Leitsatz (amtlich)

Ein in zwölf Monatsraten zu tilgender Kredit für die Beschaffung eines LKW durch ein Güterfernverkehrsunternehmen ist in der Regel schon deshalb keine mit einer Verbesserung oder Erweiterung des Betriebs wirtschaftlich zusammenhängende Verbindlichkeit im Sinne des § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG, weil der Vorgang nicht als weitreichende Maßnahme oder schwerwiegende Investition und deshalb nicht mit Gründung oder Erwerb eines Betriebs gleichwertig beurteilt werden kann.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, betreibt ein Güterfernverkehrsunternehmen. Sie erwarb im Jahre 1972 einen LKW. Den Kaufpreis finanzierte sie u. a. mit einem Bankkredit von 48 000 DM, der vereinbarungsgemäß in 12 Monatsraten zurückzuzahlen war. Die dafür im Streitjahr 1973 aufgewendeten Zinsen von 1 152 DM gab die Klägerin in der Gewerbesteuererklärung als Dauerschuldzinsen an. Gegen die erklärungsgemäß durchgeführte Veranlagung legte sie Einspruch ein mit der Begründung, die Zinsen seien irrtümlich als Dauerschuldzinsen angegeben worden; da der Kredit in 12 gleichen Monatsraten getilgt werde, sei er wegen seiner kurzen Laufzeit nicht als Dauerschuld zu behandeln.

Der Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bezog sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Juni 1971 I R 55/68 (BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750), in dem der BFH ausdrücklich bestätigt habe, daß die Tatbestandsmerkmale des § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) selbständig nebeneinander stünden, soweit es sich um die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handele und daß Zinsen, die wirtschaftlich mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebes zusammenhingen, dem Gewerbeertrag zuzurechnen seien.

Die Klage führte zu der beantragten Herabsetzung der Gewerbesteuer. Das Finanzgericht (FG) führte in der Entscheidung vom 16. Juli 1975 VI 58/75 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 23 - EFG 1976, 23 -) u. a. aus: Die Auslegung der BFH-Entscheidung I R 55/68, daß das Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals alternativ neben dem Tatbestandsmerkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs stehe und daß bei Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs zusammenhingen, die nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals ohne Bedeutung sei, werde dem Zweck der Vorschrift des § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) nicht gerecht. Hinzurechnungen und Kürzungen dienten dem Ziel, den Gewerbeertrag des von den Beziehungen zu dem jeweiligen Inhaber losgelösten Betriebes zu ermitteln. Da es dafür ohne Bedeutung sei, ob der Gewerbeertrag mit Eigenkapital oder Fremdkapital erzielt worden sei, müßten grundsätzlich alle Schuldzinsen, die den Gewinn gemindert hätten, wieder hinzugerechnet werden. Beschränke der Gesetzgeber die Zurechnung auf Zinsen für bestimmte Schulden und solle es sich dabei nicht um willkürlich herausgegriffene Fälle handeln, so müßten die in § 8 Nr. 1 GewStG genannten wirtschaftlichen Gründe für die Schuldaufnahme einen gemeinsamen Nenner haben. Werde berücksichtigt, daß nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen Vorgänge, die mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhingen, entweder mit Eigenkapital oder zumindest mit langfristigem Fremdkapital finanziert werden sollten, so finde sich der gemeinsame Nenner der in § 8 Nr. 1 GewStG aufgeführten Anlässe für die Schuldaufnahme in der Dauer, für die das Fremdkapital dem Betrieb zur Verfügung stehe. Durch dieses zeitliche Moment werde das Fremdkapital dem Eigenkapital vergleichbar, das im Grundsatz dem Gewerbebetrieb ebenfalls auf Dauer gewidmet sei. § 8 Nr. 1 GewStG müsse deshalb dahin verstanden werden, daß Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhingen oder sonstwie der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen seien, soweit sie ihn zuvor gemindert hätten. Dies komme schon in der amtlichen Begründung zu § 8 Nr. 1 GewStG 1936 (RStBl 1937, 693, 695 Sp. 2) zum Ausdruck. Auch der BFH habe deshalb vor dem Urteil I R 55/68 in ständiger Rechtsprechung entschieden, neben dem Anlaß für die Kreditaufnahme komme es entscheidend auf die Laufzeit des Kredites an (Urteile vom 13. April 1965 I 366/62 U, BFHE 82, 466, BStBl III 1965, 416; vom 2. Mai 1961 I 63/60 S, BFHE 73, 744, BStBl III 1961, 537). Käme es auf das zeitliche Moment nicht an, so ergäbe sich eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Zinsen für kurzfristige Schulden im Zusammenhang mit diesen Fällen und für Schulden im Zusammenhang mit anderen, in § 8 Nr. 1 GewStG nicht genannten Vorgängen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, daß das Ergebnis der rein grammatischen Auslegung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche. Das FG vertrete deshalb weiter die vom BFH früher vertretene Auffassung, die dieser ohne Begründung aufgegeben habe. Zinsen seien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nur dann hinzuzurechnen, wenn sie für Schulden aufgewendet worden seien, die das Betriebskapital nicht nur vorübergehend verstärkt hätten.

