Leitsatz (amtlich)

Auch die in einem Einheitswertbescheid über ein Grundstück getroffene Feststellung, daß es ein Betriebsgrundstück ist, kann gesondert angefochten und bestandskräftig werden (Anschluß an BFH-Urteil vom 13.November 1981 III R 116/78, BFHE 135, 85, BStBl II 1983, 88).

 

Orientierungssatz

Die in einem Einheitswertbescheid über ein Grundstück erforderlichen Feststellungen zum Wert, zur Art und zur Zurechnung sind Gegenstand je eines Verwaltungsakts, der selbständig anfechtbar ist und selbständig bestandskräftig werden kann. Das gilt auch, wenn diese Verwaltungsakte äußerlich mit anderen Verwaltungsakten verbunden sind. Die einzelnen Feststellungen können nach § 179 Abs. 3 AO 1977, Gegenstand eines Ergänzungsbescheids sein.

 

Normenkette

AO 1977 § 157 Abs. 2, § 179 Abs. 3, § 180 Abs. 1 Nr. 1; BewG 1974 § 19 Abs. 1, 3, §§ 22, 99

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer eines 4 991 qm großen Grundstücks. Auf diesem Grundstück hat er ein Gebäude errichtet, das im Jahre 1978 bezugsfertig war. Mit Wert- und Artfortschreibungsbescheid vom 23.September 1980 stellte das Finanzamt (FA) zum 1.Januar 1979 den Einheitswert auf 180 000 DM, die Grundstücksart Einfamilienhaus und weiter fest, daß das Grundstück Betriebsgrundstück sei. Gegen diesen Fortschreibungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein und begehrte, den Zusatz "das Grundstück ist Betriebsgrundstück" fallen zu lassen sowie den Zuschlag wegen übergroßer Fläche (3 491 qm zu je 5 DM = 17 455 DM) zu ändern, weil es sich lediglich um Ackerland, Grünland und Unland handle.

Mit geändertem Einheitswertbescheid (Art- und Wertfortschreibung auf den 1.Januar 1979) half das FA dem Einspruch ab. Der geänderte Bescheid enthält den Zusatz: "Das Grundstück ist kein Betriebsgrundstück." Der Zuschlag wegen übergroßer Fläche wurde unter Ansatz eines Quadratmeterpreises von 1 DM auf 3 491 DM ermäßigt. Der Änderungsbescheid wurde am 26.März 1981 zur Post gegeben.

Mit Schreiben vom 22.April 1981 legte der Kläger gegen diesen Änderungsbescheid Einspruch ein, ohne diesen jedoch zu begründen. Das FA hat den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage hat sich der Kläger gegen die Artfeststellung Einfamilienhaus gewandt und beantragt, den Änderungsbescheid dahin zu ändern, daß die Grundstücksart gemischtgenutztes Grundstück festgestellt wird. Nach einem Besichtigungs- und Erörterungstermin hat der Berichterstatter am Finanzgericht (FG) auf die Entscheidung des III.Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.November 1981 III R 116/78 (BFHE 135, 85, BStBl II 1983, 88) hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, der Änderungsbescheid sei vom FA als Art- und Wertfortschreibung auf den 1.Januar 1979 bezeichnet worden.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Nach dem o.a. Urteil des BFH seien die in einem Feststellungsbescheid verbundenen Feststellungen gesondert anfechtbar und auch gesondert der Bestandskraft fähig. Die Artfeststellung Einfamilienhaus sei, weil sie vom Einspruch gegen den Art- und Wertfortschreibungsbescheid vom 23.September 1983 nicht erfaßt worden sei, bestandskräftig geworden. Die Voraussetzungen der §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) lägen nicht vor.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er ist der Auffassung, die Artfeststellung Einfamilienhaus könne schon deshalb nicht bestandskräftig sein, weil der Änderungsbescheid vom März 1981 wiederum als Artfortschreibungsbescheid bezeichnet worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

