Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat tritt den Rechtsgrundsätzen der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 126/30 vom 3. Juni 1930, RStBl. S. 440, bei. Danach besteht bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren einziger Gesellschafter zugleich Geschäftsführer ist, keine Vermutung, daß der Geschäftsführer Angestellter ist und darum seine Bezüge bei der Gesellschaft abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen.

Diese Grundsätze gelten auch bei Familiengesellschaften, bei denen wirtschaftlich betrachtet eine gleichartige Lage gegeben ist.

 

Normenkette

KStG § 6 S. 2; KStDV § 17; EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Anerkennung einer Rückstellung, die die Beschwerdeführerin (Bfin.) mit der Bezeichnung "Gehalt X. 1949 - 1952" in ihrer Bilanz auf den 31. März 1952 mit 36.000 DM gebildet hat.

Die Bfin. (GmbH) ist am 9. Dezember 1948 mit einem Stammkapital von 20.000 DM gegründet worden. Gesellschafter sind die Ehefrau und die drei im Zeitpunkt der Gründung noch minderjährigen Kinder des X., der im gleichen Vertrag zum Geschäftsführer der Bfin. bestellt worden ist. Eines der Kinder hat eine Stammeinlage von 14.000 DM, die mit einem Nießbrauchsrecht der Eltern belastet ist. Erstmals in einem Schreiben der Bfin. vom 3. Dezember 1951, das die Vorauszahlungen für 1951 und 1952 betroffen hat, trat in Erscheinung, daß ein Gehalt an den Geschäftsführer nicht bezahlt worden ist. Die Bfin. wollte die nachzuzahlenden Gehälter in der Bilanz zum 31. März 1952 mit 36.000 DM als Rückstellung ansetzen. Von diesem Betrag entfielen 12.000 DM auf das laufende Wirtschaftsjahr. In ihrer Begründung hierfür führte sie aus, daß durch Gesellschafterbeschluß dem Geschäftsführer in 1952 mit Wirkung vom 1. April 1949 ein Monatsgehalt von 1.000 DM nachträglich bewilligt worden sei. Dem Geschäftsführer stehe unverzichtbar ein Gehalt zu, dessen Festsetzung der Höhe nach die Bfin. sich vorbehalten habe, bis sich der Erfolg seiner Tätigkeit habe überblicken lassen. In den früheren Bilanzen habe sie keine Rückstellungen gemacht. Mit Schreiben vom 14. Mai 1953 erklärte sie, daß ihre Bilanzen zum 31. März 1950 und 31. März 1951 insoweit unrichtig seien, als sie keine entsprechenden Rückstellungen enthielten. Das Finanzgericht erkannte die Rückstellung nicht an. Es handle sich um eine Familiengesellschaft. Unstreitig sei nach Darstellung der Bfin. die Verpflichtung zur Zahlung eines Gehaltes erstmals bei der Bilanzbesprechung im Juli 1952 begründet worden. Es habe somit am Bilanzstichtag, dem 31. März 1952, eine Verpflichtung noch nicht bestanden. Vertragliche Vereinbarungen hätten nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für das Steuerrecht keine rückwirkende Kraft. Eine Verpflichtung der Bfin. habe somit am Bilanzstichtag noch nicht vorgelegen. Auch eine mündliche Vereinbarung sei vorher noch nicht getroffen worden.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Firma wendet sich gegen die rechtliche Auffassung des Finanzgerichts. Sie ist insbesondere der Ansicht, daß zumindest der Betrag von 12.000 DM, die Gehaltsbeträge für das laufende Wirtschaftsjahr, rückstellungsfähig seien. Hierbei stützt sie sich auf das Schreiben an das Finanzamt vom 3. Dezember 1951, in dem ausgeführt werde, daß eine Nachzahlung in Höhe von rund 30.000 DM als Gehalt des Geschäftsführers das Jahresergebnis 1951/1952 mindere.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Der I. Senat des Reichsfinanzhofs hat in der Entscheidung I A 126/30 vom 3. Juni 1930, Reichssteuerblatt (RStBl.) S. 440, den Grundsatz ausgesprochen, daß bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren einziger Gesellschafter zugleich Geschäftsführer sei, keine Vermutung dafür bestehe, daß der Geschäftsführer Angestellter sei und seine Bezüge darum bei der Gesellschaft abzugsfähige Werbungskosten darstellten. Ebenso hat der VI. Senat in den Entscheidungen VI A 520/28 vom 6. Februar 1929, RStBl. S. 271 und VI A 413/30 vom 20. März 1930, RStBl. S. 311, ausgeführt, daß der Gesellschafter einer GmbH nicht Angestellter im Sinne des § 36 des Einkommensteuergesetzes sein müsse. In der Entscheidung I A 157/31 vom 1. Dezember 1931, RStBl. 1932 S. 546, werden vom Reichsfinanzhof Gesichtspunkte herausgearbeitet, die für und gegen die Anerkennung von Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als Betriebsausgaben sprechen. Ist bei einer Einmann- GmbH der Gesellschafter oder einer der Ehegatten Geschäftsführer, so können nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 141/36 vom 26. Februar 1936, RStBl. S. 682, seine Bezüge Arbeitslohn sein.

Im vorliegenden Falle hat das Finanzgericht ohne Verstoß nach § 288 der Reichsabgabenordnung festgestellt, daß bis zum 31. März 1952, dem Ende des Wirtschaftsjahres 1951/1952, ein Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer nicht geschlossen worden ist. Hierfür spricht der Umstand, daß bis zu diesem Zeitpunkt kein Lohn mit entsprechendem Steuerabzug vom Arbeitslohn gezahlt worden ist. Des weiteren ist dem Finanzgericht darin beizupflichten, daß für Gesellschafter-Geschäftsführer eine Vereinbarung, die für die rückliegende Zeit Gehaltsnachzahlungen ausspricht, steuerlich nicht anerkannt werden kann. Das Wahlrecht, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit in Auswirkung seiner Gesellschaftereigenschaft oder auf Grund eines Anstellungsvertrages ausüben kann, hat zur Folge, daß seine Stellung nicht nachträglich für rückliegende Zeiträume gewandelt werden kann. Die Lage ist hier anders als bei Nachzahlungen an einen Angestellten, der nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter ist. Hieraus ergibt sich, daß auch eine Zusage über ein Angestelltenverhältnis im Jahre 1951 nur ex nunc hätte wirken können. Das Finanzgericht hat aber festgestellt, daß im Jahr 1951 eine derartige Zusage lediglich erwogen, aber nicht gegeben worden ist.

Im Streitfalle waren die Gesellschafteranteile formal nicht Eigentum des Geschäftsführers, sondern seiner Familienangehörigen. Man muß jedoch die oben für den Alleingesellschafter dargestellten Grundsätze auch dort anwenden, wo in einer Familiengesellschaft wirtschaftlich die gleiche Verhältnisse gegeben sind. Im vorliegenden Falle ist zu beachten, daß dem Geschäftsführer ein Nießbrauch an einem Stammanteil von 14 000 DM zustand.

Die Rb. wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408293

BStBl III 1955, 397

BFHE 1956, 515

BFHE 61, 515

BB 1956, 295

DB 1955, 1208

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