Leitsatz (amtlich)

Der Bausparer kann Zinsen, die ihm die Bausparkasse gutgeschrieben hat, als Sonderausgaben geltend machen, auch wenn er die Bausparbeiträge unter Verwendung fremder Mittel geleistet hat.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte schloß im November 1959 einen Bausparvertrag ab und beantragte kurz danach bei der Bausparkasse einen Zwischenkredit zur Finanzierung eines Bauvorhabens. Die Bausparkasse gewährte den Zwischenkredit gegen Verpfändung der jeweiligen Bausparguthaben. Sie überwies im April 1960 die Valuta des Darlehens an die Kreissparkasse, die den Betrag an den Kläger auszahlte. Ende 1964 wurde der Bausparvertrag zugeteilt. In den Streitjahren 1963 und 1964 überwies der Kläger die Bausparbeiträge aus seinem laufenden Konto bei der Kreissparkasse. Die Bausparkasse schrieb ihm Zinsen von 279,20 DM bzw. 372,08 DM gut. Das laufende Konto des Klägers wies während der Streitjahre jeweils einen Schuldsaldo aus, da der Kläger das Kontokorrentkonto überziehen durfte. Die Gutschriftsanzeigen auf dem Konto des Klägers bei der Bausparkasse stimmten zeitlich mit den vom Kläger laufend verbuchten fälligen Bausparraten nicht überein, da die Kreissparkasse die Zahlungen offenbar jeweils dann bewirkte, wenn der Kontostand des Klägers die Überweisung an die Bausparkasse rechtfertigte. Der Kläger nahm für die Bausparbeiträge und die Zinsgutschriften den Abzug als Sonderausgaben in Anspruch.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) lehnte den Abzug der Bausparbeiträge und der Zinsgutschriften als Sonderausgaben ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG sah die Klage nur zum Teil als begründet an. Es führte aus, die zu Lasten des Kontokorrentkontos bei der Kreissparkasse überwiesenen Bausparbeiträge seien nicht als Sonderausgaben abzugsfähig, da sie aus Kreditmitteln erbracht worden seien. Dagegen seien die Zinsgutschriften als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen. Die Zinsen seien dem Kläger als eigenes verfügbares Einkommen zugeflossen. Gleichzeitig seien sie als Gutschrift auf dem Bausparkonto zum Zweck des Wohnungsbaues verwendet worden. Sie stünden nicht in unmittelbarer Beziehung zu der Zahlung der Bausparbeiträge aus fremden Mitteln. Der mittelbare Zusammenhang mit den aus fremden Mitteln überwiesenen Beiträgen reiche nicht aus, um den Abzug zu versagen.

Mit der vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 10 EStG. Die Zinsgutschriften seien dem Kläger zwar als Einkünfte zugeflossen. Sie stünden jedoch mit der Kreditaufnahme in mittelbarem Zusammenhang, da sie aus kreditierten Mitteln herrührten. Der Bausparvertrag habe nicht dem Ansammeln eigener Sparleistungen für Zwecke des Wohnungsbaues gedient. Die Zinsgutschriften könnten deshalb nicht isoliert steuerlich begünstigt werden. Sie seien nur im Zusammenhang mit der Gesamtfinanzierung der Bausparbeiträge durch Fremdmittel zu beurteilen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Nach § 10 Abs. 1 EStG setzt der Abzug von Bausparbeiträgen als Sonderausgaben voraus, daß die Beiträge weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits stehen.