1. Nach § 157 Abs.2 AO 1977 bildet die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden. Eine derartige gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ordnet § 180 Abs.1 Nr.1 AO 1977 für die Einheitswerte nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes (BewG) an. Einheitswerte werden nach § 19 Abs.1 Nr.1 BewG (gesondert) festgestellt für inländischen Grundbesitz, nämlich für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Grundstücke und Betriebsgrundstücke. In dem diesbezüglichen Feststellungsbescheid sind neben der Wertfeststellung gemäß § 19 Abs.3 BewG auch Feststellungen zu treffen über die Art der wirtschaftlichen Einheit, bei Grundstücken auch über die Grundstücksart, bei Betriebsgrundstücken, die zu einem gewerblichen Betrieb gehören, auch über den gewerblichen Betrieb (Nummer 1 Buchst.a und b) und über die Zurechnung (Nummer 2). Die einzelnen erforderlichen Feststellungen sind Gegenstand je eines Verwaltungsaktes, der selbständig mit Rechtsbehelfen anfechtbar ist und selbständig bestandskräftig werden kann. Das gilt auch, wenn diese Verwaltungsakte --wie es stets bei einer Haupt- oder Nachfeststellung (§§ 21, 23 BewG) erforderlich ist-- äußerlich mit anderen Verwaltungsakten verbunden sind. Denn die einzelnen Feststellungen haben während eines Hauptfeststellungszeitraums nach Maßgabe des § 22 BewG ein voneinander unabhängiges materiell-rechtliches und verfahrensrechtliches Schicksal; sie können nach Maßgabe des § 179 Abs.3 AO 1977 Gegenstand eines Ergänzungsbescheids sein. Der erkennende Senat schließt sich der Entscheidung des III.Senats in BFHE 135, 85, BStBl II 1983, 88 an.

2. Einen derartigen eigenständigen Verwaltungsakt bildet auch die Feststellung darüber, ob das Grundstück Betriebsgrundstück ist oder nicht. Denn § 19 Abs.3 Nr.1 Buchst.b BewG erfaßt mit dem Gebot der Bezeichnung des gewerblichen Betriebs bei einem Betriebsgrundstück auch die Feststellung, daß das Grundstück Betriebsgrundstück ist und damit zur Vermögensart Betriebsvermögen (§ 18 Nr.3 BewG) und nicht zur Vermögensart Grundvermögen (§ 18 Nr.2 BewG) gehört. Die spezielle Feststellung, daß ein der Grundstücksart nach bestimmtes Grundstück (§ 19 Abs.3 Nr.1 Buchst.a BewG) Betriebsgrundstück ist, wird von § 19 Abs.3 Nr.1 Buchst.b BewG vorausgesetzt. Sie ist ausweislich des § 19 Abs.3 Nr.1 Buchst.a BewG (vgl. auch § 99 Abs.3 BewG) nicht (unselbständiger) Bestandteil der Feststellung der Grundstücksart und ist auch selbständig fortschreibungsfähig (§ 22 Abs.2 BewG).

3. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß der ursprüngliche Art- und Wertfortschreibungsbescheid auf den 1.Januar 1979 vom 23.September 1980 nur in bezug auf die Wertfeststellung sowie auf die Feststellung, daß das Grundstück Betriebsgrundstück sei, angefochten wurde. Dementsprechend ist die nach § 19 Abs.3 Nr.1 Buchst.a BewG zu treffende Feststellung der Grundstücksart (hier: Einfamilienhaus) mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist unanfechtbar geworden. Diese Feststellung war auch nicht Gegenstand des nunmehr angefochtenen Änderungsbescheids, denn sie wird von seinem Regelungsgehalt nicht erfaßt. Daran ändert auch die Bezeichnung des Änderungsbescheids als Art- und Wertfortschreibungsbescheid nichts, die im übrigen zutreffend ist, weil einerseits die Wertfeststellung und andererseits die im ursprünglichen Bescheid vom 23.September 1980 enthaltene Feststellung, das Grundstück sei Betriebsgrundstück, geändert wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61238

BStBl II 1987, 292

BFHE 148, 329

BFHE 1987, 329

BB 1987, 257

BB 1987, 257-257 (ST)

HFR 1987, 177-178 (ST)

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