscheidend zu seinen Ungunsten verwertet werden, da eine gewisse Zurückhaltung bei Ungewißheit über die steuerliche Auswirkung der Investitionen verständlich sei.

Hinsichtlich der streitigen Frage der Anerkennung von Verlusten aus der Landwirtschaft versagte das FG auch im zweiten Rechtsgang der Klage den Erfolg. Das FG führte in den Gründen der angefochtenen Entscheidung aus, der Senat komme nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu der Überzeugung, daß auch unter Berücksichtigung einer dem Kläger zuzubilligenden verlängerten Anlaufzeit in den Streitjahren ernstlich nicht damit zu rechnen gewesen sei, daß er später nachhaltig in die Gewinnzone gelangen würde. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger beabsichtigte Art der Bewirtschaftung bis zum Wirtschaftsjahr 1971/72, in dem er seinen Viehbestand veräußert habe, geeignet gewesen sei, Überschüsse zu erzielen. Denn nach der Entscheidung des BFH im ersten Rechtsgang komme es nicht auf die beabsichtigte, sondern auf die tatsächliche Art der Bewirtschaftung an. Der Kläger habe aber den Hof nicht so geführt, daß nachhaltig ein Überschuß erzielbar gewesen sei. Das ergebe sich zunächst daraus, daß er in allen abgelaufenen Wirtschaftsjahren nur Verluste erlitten habe, die auch nicht etwa nur auf die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen oder ähnliche bloße Buchverluste zurückzuführen seien. Die erlittenen Verluste sprächen auch bei Berücksichtigung einer angemessenen Anlaufzeit für einen Liebhabereibetrieb. Denn obwohl der Kläger in den Wirtschaftsjahren ab 1967/68 bis 1971/72 Investitionen von jährlich zwischen rd. 12 000 DM und 165 000 DM getätigt habe, sei er nicht in die Gewinnzone gelangt. Die im Hinblick auf den vom Kläger hervorgehobenen devastierten Zustand des Anwesens erbrachten hohen Investitionen sprächen zwar für eine Gewinnerzielungsabsicht. Aus den vorliegenden Ergebnissen lasse sich aber ablesen, daß die Investitionen allein nicht ausreichten, um ein positives Betriebsergebnis zu erreichen. Die Verluste seien auch nicht mit der Reglementierung der Preise im Rahmen der EWG zu begründen.