Die gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision begründet das FA wie folgt: In dem Urteil I R 55/68 habe der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, daß eine Schuld, die mit der Beschaffung von Betriebsanlagen zusammenhänge, ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit als "Dauerschuld" anzusehen sei. Diese Rechtsansicht entspreche dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 8 Nr. 1 GewStG. - Diene die Schuldaufnahme dem Erwerb bestimmter Wirtschaftsgüter, so komme es nicht auf die Laufzeit des Kredits, sondern darauf an, ob die mit Hilfe des Kredits angeschafften Wirtschaftsgüter das Betriebskapital auf Dauer verstärken sollten. Warum der Gesetzgeber die Hinzurechnung auf Zinsen für solche Schulden beschränkt habe, die zu einer dauerhaften Verstärkung des Betriebskapitals verwendet würden, sei nur zu vermuten, da sich aus den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte finden ließen. Das Gemeinsame der beiden Alternativen des § 8 Nr. 1 GewStG dürfe wohl darin bestehen, daß sie solche Schulden erfassen wollten, die zu Zwecken aufgenommen würden, für die nach der Vorstellung des Gesetzgebers üblicherweise Eigenkapital eingesetzt werde. Der dem Gesetzgeber vorschwebende idealtypische Gewerbebetrieb setze zur dauerhaften Verstärkung des Betriebskapitals kein Fremdkapital ein. Dies ergebe, daß der Gesetzgeber solche Schulden habe erfassen wollen, die durch ihre Funktion Eigenkapital ersetzten. Demgegenüber könne die Argumentation des FG, der "gemeinsame Nenner" der beiden Alternativen des § 8 Nr. 1 GewStG bestehe in der Dauer, für die das Fremdkapital dem Betrieb zur Verfügung stehe, nicht überzeugen. Fremdkapital könne nicht nur aufgrund der Dauer, für die es dem Gewerbebetrieb zur Verfügung stehe, sondern auch wegen seines Verwendungszwecks dem Eigenkapital vergleichbar sein. Da die Klägerin den von ihr aufgenommenen Kredit dazu verwandt habe, Anlagevermögen anzuschaffen, seien die für diesen Kredit gezahlten Zinsen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG bei Ermittlung des Gewerbeertrages hinzuzurechnen.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie hat ein Privatgutachten über die Frage eingereicht: "Führt die Finanzierung von Ersatzinvestitionen in den gewerblichen Unternehmungen der Automatenaufsteller durch individuell zugeordnete Wechselkredite mit einer durchschnittlichen Laufzeit von weniger als zwölf Monaten zur Entstehung von Dauerschulden (§§ 8 Nr. 1, 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG)?" Das Gutachten setzt sich insbesondere mit dem BFH-Urteil I R 55/68 auseinander.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA kann im Ergebnis keinen Erfolg haben.