FA und FG halten einen mittelbaren Zusammenhang der Zinsgutschriften mit der Aufnahme des Kredits für gegeben. In der steuerrechtlichen Auswirkung des mittelbaren Zusammenhangs sind sie allerdings entgegengesetzter Auffassung. Der Senat hat zu dieser Frage aus Anlaß der Gutschrift von Bausparzinsen nach der Aufnahme eines Auffüllungskredits in dem Urteil des BFH vom 5. Mai 1972 VI R 87/69 (BFH 106, 64, BStBl II 1972, 732) Stellung genommen. Er hat in jenem Fall den Zusammenhang der Bausparzinsen mit der Kreditaufnahme als zu lose angesehen, als daß die Zinsen noch mittelbar in wirtschaftlichem und damit den Abzug als Sonderausgaben ausschließenden Zusammenhang mit dem Auffüllungskredit stünden. Für die Feststellung, wann ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang als "zu lose" anzusehen ist, um steuerunschädlich zu sein, fehlen sichere Anhaltspunkte. Die erneute Prüfung dieser Rechtsfrage ergibt, daß die Bausparzinsen mit dem zur Aufbringung der Bausparbeiträge aufgenommenen Kredit nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 EStG zusammenhängen.

Wann bei der Leistung von Versicherungs- und Bausparbeiträgen ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit Fremdmitteln besteht, ist weder dem EStG noch der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zu entnehmen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein mittelbarer Zusammenhang angenommen worden, wenn ein Gewerbetreibender Sparbeiträge aus Mitteln leistete, die er auf einem Sonderkonto sammelte, während sich gleichzeitig der Debetsaldo auf dem laufenden Bankkonto des Unternehmens erhöhte (BFH-Urteil vom 16. November 1962 VI 16/61, HFR 1963, 138). Auch als der Steuerpflichtige das Geld für die Sparbeiträge aus der Ladenkasse entnahm und im gleichen Jahr sich seine Bankschulden wesentlich erhöhten, hielt der BFH es für möglich, daß eine mittelbare Verwendung fremder Mittel vorliege (Urteil vom 5. Dezember 1958 VI 22/57 U, BFH 68, 154, BStBl III 1959, 61). Aus den Gründen bei der Entscheidungen geht jedoch nicht hervor, welche Merkmale vorliegen müssen, um einen mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang festzustellen. Im Schrifttum ist deshalb auf die Rechtsunsicherheit hingewiesen worden, die sich aus der Schwierigkeit für die Steuerpflichtigen und die FÄ ergibt, die mittelbare Verwendung fremder Mittel eindeutig abzugrenzen (s. Grieger in DStZ 1959 A, 63).

Das Kreditaufnahmeverbot als Voraussetzung für den Abzug der Versischerungs- und Bausparbeiträge als Sonderausgaben will jeden Zusammenhang dieser Beiträge mit der Verwendung fremder Mittel ausschließen. Die Worte "unmittelbar noch mittelbar" sollen diese Absicht lediglich unterstreichen. Entscheidend ist, daß auch bei wirtschaftlicher Betrachtung die Beiträge nicht unter Zuhilfenahme fremder Mittel aufgebracht werden.

Über das Verhältnis der Versicherungs- und Bausparbeiträge zu etwaigen Fremdmitteln greift das Kreditaufnahmeverbot des § 10 Abs. 1 EStG aber nicht hinaus. Die steuerrechtliche Folge eines Verstoßes gegen das Verbot ist nach dem Gesetz auf die steuerliche Behandlung dieser Beiträge beschränkt. Die Bausparbeiträge werden Teil des Sparkapitals der Bausparer bei der Bausparkasse. Die Zinsen, die die Bausparkasse für die Überlassung des Kapitals gewährt, sind steuerrechtlich selbständig und unabhängig von den Bausparbeiträgen zu beurteilen, die zur Ansammlung des Sparguthabens führten. Sie sind steuerpflichtige Einkünfte des Bausparers aus Kapitalvermögen. Werden diese Einkünfte in der Form von Zinsgutschriften zur Erhöhung des Sparguthabens verwendet, so sind sie Bausparbeiträge, die der Bausparer aus ihm zugeflossenen eigenen Mitteln aufbringt. Für einen "Durchgriff" des Kreditaufnahmeverbotes auf die Zinsgutschriften aus Bausparguthaben ist nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Raum. Die Revision des FA war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70282

BStBl II 1973, 162

BFHE 1973, 529

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