Mit der Revision wird Verstoß gegen § 2 Abs. 3 EStG und § 126 Abs. 5 FGO gerügt und ausgeführt, der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers sei keine Liebhaberei, da er nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werde und geeignet sei, nachhaltig mit Gewinnen zu arbeiten. Das FG habe übersehen, daß bei einem derart devastierten Betrieb eine Anlaufzeit von zehn Jahren nicht zu lange sei; sie müsse im Hinblick auf die schwere Erkrankung des Klägers im Herbst 1969 noch verlängert werden. Es sei unzumutbar, daß der Kläger, wie das FG es verlange, gegen Schicksalsschläge wie eine solche schwere Erkrankung entsprechende Vorsorge hätte treffen müssen. Das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht könne mit dem Eintritt der Verluste allein nicht begründet werden. Es müsse sich aus der Art des Zustandekommens der Verluste ergeben, z. B. wegen unwirtschaftlicher Betriebsführung oder wegen besonders luxuriösen Aufwandes. Derartiges liege im Streitfalle nicht vor; vielmehr beweise die Höhe der Investitonen die Gewinnerzielungsabsicht. Der Kläger habe seinerzeit das Anwesen zum Zwecke der Existenzsicherung erworben. Der Betrieb sei auch nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt worden. Das FG habe sich an die vom BFH im Urteil des ersten Rechtsganges aufgestellten Kriterien nicht gehalten. Ein vom Kläger angefordertes Sachverständigengutachten ergebe, daß bei der gegenwärtigen Bewirtschaftung mit einer Gewinnerzielung zu rechnen sei und sogar die Förderungsschwelle überschritten werde, so daß der Betrieb in Zukunft zu den förderungswürdigen Betrieben im Bereiche der EWG gehöre. Das FG selbst hätte im Rahmen der ihm obliegenden Pflicht zur Sachaufklärung ein solches neuerliches Gutachten einholen müssen, wenn es schon die Ausführungen des BFH im zurückverweisenden Urteil nicht habe beachten wollen. Wenn das FG von einem zur Erreichung einer besseren Rentabilität vorgenommenen Wechsel der Bewirtschaftungsart spreche, so sei das zwar richtig. Die entsprechenden Investitionen seien aber schon in den sechziger Jahren geplant gewesen und nur infolge des anhängigen Steuerstreits nicht durchgeführt worden. Zusätzlich sei der Kläger in die Preiskostenschere geraten.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und bei der Einkommensteuer für 1959 15 052 DM, für 1960 37 757 DM, für 1961 24 876 DM und für 1962 21 939 DM als Verlust aus Land- und Forstwirtschaft anzuerkennen; hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Da nach der zurückverweisenden Entscheidung des Senats im ersten Rechtsgang vom 18. Dezember 1969 IV R 57/68 eine Änderung der Rechtsauffassung des BFH nicht eingetreten ist (vgl. z. B. das Urteil des Senats vom 16. Januar 1975 IV R 75/74, BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558), ist auch der Senat, wie das FG, an die seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang zugrunde liegende rechtliche Beurteilung gebunden (vgl. Urteil vom 19. November 1970 IV 150/65, BFHE 101, 36, BStBl II 1971, 209; Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 GmS-OGB 1/72, BFHE 109, 206, und den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. Oktober 1973 GrS 8/70, BFHE 110, 322, BStBl II 1974, 12). Hieraus folgt, daß auch im zweiten Rechtsgang von dem Begriff der Liebhaberei, wie er dem Urteil IV R 57/68 zugrunde liegt, auszugehen ist, so daß es sich erübrigt, auf die im Schrifttum bestehenden unterschiedlichen Auffassungen einzugehen, die den Begriff der Liebhaberei im Sinne einer einkommensteuerrechtlich irrelevanten Tätigkeit im Erscheinungsbild eine der sieben Einkunftsarten überhaupt ablehnen oder doch nur eingeschränkt gelten lassen wollen (vgl. hierzu aus jüngerer Zeit z. B. Wittig, DStR 1972, 164; siehe auch v. Wallis, FR 1975, 334 [336], und Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., § 2 Rdnr. 16 ff.). Auszugehen ist also von der Frage, ob aus der Sicht der Streitjahre der Betrieb des Klägers auf die Dauer gesehen überhaupt nachhaltig mit Gewinn arbeiten konnte und ob er nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wurde, wobei eine angemessene Anlaufzeit zuzubilligen war und bloße Buchverluste außer Betracht zu bleiben hatten.

Dieser Frage ist das FG im zweiten Rechtsgang unter Zugrundelegung der im zurückverweisenden BFH-Urteil enthaltenen rechtlichen Beurteilung auch nachgegangen. Es ist nicht erkennbar, daß das FG sich der Bindung im Sinne von § 126 Abs. 5 FGO entzogen hätte. Die Revision behauptet dies zwar, gibt jedoch für diese Behauptung keine konkrete Begründung. Der Senat vermag dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht zu folgen, es sei ein Unterschied zwischen dem im Urteil des Senats im ersten Rechtsgang aufgestellten Postulat, es müsse eine Gewinnerzielung möglich sein, und der vom FG erhobenen Forderung, es müßten Gewinne erzielt werden können. Der erkennende Senat hat es schon im ersten Rechtsgang nicht als zur Verneinung eines Liebhabereibetriebes ausreichend angesehen, wenn lediglich die Gewinnerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen und die Bewirtschaftung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen dargetan sind. Vielmehr hat der Senat auch schon im ersten Rechtsgang darauf abgestellt, ob der Betrieb auf Dauer mit Gewinn arbeiten kann. Hieran sind sowohl das FG als auch der erkennende Senat im zweiten Rechtsgang gebunden.