1. Der Auffassung des FA, der BFH habe mit dem Urteil I R 55/68 seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, daß jede Verbindlichkeit, die mit der Beschaffung von Betriebsanlagen zusammenhänge, ohne Rücksicht auf deren Laufzeit als "Dauerschuld" im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG anzusehen sei, ist nicht zuzustimmen.

Dem Urteil des BFH I R 55/68 lag ein Fall zugrunde, in dem eine GmbH bei ihrer Errichtung ein Fabrikgrundstück für ihre Betriebszwecke erwarb und eine verzinsliche Hypothekenschuld in Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm. Die Hypothekenschuld wurde etwa fünf Monate später durch Umschuldung, nämlich durch Eintritt einer Bank anstelle der bisherigen Gläubigerin, ausgeglichen. Die Hypothekenforderung der Bank bestand noch drei Jahre fort. In diesem Urteil wurde zwar darauf abgestellt, daß in § 8 Nr. 1 GewStG neben dem Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals das andere Tatbestandsmerkmal einer mit der Gründung eines Betriebs zusammenhängenden Verbindlichkeit alternativ enthalten sei. Das Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals spiele allerdings eine Rolle bei der Auslegung des anderen Tatbestandsmerkmals. Nicht jede bei der Gründung eines Betriebs eingegangene Verbindlichkeit sei eine Dauerschuld. "Der in § 8 Nr. 1 GewStG geforderte wirtschaftliche Zusammenhang mit der Gründung", so wird in dem Urteil ausgeführt, "besteht jedenfalls in der Regel dann, wenn sich die Verbindlichkeit z. B. auf die Schaffung der Betriebsanlagen bezieht". Derartige Verbindlichkeiten seien wegen ihres Charakters ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit "Dauerschulden". Dagegen sollen Schulden, die mit dem gewöhnlichen Geschäftsgang des neugegründeten Betriebs, also mit einzelnen laufenden, nach Art des Betriebs wiederkehrenden bestimmbaren Geschäftsvorfällen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht allein deshalb unter die Dauerschulden fallen, weil sie anläßlich der Gründung des Betriebes eingegangen wurden.

Voraussetzungen dafür, eine Verbindlichkeit wegen ihres Charakters ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit als "Dauerschuld" einzustufen, sind somit nach dem BFH-Urteil I R 55/68 erstens, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Gründung des Betriebs besteht und zweitens, daß sich die betreffenden Schulden nicht auf Vorgänge des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, sondern in der Regel (nach der Formulierung des BFH-Urteils I R 55/68 "z. B."; s. Leitsatz und BFHE 103, 81) auf die Schaffung von Betriebsanlagen beziehen. Aus dem BFH-Urteil kann also nicht entnommen werden, daß - wie das FA offenbar meint -, auch außerhalb der Gründungsvorgänge jede Schuld, die mit der Beschaffung von Betriebsanlagen zusammenhängt, ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit als "Dauerschuld" anzusehen ist.

2. Für das BFH-Urteil I R 55/68 war allerdings die Überlegung maßgebend, daß sich in § 8 Nr. 1 GewStG die beiden Tatbestandsmerkmale "wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Gründung des Betriebs" einerseits und "nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals" andererseits als Alternativen gegenüberstünden mit der Folge, daß zwar das zweite Tatbestandsmerkmal bei der Auslegung des ersten heranzuziehen sei, im übrigen aber Verbindlichkeiten der ersten Alternative wegen ihres Charakters ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit Dauerschulden seien. Dabei wird das erste Tatbestandsmerkmal nur durch den wirtschaftlichen Zusammenhang "mit der Gründung des Betriebs" umschrieben. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, daß damit die erste Gruppe im vollen Wortlaut "Verbindlichkeiten im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Gründung (Erwerb) eines Betriebs oder mit der Erweiterung oder Verbesserung eines Betriebs" angesprochen ist. Dies wird ausdrücklich in dem Urteil des I. Senats des BFH vom 28. Juli 1976 I R 91/74 (BFHE 119, 569 [572], BStBl II 1976, 789 [791]) ausgeführt; dabei wird bemerkt, daß für die zweite Gruppe ("Verbindlichkeiten, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen") die Länge der Laufzeit eine erhebliche Rolle spiele, während für die erste Gruppe - unter Hinweis auf das BFH-Urteil I R 55/68 - gesagt wird, daß "in der Regel das Zeitmoment nicht von so entscheidender Bedeutung" sei.