Das FG konnte daher unter Beachtung der im zurückverweisenden Urteil des Senats aufgestellten Grundsätze auch zu dem Ergebnis kommen, daß für die Streitjahre keine einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Verluste vorlagen. Der Senat stimmt mit Littmann (a. a. O., § 2 Rdnr. 18 a) darin überein, daß die unter Beachtung der von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien getroffene Feststellung, ob Liebhaberei vorliegt, im wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegt. Ist diese Feststellung in einwandfreier Weise getroffen worden, so ist der BFH an sie nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

Im Streitfall ist das FG zu seiner Feststellung ohne Verstoß gegen die Verfahrensordnung oder gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze gelangt. Die Revisionsrüge, das FG habe, weil es kein weiteres Gutachten eingeholt habe, die Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, ist, abgesehen davon, daß sie wegen Zurücknahme eines entsprechenden Antrages durch den Kläger in der Vorinstanz nicht mehr mit Erfolg erhoben werden könnte, auch nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist und damit verspätet geltend gemacht. Im übrigen bedurfte es keines weiteren Gutachtens, da über den Zustand, die Bewirtschaftung und die Ertragserwartungen des Betriebs in den Streitjahren bereits zwei Gutachten vorlagen.

Das FG hat entsprechend den Ausführungen im zurückverweisenden BFH-Urteil geprüft, ob die in den Streitjahren erlittenen Verluste etwa nur Anlaufverluste gewesen seien. Die Begründung, mit der das FG diese Frage verneint hat, hält der Nachprüfung stand. Wie der Senat in einer anderen, nicht veröffentlichten Entscheidung ausgeführt hat (Urteil vom 5. Dezember 1974 IV R 124/71), erfordert die Frage, ob ein Betrieb nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann, eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung, für die naturgemäß die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraumes wichtige Anhaltspunkte bieten. Unter diesem in der damaligen Entscheidung hervorgehobenen Gesichtspunkt ist es nicht nur nicht zu beanstanden, sondern geradezu selbstverständlich, daß das FG im Streitfall aus der Tatsache, daß der Betrieb des Klägers vom 1. Juli 1959 bis 30. Juni 1973, also über vierzehn Jahre hinweg, ausschließlich Verluste erzielt hat, seine Schlüsse zog. Ergibt sich für einen derart langen überschaubaren Zeitraum gerade das Gegenteil von dem, was die Annahme einer Liebhaberei ausschließen würde, nämlich statt der auf Dauer gesehenen Erzielung von nachhaltigen Gewinnen eine solche von nachhaltigen Verlusten, die der Steuerpflichtige überhaupt nur wegen seiner übrigen Einkünfte verkraften kann, so kann demgegenüber der Einwand, er habe aber Gewinne erzielen wollen und bei theoretisch optimalen Bedingungen auch erzielen können, in aller Regel keine Bedeutung haben (vgl. Littmann, a. a. O., § 2 Rdnr. 16). Auch für die Annahme bloßer Anlaufverluste ist bei einer derart langen Zeitspanne grundsätzlich kein Raum mehr. Nachdem die Rechtsprechung die Kriterien der Liebhaberei mit Recht objektiviert hat, ist davon auszugehen, was tatsächlich ist und nach den gegebenen Verhältnissen objektiv sein kann. Dem Steuerpflichtigen ist allerdings nicht der Einwand abgeschnitten, daß er die dauernden Verluste bzw. die nach einer angemessenen Anlaufzeit noch weiterhin angefallenen Verluste nur infolge des Eintritts unvorhergesehener Ereignisse erlitten habe. In diese Richtung zielt insbesondere der Hinweis des Klägers auf seine schwere Erkrankung Ende 1969. Der Ausfall der physischen Arbeitskraft des Klägers im Betrieb konnte jedoch angesichts des fortgeschrittenen Alters und der Tatsache, daß der Kläger in erster Linie ein erfolgreicher Versicherungskaufmann war, nicht von entscheidender Bedeutung sein. Daß der Kläger aber auch vom Krankenbett aus seine Direktiven für den Betrieb geben konnte und auch gegeben hat, hat er selbst dargetan. Im übrigen kann eine Anlaufzeit von rd. vierzehn Jahren auch nicht mehr mit der Ungewißheit über die steuerrechtliche Behandlung begründet werden.