3. Der erkennende Senat braucht in dem vorliegenden Streitfall nicht zu entscheiden, ob jede Verbindlichkeit, die wirtschaftlich mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängt, ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit als Dauerschuld im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG zu behandeln ist. Die mit dem BFH-Urteil I R 55/68 eingeleitete Auslegung des § 8 Nr. 1 GewStG führt jedenfalls nicht dahin, nunmehr jeden kurzfristigen Kredit, der sich auf ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens bezieht, einer Dauerschuld gleichzustellen. Im einzelnen ergibt sich dies aus den folgenden Überlegungen:

a) In dem BFH-Urteil I 63/60 S, das den kurzfristigen Kredit für den Erwerb neuer Kraftwagen bei einem Unternehmen der Kraftwagenvermietung betraf, wurde ausgeführt, daß es sich in der Regel dann nicht um für ein Unternehmen typische laufende Geschäftsvorfälle handele, wenn sie der Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Anlagevermögens dienten. Es heißt dazu weiter:

"Es muß davon ausgegangen werden, daß der bei Anschaffung jedes Kraftwagens aufgenommene Kredit der Verbesserung und Erweiterung des Anlagevermögens dient. Daß es sich jeweils um eine Verbesserung des Betriebsvermögens handelt, kann selbst dann nicht zweifelhaft sein, wenn der angeschaffte Kraftwagen zum Ersatz eines im Zeitpunkt der Anschaffung veräußerten gebrauchten Wagens dient. Denn das Betriebskapital wird verbessert, wenn ein bisher gebrauchter Wagen durch einen neuen Wagen ersetzt wird" (BFHE 73, 746).

Gegen diese Überlegungen spricht jedoch, daß nicht nur der Ersatz eines bisher gebrauchten Wagens durch einen neuen Wagen denkbar ist, sondern auch der Ersatz durch einen ebenfalls gebrauchten, möglicherweise billigeren Wagen. Auch weitere Fälle dieser Art sind denkbar, so der Ersatz eines durch Unfall zerstörten fast neuen LKW durch einen kleineren, gebrauchten LKW oder die Anschaffung einer neuen, komplizierten Maschine, die sich als den Betriebsablauf hemmend erweist, also Fälle, bei denen aus der Beschaffung von Betriebsanlagen noch keineswegs auf eine Betriebsverbesserung oder gar -erweiterung geschlossen werden kann. Der Umstand, daß sich der der Verbindlichkeit zugrunde liegende Vorgang auf das Anlagevermögen bezieht, ist danach nicht als Kriterium für den Charakter der Verbindlichkeit geeignet.

Der I. Senat des BFH hat auf Anfrage erklärt, daß er an der in seinem Urteil I 63/60 S vertretenen Auffassung nicht mehr festhält, mit einer Erweiterung oder Verbesserung eines schon bestehenden Betriebs hänge bereits jedes Anschaffungsgeschäft zusammen, das ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zum Gegenstand habe.

b) Auch der Realsteuercharakter der Gewerbesteuer, wonach als Dauerschuld nur die Schuld erfaßt werden soll, die das dem Betrieb dauernd gewidmete Kapital betrifft, ist zu berücksichtigen. Von dem Grundsatz, daß Betriebsausgaben (Schuldzinsen) auch den Gewerbeertrag mindern, erfordert dieser Realsteuercharakter der Gewerbesteuer nur dann eine Ausnahme, wenn die Valuta zur Beschaffung des eigentlichen Dauerbetriebskapitals dient, das der Betrieb seiner Eigenart und seiner besonderen Anlage und Gestaltung nach ständig zur Verfügung haben muß (BFH-Urteil vom 18. August 1959 I 137/58 U, BFHE 69, 453, BStBl III 1959, 430). Da aber das Dauerbetriebskapital nicht nur aus dem Eigenkapital, sondern auch aus der Finanzierung über Abschreibungen und Gewinne und aus den laufenden Geschäftseinnahmen gespeist wird, wird dieses dem Betrieb dauernd gewidmete Kapital nicht schon dadurch berührt, daß eine Verbindlichkeit bei Anschaffung von Anlagegegenständen aufgenommen, aber in geschäftsüblicher Frist getilgt und damit noch über das bereits vorhandene Dauerbetriebskapital finanziert wird. Bei ausreichendem Dauerbetriebskapital kann eine nur vorübergehende - d. h. nach den gewerbesteuerrechtlichen Grundsätzen noch vor Jahresfrist aufgefüllte - Finanzierungslücke nicht zu der Annahme einer Dauerschuld führen (vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats vom 13. April 1978 IV R 140-141/74, BFHE 125, 184, BStBl II 1978, 505).

c) Bedarf es, um laufende Geschäftsvorfälle von Vorgängen der Betriebsverbesserung und -erweiterung abzugrenzen, anderer Kriterien als dem der Beschaffung von Betriebsanlagen, so können diese Kriterien nur der unterschiedlichen Bedeutung der beiden in § 8 Nr. 1 GewStG enthaltenen Alternativen entnommen werden. Wenn die mit der Gründung des Betriebs und mit der Beschaffung von Betriebsanlagen zusammenhängenden Verbindlichkeiten Dauerschulden sein sollen, und wenn diesen Verbindlichkeiten diejenigen aus einer Verbesserung und Erweiterung des Betriebs gleichgestellt werden sollen, weil gleichfalls in der ersten Tatbestandsgruppe aufgeführt, dann müssen notwendigerweise die Begriffe Gründung/Erwerb und Verbesserung/Erweiterung einander angenähert werden. Danach können allenfalls solche Verbesserungs- oder Erweiterungsmaßnahmen hinsichtlich der Beurteilung der daraus herrührenden Verbindlichkeiten als Dauerschulden den Gründungs- und Erwerbsvorgängen gleichgestellt werden, denen wie diesen Vorgängen ein ihnen vergleichbares Gewicht unternehmerischer Entscheidung zugrunde liegt. Sofern § 8 Nr. 1 GewStG dahin ausgelegt wird, daß es "Dauer"-Schulden ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit gibt, deshalb nämlich, weil die Gewerbesteuer als Objektsteuer das für die Gründung des Betriebs erforderliche Kapital in jedem Fall, auch wenn es - kurzfristig - fremdfinanziert ist, erfassen soll, dann ist die Gleichbehandlung der Verbesserungs- und Erweiterungsvorgänge nur gerechtfertigt, falls im Rahmen eines bereits bestehenden Betriebs weitreichende Maßnahmen getroffen oder schwerwiegende Investitionen vorgenommen werden, die als mit einer Gründung oder einem Erwerb des Betriebs gleichwertig eingestuft werden müssen.

4. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall führt dazu, das Bestehen einer Dauerschuld zu verneinen. Die Anschaffung eines LKW durch ein Güterfernverkehrsunternehmen, gleichgültig ob es sich um den Ersatz eines ausgeschiedenen Fahrzeugs oder um die Anschaffung eines zusätzlichen LKW handelt, kann nicht als Vorgang beurteilt werden, der sich als weitreichende Maßnahme oder schwerwiegende Investition und damit als mit einer Gründung oder einem Erwerb des Betriebs gleichwertig einstufen läßt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73004

BStBl II 1979, 151

BFHE 1979, 305

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