Die Dauerverluste des Klägers sind auch, wie das FG zutreffend begründet hat, keine bloßen Buchverluste, mögen sie auch unter diesem Gesichtspunkt der Höhe nach zum Teil korrigierbar sein. Jedenfalls können weder die Inventarabschreibungen noch die Verwalterkosten (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. Juni 1968 IV 69/63, BFHE 93, 274, BStBl II 1968, 815) aus dem für die Beurteilung der Liebhaberei maßgeblichen Verlust ausgeklammert werden. Gerade die angesichts der persönlichen und beruflichen Situation des Klägers doch offenbar unumgänglichen Verwalterkosten lassen es als naheliegend erscheinen, daß diese Kosten den Eintritt des Betriebs in die Gewinnzone auf Dauer verhindert haben, weil landwirtschaftliche Betriebe dieser Größenordnung in der Regel vom Eigentümer selbst und seiner Familie bewirtschaftet werden müssen, wenn sie Ertrag abwerfen sollen. Dann nützt es auch nichts, wenn der Betrieb im übrigen "zünftig" bewirtschaftet wird, wie umgekehrt die unzünftige Bewirtschaftung nicht schadet, wenn der Betrieb gleichwohl Gewinne abwirft (Urteil des Senats IV 69/63, vgl. hierzu auch Wendt, Information L 1968 S. 321). Der Hinweis in der mündlichen Verhandlung, der Kläger habe ursprünglich einen Gewerbebetrieb erwerben und betreiben wollen, vermag das Revisionsbegehren nicht zu stützen. Da der Kläger in den Streitjahren und danach eine Landwirtschaft betrieben hat, muß die theoretische Frage unbeantwortet bleiben, inwieweit auch ein ständig mit Verlust arbeitender Gewerbebetrieb als Liebhabereibetrieb zu beurteilen ist.

Mit Recht konnte das FG es ablehnen, über das Jahr 1973 hinaus noch weitere Zukunftsprognosen zu stellen. Auch wenn der durch den Verkauf des gesamten Viehbestandes im Wirtschaftsjahr 1971/72 sich manifestierende Wechsel in der Bewirtschaftungsart die künftigen Ertragsaussichten günstiger erscheinen lassen sollte, kann das jedenfalls nicht auf die bis zu vierzehn Jahre zurückliegenden Streitjahre zurückprojiziert werden, für deren Beurteilung die damalige und die damals absehbare Art der Bewirtschaftung maßgeblich ist und nicht die "gegenwärtige" Bewirtschaftung, mit der sich offenbar das vom Kläger noch in der Revisionsinstanz vorgelegte und schon deshalb nicht verwertbare weitere Sachverständigen-Gutachten befaßt.

Das FG konnte somit auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Anlaufzeit zu dem Ergebnis kommen, daß in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nach den für die Streitjahre maßgeblichen Verhältnissen nicht auf die Dauer nachhaltig Gewinne zu erzielen waren. An diese mögliche Würdigung ist der Senat gebunden, so daß auch er wie das FG darauf verzichten kann, zu entscheiden, ob das Vorliegen einer Liebhaberei nicht jedenfalls schon deshalb zu bejahen wäre, weil der im Urteil des BFH vom 4. März 1970 I R 123/68 (BFHE 98, 259, BStBl II 1970, 470) geforderte Ausgleich der erheblichen Anfangsverluste nicht zu erwarten war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71873

BStBl II 1976, 485

BFHE 1976, 447

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